Die Bildungsdirektorin legt einen Gesetzentwurf vor, auf den das Parlament gar nicht erst eintreten soll.
Das Seilziehen um die Finanzierung von Kindertagesstätten im Kanton Zürich ist um eine Episode reicher. Und jetzt soll das Ganze wieder von vorne beginnen. Denn: Der Regierungsrat hat am Donnerstag bekanntgegeben, dass er die Vorstösse des Parlaments für mehr Subventionen für Kinderkrippen in den Gemeinden ablehnt.
Einen Gesetzentwurf präsentiert die Bildungsdirektorin Silvia Steiner dennoch. Aber da die Mitte-Politikerin von mehr kantonalen Mitteln für kommunale Kitas ohnehin nichts hält, empfiehlt sie dem Parlament, auf ihre eigene Vorlage gar nicht erst einzutreten. Ein ungewöhnlicher Vorgang.
Der Entwurf der Bildungsdirektorin präsentiert sich im Wesentlichen so:
- Die Kosten der sogenannten familienergänzenden Betreuung sollen zu mindestens 40 Prozent von den Gemeinden getragen werden. Diese kommunalen Subventionen müssen nach dem Willen des Regierungsrats zur Vergünstigung der Kita-Plätze eingesetzt werden. Der Kanton kann die Gemeinden mit bis zu 15 Prozent der von ihnen zu tragenden 40 Prozent der Betreuungskosten unterstützen, wie der Regierungsrat schreibt. Steiner will sich nicht zu einem kantonalen Zustupf verpflichten lassen. Stattdessen setzt sie auf eine Kann-Formulierung.
- Eltern von Kindern mit einem besonderen Betreuungsbedarf sollen einen zusätzlichen Beitrag erhalten. Damit gemeint sind Vorschulkinder mit einer Beeinträchtigung, einer Entwicklungs- oder Verhaltensstörung.
- Weiter will die Bildungsdirektion in ihrem Vorschlag für den Papierkorb Gemeinden, die ihren Bedarf an Förderung und Betreuung von Vorschulkindern ermitteln oder ihr Kita-Angebot neu ausrichten wollen, «auf Wunsch durch fachliche Beratung unterstützen».
- Die Anpassungen wären mit einem Gegengeschäft verbunden: Die Gemeinden wären verpflichtet, künftig auch für Kinder mit besonderen Bedürfnissen eine Betreuung anzubieten. Eltern sollen in den Gemeinden zudem beraten werden. «Dadurch würden Kinder mit besonderem Förderbedarf frühzeitig erkannt», teilt der Regierungsrat mit.
- Künftig sollen alle Angebote zur Förderung von Vorschulkindern vom Kanton subventioniert werden können. Auch das ist eine unverbindliche Formulierung. Doch dafür müsste das Kinder- und Jugendhilfegesetz geändert werden.
Aber eben: Nach dem Willen des Regierungsrats soll das Parlament gar nicht erst eintreten auf die Vorlage.
Denn für Silvia Steiner ist klar: «Kita-Finanzierung ist grundsätzlich Aufgabe der Gemeinden.» Für eine kantonale Vorlage sei es der falsche Zeitpunkt, da auf Bundesebene ein ähnliches Gesetzesvorhaben bereits in Ausarbeitung und die finanzielle Lage des Kantons angespannt sei.
Lieber Schulhäuser statt Kita-Subventionen
Der Kanton Zürich dürfte im vergangenen Jahr zwar einen Überschuss erwirtschaftet haben. Steiners Fokus liegt bei den Ausgaben aber anderswo. Der Kantonsrat müsse den Vorschlag nun prüfen und entscheiden, wo Prioritäten zu setzen seien, sagt die Bildungsdirektorin gegenüber der NZZ.
Was man aus diesem Votum heraushören darf: Der Regierungsrat hatte von der Legislative den Auftrag erhalten, einen Gesetzentwurf vorzulegen. Das haben Steiner und ihre Kollegen getan. Und damit den Ball zurück ins Feld des Parlaments gespielt.
Grüne kritisieren «‹No Future›-Regierung»
Die Linke ist gar nicht erfreut über das Vorgehen der Regierung. Die SP hält die Vorlage für inakzeptabel. Der Kanton stehle sich komplett aus der Verantwortung. Die Grünen reagieren ebenfalls scharf: Die Exekutive erweise sich damit als «‹No Future›-Regierung», die den gesellschaftlichen Fortschritt blockiere.
Die Partei hatte zusammen mit SP, GLP, EVP und AL bereits 2019 eine Motion eingereicht, mit der die Kita-Kosten gleichmässig hätten verteilt werden sollen: 20 Prozent der Subventionen sollten die Gemeinden übernehmen, die anderen 20 Prozent der Kanton. Der Vorstoss wurde 2021 überwiesen.
Die Vorlage der Regierung sei vor allem eines: eine klare Missachtung des Willens des Kantonsrats, schreiben die Grünen in einem giftigen Communiqué. Die Regierung mache sich die Gemeinden bewusst zum Feind. Diese hätten in der Vernehmlassung klar verlauten lassen, dass sie sich nur bei einer paritätischen Kostenverteilung hinter die Vorlage stellen würden. – Diese Information ist interessant: Vielleicht operierte Steiner genau damit, um ihre eigene Vorlage schon jetzt zu Fall zu bringen.
Rückendeckung für die Bildungsdirektorin gibt es von der FDP. Marc Bourgeois sagt: «Das Kita-Wesen ist eine kommunale Aufgabe. Mehr Köche kochen nicht besser.» Rochus Burtscher von der SVP betont: «Das Geschäft ist eine Zwängerei von Links-Grün. Sie wollen dem Bund vorgreifen. Das sollte der Kanton Zürich nicht tun.»
Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen. Das Geschäft liegt nun bei der Kommission für Bildung und Kultur. Die Grünen, die mit Karin Fehr Thoma die Kommissionspräsidentin stellen, wollen nach eigenen Angaben alles daransetzen, die «schwache Regierungsvorlage» zu korrigieren. Unterstützung dazu gibt es auch von den Grünliberalen.
Der Präsident und die beiden Vizepräsidenten des Verbands der Gemeindepräsidien des Kantons waren für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.