Tokio will Peking zeigen, dass es dem stetigen Druck der chinesischen Streitkräfte etwas entgegenhalten kann.
Am Donnerstag ist erstmals ein japanisches Kriegsschiff durch die Strasse von Taiwan gefahren. Der Zerstörer «Sazanami» habe den Seeweg zwischen der Insel Taiwan und dem chinesischen Festland gemeinsam mit einem Schiff der australischen und der neuseeländischen Marine durchquert, teilte die japanische Nachrichtenagentur Kyodo mit.
Japan fühlt sich von China bedroht
Der Sprecher der japanischen Regierung, Yoshimasa Hayashi, wollte an einer Pressekonferenz in Tokio die Durchfahrt nicht näher kommentieren. Es handle sich um eine normale Operation der Selbstverteidigungskräfte, so Hayashi.
«Als demokratische Nation müssen wir uns für die freie Schifffahrt einsetzen», sagt Yasuhide Nakayama, ein früherer japanischer Parlamentarier, im Gespräch. «Darum hat Ministerpräsident Fumio Kishida den Befehl für die Mission gegeben.» Das japanische Schiff sei unterwegs ins Südchinesische Meer für ein gemeinsames Manöver mit anderen Ländern. «Das Ganze ist kein Problem», so Nakayama, «China hat kein Recht, andere Länder an der Durchfahrt zu hindern.»
Laut der «Japan Times» sprach der Regierungssprecher Hayashi von einem «starken Gefühl einer Krise», das China mit seinen militärischen Aktivitäten in der Nähe Japans auslöse. Japan wolle «alle möglichen Massnahmen» ergreifen, um darauf zu reagieren. «In den letzten Jahren haben sich Chinas militärische Aktivitäten in der Nähe unseres Landes ausgeweitet», wird Hayashi zitiert.
Nakayama, der in seiner Zeit als Parlamentarier hohe Positionen im Verteidigungs- und im Aussenministerium innehatte, sieht ein Muster von bedenklichem chinesischem Verhalten: «Wir beobachten genau, was die Chinesen machen, und protestieren, wenn wir es für gefährlich halten.» China wolle, dass sein Verhalten als normal angesehen werde. Darum müsse man entgegenhalten. Auch der Test einer ballistischen Interkontinentalrakete am Mittwoch, die im Pazifik niederging, sei ein Beispiel von aggressivem chinesischem Verhalten.
Japan protestiert gegen Fahrt eines chinesischen Flugzeugträgers
Peking betrachtet die Taiwan-Strasse als Gewässer unter «chinesischer Rechtsprechung» und protestiert jedes Mal, wenn fremde Kriegsschiffe diese Route nehmen. Unter internationalem Seerecht ist der mindestens 130 Kilometer breite Seeweg allerdings für zivile und militärische Schiffe aller Länder ohne Einschränkungen befahrbar.
Um zu zeigen, dass sie die chinesische Interpretation nicht akzeptieren, schicken die USA und ihre Verbündeten regelmässig Kriegsschiffe in die Strasse von Taiwan. Japan folgt auf Grossbritannien, Kanada, Frankreich, Australien, die Niederlande und Neuseeland, die alle in jüngerer Vergangenheit dieselbe Route wählten. Vor zwei Wochen fuhren auch die deutsche Fregatte «Baden-Württemberg» und das Versorgungsschiff «Frankfurt am Main» durch die Taiwan-Strasse.
Die japanische Durchfahrt kommt eine Woche nachdem ein chinesischer Flugzeugträger mit seinen Begleitschiffen zwischen zwei japanischen Inseln in die Anschlusszone Tokios gefahren war. Diese grenzt an die Territorialgewässer an und erstreckt sich zwischen 12 und 24 Seemeilen vor der Küste eines Landes. Grundsätzlich ist sie für Schiffe anderer Länder befahrbar.
Die chinesische Route führte zwischen Yonaguni und Iriomote durch. Yonaguni ist nur gut 100 Kilometer von Taiwan entfernt. Dass Peking diese Route wählte, nahm Tokio als Provokation wahr. In jüngerer Zeit haben chinesische Verbände vermehrt südliche Routen genommen statt die deutlich breitere Miyako-Strasse, die weiter nördlich in der Inselkette der Präfektur Okinawa liegt.
Peking habe gegenüber Tokio wegen der Durchfahrt durch die Taiwan-Strasse vom Mittwoch protestiert, berichtete die Nachrichtenagentur Reuters. China rufe Japan dazu auf, die Stabilität an der Taiwan-Strasse nicht zu gefährden.
Der chinesische Protest ist der jüngste einer Reihe gegenseitiger Vorwürfe: Im August beklagte sich Japan über ein chinesisches Forschungsschiff, das in seine Territorialgewässer eingedrungen sei. Im Juli warf Peking einem japanischen Zerstörer vor, in chinesische Territorialgewässer gefahren zu sein. Japan hat sich zu dem Vorfall nicht im Detail geäussert. Doch mittlerweile ist bekannt, dass der Kapitän des Schiffes abgesetzt wurde.