Die amerikanischen Truppen in Japan erhalten in neues, gemeinsames Kommando. Der Draht zwischen japanischen und US-Truppen wird kürzer.
Japan und die USA werten ihre militärische Allianz auf: Neu wird die operationelle Führung aller amerikanischen Truppen im Land von einem General vor Ort übernommen. Washington hat rund 54 000 Soldaten und Offiziere in Japan stationiert. Die Luftwaffe betreibt in Kadena ihre grösste Basis in der Region, die Siebte Flotte der US Navy ist mit einem Flugzeugträger in Yokosuka ausserhalb Tokios stationiert und auf Okinawa trainieren Marineinfanteristen den Dschungelkampf.
Kommandokette führte bisher über Hawaii
Dabei arbeiten die amerikanischen Militärs eng mit den japanischen Selbstverteidigungsstreitkräften zusammen. Doch bisher liefen die Kommandolinien bei Indopacom zusammen, dem amerikanischen Regionalkommando für den Indopazifik. Dieses befindet sich in Hawaii, mehr als 6000 Kilometer von Tokio entfernt. Dazwischen liegt die Datumsgrenze, der Zeitunterschied beträgt 19 Stunden.
«Im Konfliktfall ist das ein Problem, denn dann zählt jede Minute», sagt Sataru Nagao von der amerikanischen Denkfabrik Hudson Institute. Dazu komme die Gefahr, dass ein Gegner die Kommunikation zwischen Japan und Hawaii stören könnte. Das wahrscheinlichste Szenario ist für Nagao ein Konflikt um Taiwan, wo eine enge Zusammenarbeit von japanischen und amerikanischen Streitkräften wichtig wäre.
Japan ist selber erst dabei, seine Teilstreitkräfte unter ein gemeinsames Kommando zu stellen. Ab nächstem Jahr soll das Japan Joint Operations Command (JJOC) die Führung über Luft-, Boden-, und Seestreitkräfte übernehmen. JJOC wird der Ansprechpartner für das neue amerikanische Kommando sein, dem die in Japan stationierten Einheiten von Navy, Airforce, Army und Marines in unterstehen werden.
Japan und Washington gaben die Neuerungen am Sonntagabend in Tokio bekannt, nachdem ihre Aussen- und Verteidigungsminister ihr «2+2 Treffen» abgehalten hatten. Die veränderte Kommandostruktur sei die wichtigste Aufwertung ihrer bilateralen Allianz seit ihrer Gründung 1960, sagte der amerikanische Verteidigungsminister Lloyd Austin an einer gemeinsamen Pressekonferenz.
Nukleare Abschreckung, aber keine nukleare Teilhabe
Ein separates Treffen der Minister war der «extended deterrence» gewidmet. Mit der erweiterten Abschreckung versprechen die USA, alle ihr zur Verfügung stehenden Mittel einzusetzen, um Japan im Konfliktfall beizustehen. Dazu gehören auch Atomwaffen.
Vor dem Hintergrund der Atombombenabwürfe auf die Städte Hiroshima und Nagasaki am Ende des Zweiten Weltkriegs ist dieses Thema ist in Japan politisch heikel. Der frühere Ministerpräsident Shinzo Abe habe sich sogar eine nukleare Teilhabe nach dem Vorbild der Nato gewünscht, sagt Experte Nagao: «Doch das ist in Japan immer noch tabu». Einzelne Politiker würden dies zwar in Betracht ziehen, doch die Gesellschaft sei dafür nicht bereit.
Hintergrund für die verstärkte militärische Zusammenarbeit zwischen den beiden Verbündeten ist die gemeinsam wahrgenommene Gefahr, die von China ausgeht. Peking übe politischen, wirtschaftlichen und militärischen Druck auf andere Länder, Unternehmen und Zivilgesellschaften aus, heisst in der gemeinsamen Erklärung der vier Minister. «Solches Verhalten gibt Anlass zu ernster Besorgnis und stellt die grösste strategische Herausforderung in der indopazifischen Region und darüber hinaus dar.»
Zur Verteidigung gegen China wollen die beiden Verbündeten ihre gemeinsame militärische Präsenz in den südwestlichen Inseln Japans ausbauen. Damit ist die Kette von Inseln gemeint, die sich von der Südspitze der Hauptinsel Kyushu über 1200 Kilometer bis fast nach Taiwan zieht. Diese würden bei einem Konflikt um Taiwan eine entscheidende Rolle spielen, waren bisher aber westlich der Insel Okinawa eher schwach verteidigt.
Trilaterale Zusammenarbeit mit Südkorea wird gestärkt
In der Nähe dieser Inselkette liegen auch die Senkaku-Inseln, die von Japan kontrolliert werden. China beansprucht diese und nennt sie Diaoyu. Die Amerikaner unterstreichen in der gemeinsamen Erklärung, dass die Inseln unter das Beistandsversprechen des Bündnisvertrages fallen.
Für Besorgnis sorgt auch Nordkorea mit seinem Raketen- und Atombombenprogramm. Die Minister verurteilten in ihrer Erklärung, dass Nordkorea bei ballistischen Raketen mit Russland zusammenarbeite und Russland solche Raketen aus Nordkorea in der Ukraine einsetze. Die Handlungen Russlands und Nordkoreas hätten eine destabilisierende Wirkung auf die Sicherheit im Indopazifik und weltweit.
Die Lage auf der koreanischen Halbinsel war auch das Hauptthema, als am Sonntagmorgen vor dem US-japanischen «2+2 Treffen» in Tokio die Verteidigungsminister Japans, der USA und Südkoreas zusammenkamen. Washington versucht seit langem, seine beiden wichtigsten Verbündeten in Ostasien zu einer engeren Zusammenarbeit zu bewegen. Zwar decken sich die militärischen Herausforderungen für Tokio und Seoul grösstenteils, doch die ungenügend aufgearbeitete Vergangenheit der japanischen Kolonialisierung Koreas erschwert die Zusammenarbeit.
Letztes Jahr hatten sich die Staats- und Regierungschefs der drei Länder in Camp David getroffen und den Grundstein für eine engere Zusammenarbeit vereinbart. Laut einer gemeinsamen Erklärung wird die trilaterale Sicherheitskooperation nun mit politischen Konsultationen auf hoher Ebene, Informationsaustausch, trilateralen Übungen und dem Austausch zwischen den Streitkräften der drei Länder vertieft.







