Neu patrouillieren Mitarbeitende von Entsorgung und Recycling. Sie sollen überwachen, welche Zweiräder schon länger dastehen.
Wer sein Velo in der Stadt Zürich tagelang am gleichen Ort stehen lässt, hat in der Regel wenig zu befürchten: Die Parkplätze sind gratis, und verwaiste Velos zieht Entsorgung und Recycling Zürich (ERZ) frühestens nach dreissig Tagen ein. Dies dürfte mit ein Grund dafür sein, dass insbesondere die Abstellplätze an Bahnhöfen oft übervoll sind.
Nun aber reglementiert die Stadt Zürich das Parkieren von Velos plötzlich ziemlich rigoros – zumindest rund um den Hauptbahnhof. Dort können Fahrräder künftig nur noch 48 Stunden lang abgestellt werden. Danach ziehen sie Mitarbeitende von ERZ ein, und Velofahrer müssen ihr Rad mit einem Online-Formular suchen lassen. Es wird dann gegen einen Unkostenbeitrag von 50 Franken herausgegeben.
Velos längere Zeit abzustellen, ist am Hauptbahnhof nur noch in der Velostation Europaplatz möglich. Dort hat die Stadt per Anfang 2024 die Preise gesenkt.
Velos sollen in den Untergrund
Mit der neuen 48-Stunden-Regel will die Stadt verhindern, dass vergessene oder kaputte Velos wochenlang die «sehr gefragten» Abstellplätze am Hauptbahnhof versperren, wie sie am Donnerstag mitteilt.
Zudem möchte die Stadt die Velofahrer motivieren, die neue Station im Stadttunnel zu benützen. Dieser wird am 22. Mai eröffnet. Er führt unter dem Hauptbahnhof durch und verbindet die Kasernenstrasse und den Sihlquai. Im Tunnel stehen 1240 kostenlose und trockene Abstellplätze zur Verfügung, von denen aus man direkt zu den Gleisen gelangt.
Hingegen werden rund 570 temporäre Veloabstellplätze entfernt: am Ufer der Sihl an der Kasernenstrasse, oberhalb der Rolltreppe zur Passage Sihlquai, auf beiden Seiten der Postbrücke sowie in der Radgasse. «Künftig sollte es in diesen Bereichen ordentlicher aussehen», sagt Roger Schaad, Mediensprecher des Tiefbauamts.
Die 48-Stunden-Regel wird auch für die neue Station Stadttunnel gelten. Patrouillen von ERZ sollen sicherstellen, dass dieser Zeitrahmen tatsächlich eingehalten wird – «am Anfang sicher mit Augenmass», sagt Schaad.
Um Sünder ausfindig zu machen, wendet ERZ einen Trick an: Velos, die länger abgestellt werden, markieren die Mitarbeitenden mit Kreide auf einem Pneu. Stehen diese bei der nächsten Kontrolle immer noch da, werden sie eingezogen.
Doch nicht nur am Hauptbahnhof gilt das neue Regime, sondern auch an der Hardbrücke. Bewährt es sich, weitet es die Stadt eventuell auch auf andere Standorte aus. Chronisch überfüllt sind etwa die Abstellplätze am Bahnhof Stadelhofen. Dort, beim Calatrava-Neubau, wird ab Ende Jahr eine unterirdische Velostation mit 800 Plätzen Abhilfe schaffen.
Fixe Parkzonen für E-Scooter
Weniger Wildwuchs soll es künftig auch bei elektrisch betriebenen Leihfahrzeugen geben. Heute werden E-Scooter und E-Velos meistens irgendwo abgestellt – auf dem Trottoir, an einer Hauswand oder in einer Unterführung. Zumindest im Zentrum will die Stadt dies nicht mehr dulden: Sie führt nächstes Jahr fixe Parkzonen für E-Scooter ein, wie die Tamedia-Zeitungen schreiben. Nur in diesen Gebieten kann die Miete der Fahrzeuge beendet werden.
Wo genau die Zonen eingerichtet werden, ist noch offen. In den Aussenbezirken dürfen die Scooter zumindest vorerst weiterhin frei abgestellt werden, weil dort weniger Wildwuchs herrscht. Ähnlich handhaben es die Städte St. Gallen und Winterthur.
Zudem plant die Stadt, die Zahl der E-Scooter zu beschränken. Dazu ist ein Entscheid des Verwaltungsgerichts hängig. Heute sind in Zürich rund 6000 Leihfahrzeuge bewilligt, wie eine Sprecherin der Dienstabteilung Verkehr gegenüber den Tamedia-Zeitungen sagt. Pro Anbieter sind 800 erlaubt.
Weil die achtlos abgestellten Leihfahrzeuge besonders in stark frequentierten Quartieren ein Ärgernis sind, haben zahlreiche Städte in den letzten Jahren eine Obergrenze eingeführt. Und Wetzikon im Zürcher Oberland hat nach einer achtmonatigen Testphase beschlossen, E-Scooter und Konsorten gar nicht mehr zuzulassen. Das Bedürfnis habe den Ärger nicht aufgewogen, sagte der Stadtpräsident zur NZZ.
So weit dürfte es im rot-grünen Zürich nicht kommen. Schliesslich ist es der Regierung ganz recht, wenn die Einwohnerinnen und Einwohner das E-Trottinett benutzen – Hauptsache, das Auto bleibt stehen.
Politisch werden die Leihfahrzeuge weiterhin zu reden geben. Das Stadtparlament hat Ende 2022 einen Vorstoss zum Thema überwiesen: Der Stadtrat soll ein «Massnahmenpaket» zu abgestellten E-Trottinetts ausarbeiten. Die Antwort dazu dürfte demnächst vorliegen.