Die Privatbank tut sich weiterhin schwer damit, Neugeld einzusammeln. Die Börsen und der starke Dollar verhalfen den Zürchern dennoch zu einem versöhnlichen Zwischenresultat.
Manchmal ist Banking wie Fussball: Nur das Ergebnis zählt. Gerade wenn das Team sich nach einer Niederlagenserie neu sortieren muss, ist Catenaccio statt schöngeistiger Fussball gefragt.
So gesehen hat Julius Bär, der jüngst auf die Abstiegsplätze gerutschte Zürcher Traditionsverein im Private Banking, mit seinem ersten Zwischenresultat 2024 das Ziel erfüllt. Die Bank hat ein solides Ergebnis abgeliefert. An der Börse gewinnt die Bär-Aktie nach Handelsstart leicht an Boden; seit Jahresbeginn haben die Titel damit um fast einen Fünftel zugelegt.
Die Kunden fassen wieder Vertrauen
Die verwalteten Kundenvermögen nahmen von Anfang Jahr bis Ende April um 10 Prozent zu und belaufen sich nun auf 471 Milliarden Franken. Das ist eine positive Überraschung. Wie die Bank am Donnerstagmorgen mitteilte, erholte sich auch die Bruttomarge, die Julius Bär auf den Kundenvermögen erzielt, auf 0,89 Prozent. Zuversichtlich stimmt, dass die Kunden wieder mehr handeln, was der Bank höhere Gebührenerträge verschafft.
Einen Schönheitspreis wird Julius Bär mit dem Zahlenkranz dennoch nicht gewinnen. Die Kundenvermögen stiegen vor allem wegen der Dollarstärke und wegen der guten Entwicklung an den Börsen; Faktoren, welche die Bank nicht beeinflussen kann.
Die Analysten zeigen sich enttäuscht, dass die Bank nur 1 Milliarde Franken Neugeld einsammeln konnte. Gemäss Julius Bär lag das an Nettoabflüssen im Januar. Damals prasselten viele negative Medienberichte auf die Bank ein. Seither habe man aber wieder verstärkt Neugelder anziehen können. Der mediengewandte Fussballtrainer würde dazu sagen: «Wir sind noch nicht am Ziel angekommen, aber die Richtung stimmt.»
Julius Bär war im Herbst 2023 in die Schlagzeilen geraten, weil sie dem mittlerweile gefallenen Immobilienkönig René Benko hohe und riskante Kredite gewährt hatte. Ende Januar schrieb die Bank deshalb die Kreditsumme von knapp 600 Millionen Franken komplett ab und trennte sich von ihrem CEO Philipp Rickenbacher. Die Suche nach einer Nachfolge ist noch im Gange.
Erst die Abwehr stabilisieren, dann wieder angreifen
Die Bankführung kündigte damals an, sich bei der Kreditvergabe künftig auf Standardangebote zu beschränken, also auf normale Lombard- und Hypothekarkredite. Spezialkredite, wie sie René Benko gewährt wurden, will Julius Bär künftig nicht mehr vergeben. Am Donnerstag vermeldete die Bank, dass sie das verbleibende Spezialkredit-Portfolio um rund 100 Millionen auf noch 700 Millionen Franken reduzieren konnte.
Weil diese Kredite als besonders riskant verbucht werden müssen, macht sich ihr Abbau auch in der risikogewichteten Eigenkapitalquote bemerkbar, auf welche die Banken besonders achten. Die Quote von Julius Bär stieg im bisherigen Jahresverlauf von 14,6 auf 15,3 Prozent. Dazu beigetragen hat auch, dass die Bank derzeit auf Aktienrückkäufe verzichtet und bewusst Gewinne einbehalten hat.
Die Zürcher Bank hat aber noch viel Arbeit vor sich, wenn sie wieder in die obere Tabellenhälfte vorstossen will. Allem voran muss sie mehr Neugeld anziehen – schliesslich hat sie im Jahr 2023 und sogar seit Anfang 2024 zahlreiche neue Kundenberater eingestellt –, ohne die Kosten aus den Augen zu verlieren.
Selbst unter Ausklammerung von Sondereffekten verharrt das Verhältnis von Kosten zu Erträgen – eine sehr wichtige Kennzahl für die Effizienz einer Bank – bei Julius Bär derzeit bei 69 Prozent. Die Bankführung hat sich eigentlich ein Ziel von 64 Prozent gesetzt.
Ein Anfang ist gemacht bei Julius Bär, aber der Weg zurück in die Champions League ist lang und beschwerlich.