Unternehmensbeteiligungen der öffentlichen Hand bergen Risiken für die Steuerzahler und erfordern daher eine gezielte Steuerung. Die Eigentümer müssen künftig sorgfältig abwägen, ob sie spekulative Geschäftsmodelle im Stromhandel weiterhin unterstützen können und wollen.
Ein Blick in die Staatsrechnungen der 26 Kantone offenbart ein breites Spektrum an Unternehmensbeteiligungen – von Spitälern und Kantonalbanken bis zu Energieversorgungsunternehmen und IT-Dienstleistern. Sinn und Zweck dieser Beteiligungen, die oft historisch gewachsen sind, geraten schnell in Vergessenheit. Doch mit kantonalen Beteiligungen sollte nicht leichtfertig umgegangen werden, denn wer besitzt, der haftet. Daher ist eine gründliche Überprüfung unerlässlich.
Prinzipien einer Good Governance
Es gibt gute Gründe für staatliche Unternehmensbeteiligungen, insbesondere bei natürlichen Monopolen. Solche Märkte zeichnen sich durch hohe Fixkosten und sinkende Durchschnittskosten aus, was bedeutet, dass es am effizientesten ist, wenn ein einziges Unternehmen das Gut bereitstellt. Ein typisches Beispiel hierfür sind Netzindustrien wie die Strom-, Eisenbahn- oder Telekommunikationsmärkte. Es lohnt sich nicht, einen Kanton mit mehreren Stromnetzen auszustatten. Wird der Markt jedoch nur durch eine einzige Firma bedient, hat diese Preissetzungsmacht. In solchen Fällen ist ein Staatseingriff gerechtfertigt – zum Beispiel in Form einer staatlichen Unternehmensbeteiligung. Kommt es zur staatlichen Unternehmensbeteiligung, bedarf es einer klaren und transparenten Steuerung.
Gute Governance ist für jedes Unternehmen entscheidend und liegt in der Verantwortung des Eigentümers. Bei staatlichen Beteiligungen ist die Steuerung des Unternehmens jedoch besonders kritisch, da Misserfolge direkt das Portemonnaie der Steuerzahler betreffen. Es gibt grundlegende Prinzipien für eine optimale Steuerung staatlicher Unternehmen. So braucht es erstens eine klare Definition und regelmässige Überprüfung der Gründe, die das Staatseigentum rechtfertigen. Zweitens sollte der Staat als informierter und aktiver Eigentümer agieren, indem er unter anderem die Risikostrukturen regelmässig analysiert und optimiert. Drittens muss sichergestellt werden, dass durch die staatliche Unternehmensbeteiligung keine Wettbewerbsverzerrungen entstehen. Das Unternehmen sollte sich nicht in Bereiche ausdehnen, die bereits von privaten Anbietern abgedeckt werden.
Baustelle Energiebranche
Wendet man diese Grundsätze auf die Schweizer Staatsunternehmen an, lässt sich an verschiedenen Stellen Verbesserungspotenzial erkennen. Besonders deutlich wird dies immer dann, wenn es zu medialen Aufschreien kommt, wie es bei den Energieversorgungsunternehmen vermehrt der Fall ist. Die Axpo Holding AG ersuchte 2022 den Bund um temporäre Liquiditätsunterstützung in Höhe von 4 Milliarden Franken. Ein Jahr zuvor geriet die Alpiq in Schieflage. Auch die BKW sorgte immer wieder für Schlagzeilen, da sie sich zunehmend in Ingenieur- und anderen Dienstleistungsbereichen ausbreitete, die bereits privatwirtschaftlich abgedeckt werden.
Inzwischen ist es ruhiger um die kantonalen Stromunternehmen geworden – doch zu Unrecht: Die zugrunde liegenden Governance-Probleme wurden bisher nicht ausreichend angegangen. Bei der Steuerung dieser Unternehmen sind insbesondere zwei neue Weichenstellungen angezeigt, die zur Erfüllung der Grundprinzipien erforderlich sind.
Erstens sollte die Staatsbeteiligung nur im Kerngeschäft der Stromunternehmen bestehen. Dort ist sie gerechtfertigt, weil insbesondere die Stromnetze ein natürliches Monopol darstellen. Nicht zum Kerngeschäft gehören jedoch Bereiche wie Ingenieurdienstleistungen, die bereits durch den privaten Markt abgedeckt werden. Eine solche Ausweitung birgt unnötiges Potenzial für Wettbewerbsverzerrungen. Deshalb gilt es bei den bestehenden Beteiligungen im Energiesektor zu prüfen, inwiefern sie der Gewährleistung der Stromversorgung dienen und welche Unternehmensbereiche gegebenenfalls abgestossen werden müssen.
Zweitens benötigen die Eigentümer ein starkes Risikomanagement, da ein (Teil-)Ausfall schwerwiegende finanzielle Folgen für die Kantone und ihre Steuerzahler haben könnte. Die Axpo weist beispielsweise eine Bilanzsumme von 34 Milliarden Schweizerfranken aus. So erstaunt es nicht, dass sie aufgrund des Liquiditätsengpasses beim Bund anklopfen musste, obwohl sie sich im Besitz der Kantone und deren Gemeinden befindet.
Die Eigentümer müssen künftig sorgfältig abwägen, ob sie spekulative Geschäftsmodelle im Stromhandel weiterhin unterstützen können und wollen. Hier bedarf es einer aktiveren Rolle der Eigentümer, damit sie nicht auf den Goodwill des Bundes angewiesen sind und kein grosses Risiko für ihre Steuerzahler eingehen. Der ideale Zeitpunkt, um bestehende Governance-Probleme in der Strombranche anzugehen, ist jetzt, da die Branche keine grossen Schlagzeilen macht.
Melanie Häner-Müller leitet den Bereich Sozialpolitik am Institut für Schweizer Wirtschaftspolitik (IWP) an der Universität Luzern.
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