Die Aktienmärkte sind stark ins Jahresende gestartet. Das sind gute Voraussetzungen, um auf die stärksten Aktien des Momentum Screen zu setzen. Denn deren Aufwärtstrend setzt sich in einem positiven Umfeld besonders häufig fort.
Der US-Nebenwerteindex Russell 2000 profitiert weiter von der Wahl Donald Trumps. Investoren setzen darauf, dass die versprochenen Einfuhrzölle und Steuererleichterungen vor allem den kleineren Unternehmen helfen werden, weil diese oft stark auf den Binnenmarkt ausgerichtet sind. Machte der Russell 2000 vor zwei Wochen noch den grössten Sprung in den Tabellen nach weit vorne, führt er die Liste der 40 von The Market beobachten Indizes nach Kursmomentum nun an.
In seinem Schatten legte zuletzt aber auch ein anderer US-Index deutlich zu: Der Dow Jones Transportation Average (DJTA). Dieser Index umfasst die 20 grössten Transportunternehmen an Wallstreet wie etwa Delta Air Lines, JB Hunt, Union Pacific oder UPS. Er gilt als eine Art Frühindikator für die US-Konjunktur. Schliesslich müssen Rohstoffe oder Vorprodukte erst einmal zu den Herstellern transportiert werden, bevor diese ihre Waren produzieren und an den Endverbraucher verkaufen können. Damit läuft der DJTA dem Aktienmarkt – zumindest theoretisch – stets voraus. Man könnte auch sagen, dem Dow Jones Industrial Average (DJIA), besser als Dow-Jones-Index bekannt.
Die beiden Indizes kombiniert die sogenannte Dow-Theorie, wonach vereinfacht gesagt eine Trendwende erst als nachhaltig gilt, wenn beide Aktienbarometer eine neue Richtung einschlagen haben. Aus dieser Perspektive brauchen sich Anleger derzeit keine Sorgen zu machen: Beide Indizes konnten zuletzt zulegen.
Wenngleich das Risk Barometer von The Market eine gewisse Euphorie signalisiert, die zur Vorsicht mahnt, scheint sonst die Ausgangslage weiterhin gut, um den Trends an der Börse zu folgen. Mit dem Momentum Screen identifiziert The Market entsprechend aussichtsreiche Kandidaten aus den USA, aber auch aus dem Swiss Leader Index (SLI) oder dem deutschen Leitindex Dax. Die vollständigen Tabellen finden Sie im E-Paper.
Der Dax hat am Montag mit 19’934 Punkten ein Allzeithoch beim Schlussstand erreicht. Nur wenige Zähler fehlten zur 20’000-Punkte-Marke, die er im Tagesverlauf am Dienstag bereits kurz überspringen konnte. Kein Halten mehr kennen derzeit denn auch die Aktien von Siemens Energy und Rheinmetall. Während sich die Valoren von Heidelberg Material, Deutsche Telekom und MTU Aero Engines ebenfalls seit längerem auf den vorderen Tabellenplätzen eingerichtet haben, machten in den vergangenen zehn Handelstagen Vonovia und Airbus einen grösseren Satz nach oben.
Bei der Commerzbank ist dagegen erst einmal die Luft raus, klingt die Übernahmefantasie durch Unicredit doch gerade ab. Zum einen liegt das an der geplanten Übernahme von Banco BPM durch Unicredit. Zwei Übernahmen gleichzeitig wären dann vielleicht doch eine zu viel. Zum anderen hat Unicredit-CEO Andrea Orcel angedeutet, dass die Wahrscheinlichkeit für eine Übernahme der Commerzbank gesunken sei und man sich mehr Zeit lassen wolle. Angesichts der Resonanz, die man erfahren habe, müsse Unicredit geduldig sein, sagte er der Nachrichtenagentur Bloomberg. Es ist denkbar, dass Orcel auch nur die neuen Machtverhältnisse in Deutschland nach der Bundestagswahl am 23. Februar nächsten Jahres abwartet. Der Bund hält noch rund 12% der Anteile an Deutschlands zweitgrösstem Kreditinstitut.
So stellt sich also die Frage: Bleibt die Commerzbank ein Übernahmekandidat – auch unabhängig von den Plänen der Italiener? Wenn es nach der Einschätzung der Analysten des Bankhauses Metzler geht, heisst die Antwort darauf: Ja. Der beste Weg für die Commerzbank, ihre Unabhängigkeit zu wahren, sei ferner ein höherer Aktienkurs, möglicherweise ausgelöst durch eine überzeugende Aktualisierung der Strategie und der Rentabilitätsziele. Metzler rät daher auf dem aktuellen Kursniveau zum Kauf. Die Aktien wurden am Montag zu Börsenschluss mit 14.59 € knapp über dem 200-Tage-Durchschnitt von 14.26 € gehandelt und kosteten in den vergangenen 52 Wochen in der Spitze mal 16.97 €. Die Relative Stärke nach Levy (RSL) ist demzufolge auf 98,2 gesunken. Die Kennzahl setzt den aktuellen Aktienkurs mit dem 26-Wochen-Durchschnittskurs ins Verhältnis. Aktien, deren aktueller Kurs deutlich über dem Mittelwert liegt (Werte > 100), haben eine relative Stärke, befinden sich also im Aufwärtstrend. Für Trendfolger drängt sich ein Einstieg bei der Commerzbank derzeit also nicht auf.
Anders sieht das beim Triebwerkshersteller MTU Aero Engines aus (RSL: 117,7). Das Unternehmen aus München hat bei seinem Kapitalmarktupdate am vergangenen Freitag seine Ziele für 2025 präsentiert. Der Umsatz soll zwischen 8,3 und 8,5 Mrd. € erreichen, was damit leicht über den Erwartungen der bei Bloomberg erfassten Analysten von im Schnitt 8,37 Mrd. € lag. Der bereinigte Gewinn auf der Stufe Ebit dürfte im niedrigen bis mittleren Zehner-Prozentbereich zunehmen (Konsens der Analysten: 14,7%) und beim freien Cashflow geht MTU von einem niedrigen dreistelligen Millionen-Euro-Betrag aus (Konsens: 302 Mio. €). Als Dividende will MTU den Aktionären 2.20 € je Aktie vorschlagen – ein Plus von 10% gegenüber dem Vorjahr, aber weniger als erwartet (Konsens: 2.39 €). MTU hat seine Vorhersagen dabei unter der Annahme eines Dollar-Kurses von 1.10 getroffen. Sollte es also eine weitere Schwächung des Euro geben, hätte dies einen zusätzlichen positiven Effekt auf Umsatz und Gewinn.
«Wir halten die MTU auch 2025 weiter auf Rekordkurs», sagte CEO Lars Wagner bei der Vorstellung der Zahlen. Er wird seinen bis Ende 2025 laufenden Vertrag bei MTU allerdings nicht verlängern und spätestens 2026 bei seinem alten Arbeitgeber Airbus anheuern.
Summa summarum rechnet das Dax-Unternehmen in allen Geschäftsbereichen mit Wachstum. Was etwa die Analysten der DZ Bank als «ein Zeichen der Stärke» ansehen. Dazu kommt, dass das deutsche Unternehmen deutlich günstiger bewertet ist als die Wettbewerber aus den USA, Frankreich oder Grossbritannien. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) auf Basis der für 2025 geschätzten Gewinne liegt bei 20. Da kann nur RTX, besser bekannt unter dem früheren Namen Raytheon Technologies, mit ebenfalls 20 mithalten. Safran und Rolls-Royce kommen beide auf ein KGV von 27, GE Aerospace auf 35 und Howmet Aerospace auf 37. The Market hat die MTU-Aktien bereits im Oktober empfohlen.
Unter den 30 eidgenössischen Valoren aus dem SLI sticht aktuell besonders die Privatbank Julius Bär (RSL: 111,8) heraus, die auf Rang drei in den Tabellen des Momentum Screens vorgerückt ist.
Das Zürcher Finanzinstitut hat in den ersten zehn Monaten des laufenden Jahres einen deutlichen Anstieg des verwalteten Vermögens verzeichnet. So wuchsen die so genannten Assets under Management dank starker Aktienmärkte, aber auch kräftiger Nettozuflüsse seit Jahresbeginn um 12% auf 480 Mrd. Franken. Die neuen Mittel beliefen sich in dem Zeitraum auf 11 Mrd. Franken netto. Während die Zuflüsse im ersten Halbjahr noch um 1,7% auf 3,7 Mrd. Franken stiegen, waren es von Juli bis Oktober 7,5 Mrd. Franken, ein annualisiertes Plus von 4,8%. Die neuen Gelder stammten vor allem von Kunden aus Grossbritannien und Deutschland, Singapur und Indien sowie den Vereinigten Arabien Emiraten. Julius Bär erhöhte in den ersten zehn Monaten auch die Zahl der Kundenberater um 46 Vollzeitstellen auf 1389.
Die harte Kernkapitalquote (CET1) stieg auf gute 16,7% (Ende 2023: 14,6%). Gleichzeitig sank die Bruttomarge auf 83 Basispunkte. Für das Gesamtjahr 2023 hatte sie noch 88 Basispunkte betragen. Auch das Aufwand-Ertrag-Verhältnis (Cost-Income-Ratio) lag zuletzt bei 71%, nach 69% im vergangenen Jahr. Die Kosten sind also in Relation leicht gestiegen.
Bei dem Zehn-Monats-Update standen unter dem Strich bessere Nettozuflüsse niedrigeren Margen gegenüber. Die Analysten der Deutschen Bank halten jedoch die Beschleunigung des Netto-Neugeldes für wichtiger und betrachten das Update daher als «netto-positiv». Zwei Impulse gibt es für Julius Bär nächstes Jahr darüber hinaus. So tritt zum einen der neue CEO Stefan Bollinger am 9. Januar seinen Job an und dürfte Bär seine eigene Handschrift verleihen wollen, zum anderen gebe es wieder Aktienrückkaufe, wie die Deutsche-Bank-Analysten betonen. Auch der geplante Verkauf des Geschäfts in Brasilien scheint an der Börse gut anzukommen. The Market hatte bereits Ende Oktober geschrieben, dass bei Julius Bär die Zeit reif für eine Erholung ist.
Die Aktien sind mit einem KGV für 2025 von 11 im Vergleich zur Peergroup mit im Schnitt 14 recht günstig bewertet, obwohl die Aktie schon deutlich zugelegt hat. Genau das sucht The Market mit dem Momentum Screen und der Kombination aus Trendfolge und Value-Investing.
Zu guter Letzt noch einmal zu den eingangs erwähnten Nebenwerten aus den USA: Ein Grund für die gute Performance der kleineren US-Aktien könnte nicht nur die erwartete Handelspolitik von Trump, sondern auch deren Bewertung sein, wenn es nach HQ Trust geht. Je kleiner ein Unternehmen, desto günstiger sei aktuell die Bewertung, haben die Analysten des Family Office festgestellt. Das war in der Vergangenheit oft anders: Von 2005 bis 2020 etwa lagen die Small Caps bei der Bewertung vor den Blue Chips.
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Der Autor hält Aktien von MTU Aero Engines.