Nach dem Tod eines Flugbegleiters schaltet sich die Staatsanwaltschaft ein.
Sieben Tage lag ein junger Flugbegleiter in einem Spital in Graz auf der Intensivstation. Nun ist er verstorben. Das teilte die Airline Swiss am Montagabend mit.
Vor einer Woche hatte es in einem Flugzeug der Swiss des Typs Airbus A220 auf der Strecke Bukarest–Zürich Komplikationen gegeben. Rauch drang in die Kabine und das Cockpit ein. Die Piloten mussten die Maschine notfallmässig im österreichischen Graz landen.
Oliver Buchhofer, Betriebschef der Swiss, sagt laut einer Mitteilung: «Es ist ein schwarzer Tag für uns alle. Dass wir ein Mitglied unseres Swiss-Teams verlieren, lässt mich tief bestürzt und sehr betroffen zurück.» Die Belegschaft der Swiss stehe in dieser schwierigen Zeit zusammen. Man setze alles daran, um gemeinsam mit den Behörden die Ursachen zu finden.
In Graz hat sich nach dem Tod des Flight-Attendants nun auch die Staatsanwaltschaft eingeschaltet. Sie leitet Ermittlungen wegen möglicher fahrlässiger Körperverletzung ein. Gegenstände der Untersuchung sind die Ursachen und Auswirkungen der Rauchentwicklung.
Laut einer Mitteilung der Swiss vom Donnerstag fokussieren die laufenden Untersuchungen auf zwei Problemfelder: einerseits auf die Triebwerke der Firma Pratt & Whitney, die im betroffenen Flugzeug Airbus A220-300 eingebaut waren. So deuten im Fall des notgelandeten Swiss-Fliegers erste Untersuchungen auf ein «bisher unbekanntes Fehlerbild» an einem Triebwerk hin, wie die Swiss laut der SDA in einer internen Mitteilung schreibt. Der Motor der Kurzstreckenmaschine habe «plötzlich und unerwartet versagt». Andererseits wird auch der Einsatz der Schutzmasken des Kabinenpersonals untersucht, die diese vor einer Rauchvergiftung hätten schützen sollen.
With great sadness, we must share that we have lost a dear colleague following the emergency landing of LX1885 on 23 December 2024. Our thoughts and deepest condolences are with the family and loved ones of our colleague during this difficult time. More: https://t.co/KaNlEtZZIj pic.twitter.com/X5SrBs5Mtq
— Swiss Intl Air Lines (@FlySWISS) December 30, 2024
Probleme mit Triebwerken
Mit dem Triebwerkhersteller Pratt & Whitney hatte die Swiss bereits in der Vergangenheit Probleme. 2019 musste die Airline deswegen ihre gesamte A220-Flotte inspizieren lassen. Bei Flugzeugen verschiedener Airlines mussten seit letztem Jahr über tausend Pratt-&-Whitney-Triebwerke zurückgerufen und gewartet werden.
Die amerikanische Firma gehört zu den grössten Triebwerkherstellern weltweit. Die Swiss sagt, sie sei bei ihren Untersuchungen auf Informationen des Herstellers angewiesen. Die Airline betont gleichzeitig: «Die Triebwerke von Pratt & Whitney haben seit Indienststellung weltweit über 36 Millionen Flugstunden gesammelt und sind auch auf unseren A220 Triebwerke, welchen wir vertrauen.»
Das Bundesamt für Zivilluftfahrt teilt mit, je nach Ausgang der Untersuchung werde man Massnahmen beim Hersteller oder bei der Fluggesellschaft anordnen.
Weshalb machen die Triebwerke immer wieder Probleme?
Triebwerke gehören zu den komplexesten Bestandteilen eines Flugzeugs. Sie sorgen nicht nur für den Antrieb. Die verdichtete Luft der Triebwerke wird auch zur Regulierung des Kabinendrucks genutzt. Ihre Abwärme beheizt die Kabine.
Michel Guillaume, Leiter des Zentrums für Aviatik an der ZHAW, sagt, häufig führten bei Triebwerken Abnützungserscheinungen wie Materialermüdung zu Problemen. Wenn dann die in die Kabine geleitete Luft beispielsweise durch ein Feuer im Triebwerk beeinträchtigt werde, könnten Dämpfe und auch Rauch in die Kabine gelangen.
In solchen Fällen sollen spezielle Schutzmasken für das Flugpersonal sicherstellen, dass dieses weiterhin handlungsfähig bleibt.
Laut dem «Zürcher Unterländer» trugen die hospitalisierten Mitglieder des Kabinenpersonals wahrscheinlich eine solche Schutzmaske. Die Swiss sagt, zur genauen Situation an Bord und dazu, welche Personen eine Maske getragen hätten, könne man zum jetzigen Zeitpunkt jedoch keine Aussagen machen.
Der Einsatz der Schutzmasken wird untersucht
Die Swiss hatte in der Vergangenheit Probleme mit den Schutzmasken. Im Oktober 2023 teilte die Swiss mit, dass die verwendeten Schutzmasken «teilweise fehlerhaft» seien, und kündigte an, knapp tausend Masken zu ersetzen.
Die Austauschaktion, die einige Monate hätte dauern sollen, ist derzeit noch nicht abgeschlossen. Die Swiss sagt gegenüber der NZZ: «Gemäss unserer Planung sollen im Laufe des ersten Quartals 2025 sämtliche Schutzmasken ausgetauscht sein.» Vorsorglich prüfe man auch, ob und inwiefern sich der Austausch zusätzlich beschleunigen lasse.
Das Bundesamt für Zivilluftfahrt (Bazl) sagt, der Gebrauch der Schutzausrüstung werde in der Grundausbildung wie auch in den jährlichen Wiederholungskursen für das Kabinenpersonal trainiert und die Kurse vom Bazl inspiziert. Die letzte Inspektion habe am 12. und 13. Dezember stattgefunden. Die Rolle der Schutzmasken beim Zwischenfall in Graz sei nun Gegenstand der Ermittlungen der österreichischen Untersuchungsbehörden.
SWISS flight LX1885 from Bucharest to Zurich made an emergency landing in Graz due to smoke. All 74 passengers and 5 crew members have been evacuated, with 17 requiring medical attention. A special flight will depart tomorrow at 09:45 to return passengers to Zurich.
— Swiss Intl Air Lines (@FlySWISS) December 23, 2024