Die ukrainischen Streitkräfte stehen seit dem Winter an verschiedenen Fronten unter wachsendem Druck. Der ungenügende Munitionsnachschub und Probleme bei der Rekrutierung von Soldaten haben sie geschwächt. Gleichzeitig hebt Russland immer neue Truppen aus und bedroht damit zusätzliche Gebiete. Im Mai ist es so weit: Moskau gab der neugeschaffenen «Nordgruppe» seiner Armee den Befehl zum Angriff und eröffnete damit eine neue Front im Ukraine-Krieg.
Für die Ukraine ist die neue Front bei Charkiw ein weiterer militärischer Rückschlag. Sie kämpfen nun in Gegenden, die bereits einmal russisch besetzt gewesen waren und die sie im Oktober 2022 befreit hatten. Die jetzige Offensive zeigt, dass Moskau die damalige Niederlage nicht akzeptiert und weiter Ansprüche auf die Provinz Charkiw stellt. Es geht dem Kreml also um weit mehr als nur um die zu russischem Staatsgebiet erklärten Provinzen Donezk, Luhansk, Saporischja und Cherson.
Ein breiter Durchbruch ist den Russen nördlich von Charkiw allerdings nicht gelungen. Auch ihre Truppen sind geschwächt und rücken bis anhin nur in kleiner Zahl vor. Jenseits der Grenze sollen aber bis zu 50 000 Mann stehen. Ob Moskau auch sie in den Kampf schickt oder sich mit den jetzigen Eroberungen begnügt, ist derzeit die grosse unbeantwortete Frage. Die Bedrohungslage hat sich für die Ukraine jedenfalls verschärft.
Quellen Karte: Institute for the Study of War, OpenStreetMap, Maptiler