Verliert man wenige Jahre vor dem geplanten Ruhestand die Stelle, drohen grosse finanzielle Einbussen. Wie man trotzdem in der Pensionskasse versichert bleiben kann und welche Regeln gelten.
Nach unten korrigierte Prognosen für das Wirtschaftswachstum, Sorgen über die Zölle des US-Präsidenten Donald Trump und wachsende Unsicherheit: In solchen Zeiten steigt bei manchen Unternehmen auch die Zahl der Entlassungen.
Wie der Outplacement-Anbieter von Rundstedt im Januar mitgeteilt hat, stand bereits das Jahr 2024 bei vielen Firmen im Zeichen von Konsolidierungen. Es seien mehr Entlassungen ausgesprochen worden, darunter «viele stille Einzelkündigungen». Die Firma von Rundstedt hat dafür Informationen von mehr als 2700 von Kündigungen betroffenen Menschen sowie von 340 Unternehmen aus verschiedenen Branchen ausgewertet, die im vergangenen Jahr in der Schweiz Kündigungen ausgesprochen haben.
Nach mehreren Boomjahren ist die Situation am Arbeitsmarkt in der Schweiz vielerorts also rauer geworden. Vor allem für ältere Arbeitnehmer ist eine Entlassung oft ein schwerer Schlag. Sie haben es bei der Suche nach einer neuen Stelle zumeist schwerer als jüngere. Zudem bringt eine unerwartete Entlassung die finanzielle Planung für den Ruhestand oftmals komplett durcheinander.
Eine Frühpensionierung ist sehr teuer
Unter den entlassenen Arbeitnehmern, die kurz vor der Pensionierung stehen, überlegen sich viele, ob sie gleich in Rente gehen sollen. Eine frühzeitige Pensionierung will aber gut überlegt sein. «Für jedes Jahr, das man früher in den Ruhestand geht, fällt die Rente aus der Pensionskasse – abhängig vom Vorsorgeplan und von der Höhe des Altersguthabens – um fünf bis neun Prozent niedriger aus», sagt Urs Schaffner, Ausbildungsleiter bei dem Finanzbildungsunternehmen Mendo und früherer Geschäftsleiter mehrerer Pensionskassen. Frühpensionierungen sind für die Versicherten also enorm teuer.
Ohnehin könne eine Entlassung kurz vor der Pensionierung finanziell einschneidend sein, sagt Balint Keserü, Head of Retirement Zürich bei Aon Schweiz. «Schliesslich wird in der Pensionskasse viel in den letzten Arbeitsjahren gespart. Wenn das wegfällt, ist das oft sehr schmerzhaft.»
Aus Vorsorgesicht wäre es für die meisten entlassenen älteren Arbeitnehmer ideal, wenn sie eine andere Festanstellung fänden und die Vorsorge bis zu einem späteren Rücktrittsalter weiterführen könnten, sagt Schaffner. Selbst wenn dies gelinge, drohten vielen Arbeitnehmern aber Lohneinbussen. Dasselbe gilt für die meisten, die ihr Glück gezwungenermassen als Freelancer versuchen. «So bleibt vielen Betroffenen letztlich nichts anderes übrig, als den Gürtel vor und nach der Pensionierung enger zu schnallen», sagt Schaffner.
Entlassene können ab Alter 58 in der Pensionskasse bleiben
Der Gesetzgeber hat indessen auf die schwierige Situation von entlassenen älteren Arbeitnehmern reagiert, indem er seit Anfang 2021 ermöglicht, die berufliche Vorsorge auf freiwilliger Basis fortzuführen. Der Artikel 47a im Berufliche-Vorsorge-Gesetz (BVG) regelt die Weiterversicherung bei Stellenverlust ab dem Alter von 58 Jahren. Wenn das Reglement einer Pensionskasse dies so vorsieht, kann er auch bereits ab dem Alter von 55 Jahren greifen. «In der Regel sehen die Reglemente der Pensionskassen hier aber das Alter 58 vor», sagt Willi Thurnherr, Pensionsversicherungsexperte bei Thurnherr Consulting.
Der neue Gesetzesartikel soll älteren Arbeitnehmern, die ihre Stelle kurz vor der Pensionierung verloren haben, einerseits dabei helfen, das Niveau in der beruflichen Vorsorge zu halten. «Andererseits soll damit verhindert werden, dass sie zu einem späteren Zeitpunkt auf Ergänzungsleistungen angewiesen sind», sagt Thurnherr.
Aus seiner Sicht verbessert die neue Regelung die Situation von entlassenen älteren Arbeitnehmern erheblich. Versicherte können nach Erreichen des 58. Altersjahres – oder eben des 55. Altersjahres, wenn dies das Reglement der Pensionskasse vorsieht – in der bisherigen Kasse bleiben und innerhalb von 30 Tagen eine Weiterversicherung abschliessen.
Rente älterer Arbeitsloser im Fokus
Auch Keserü hält die Regelung für eine gute Sache: «So wird sichergestellt, dass entlassene ältere Arbeitnehmer in ihrer bisherigen Pensionskasse bleiben und eine Rente beziehen können», sagt er.
Dabei sind folgende Punkte wichtig:
Wahl des entsprechenden Vorsorgeplans: Wie Thurnherr ausführt, können freiwillig Versicherte wählen, in welcher Form der vorhandene Vorsorgeplan weitergeführt werden soll. Sie können nur die Risikoleistungen – also die Invaliden- und Hinterlassenenrenten – versichern lassen oder zusätzlich auch die Altersrenten.
«Wenn es das Reglement der Pensionskasse vorsieht, kann zudem der versicherte AHV-Lohn auf die Bedürfnisse und die finanziellen Möglichkeiten der freiwillig versicherten Person abgestimmt werden», sagt der Pensionsversicherungsexperte. Die Anpassungen führten dann zu neuen Beiträgen und Leistungen, welche im Versicherungsausweis aufgeführt würden.
Versicherte übernehmen die Beiträge künftig allein: Bei der Weiterversicherung nach einer Entlassung müssen sich die freiwillig Versicherten aber bewusst sein, dass sie in Zukunft nicht nur die entsprechenden Arbeitnehmerbeiträge bezahlen, sondern auch die des Arbeitgebers. Sie zahlen also hundert Prozent der Beiträge selbst.
Selbst wenn man aber weniger einzahle – falls die Kasse die Option der Beitragsreduktion anbietet –, bleibe man wenigstens in der bisherigen Pensionskasse, sagt Keserü. «So ist man in einer vulnerablen Zeit etwas geschützt.» Geht man vorzeitig in Rente, fällt auch der Umwandlungssatz niedriger aus, als wenn man länger versichert bleibt. Die mit den Jahren vor der Pensionierung steigenden Umwandlungssätze sprechen ebenfalls dafür, in der Pensionskasse versichert zu bleiben.
Wann die Weiterversicherung endet: Findet die betroffene Person eine neue Anstellung, so wird das Vorsorgekapital dann an die Pensionskasse des neuen Arbeitgebers übertragen. Die Weiterversicherung könne aber auch durch die frühzeitige Pensionierung enden, sagt Thurnherr – eben ab Alter 58 oder gar 55. Dabei hat der Versicherte die Wahl zwischen einer Rente, der Kapitalauszahlung oder einem Mix aus beidem.
Er muss sich aber auf erhebliche Einbussen einstellen aufgrund der vorzeitigen Pensionierung oder bei einer Weiterversicherung, die nicht dem bisherigen Umfang entspricht. «Geht man mit 58 in Pension, dürfte die Rente aus der Pensionskasse in vielen Fällen etwa halb so hoch sein wie bei einer Pensionierung mit 65», sagt Keserü.
«Freiwillig versicherte Personen haben jederzeit die Möglichkeit, ihre Weiterversicherung jeweils auf Monatsende zu kündigen», sagt Thurnherr. Habe die Weiterversicherung länger als zwei Jahre gedauert, so würden die Altersleistungen aber nur noch in Rentenform ausbezahlt. Ausserdem kann die Austrittsleistung ab diesem Zeitpunkt nicht mehr für einen Vorbezug oder eine Verpfändung von Wohneigentum (WEF) verwendet werden. «Demgegenüber können bereits erfolgte WEF-Vorbezüge zurückbezahlt und Einkäufe in die berufliche Vorsorge weiterhin vorgenommen werden», sagt Thurnherr.