Der «kleine Löwe» in Bregenz ist charmantes Hotel, chices Café und luxuriöse Wohnung. Umgebaut wurde das einst verfallene Haus am Stadtplatz von Herzog & de Meuron. Gewonnen haben dadurch alle.
Mitten in der Stadt, wenige Minuten vom Bodensee entfernt, so wollte der Bregenzer Johannes Glatz mit seiner Partnerin Lisa Rümmele wohnen. Mit Blick auf das von Cucrowicz Nachbaur Architekten geplante Vorarlberg Museum, nicht weit weg von Landestheater und Kunsthaus, das Peter Zumthor entworfen hat.
Also kaufte er die gut 200 Jahre alte, ehemalige Bierbrauerei des Gasthauses «Zum Goldenen Löwen», die später als «Löwen Kinematograf», Bank, Möbelhandel, Feinkostladen, Bar und Nachtclub genutzt wurde und verfiel: Der Lage angemessen war die Adresse Kornmarktplatz 5 längst nicht mehr. Selbstbewusst fragte das junge Bauherrenpaar bei Herzog de & Meuron in Basel an, ob sie ihnen nicht ein neues Haus bauen wollten.
Ein Hotel für Architekturfans
Ein wenig Zeit mit der Zusage liess sich das weltweit gefragte Büro schon. Doch nach einem Jahr, als Lisa mit dem zweiten Sohn schwanger war, kam sie. Damit war dann auch entschieden, wie das Haus, das zum Wohnen für die vierköpfige Familie zu gross gewesen wäre, in den unteren Etagen genutzt werden soll. Nicht als Coworking-Space und nicht als Laden.
Macht ein Hotel auf, riet eine Freundin: «Architekturbegeisterte sind so penetrant! Wenn die erfahren, dass Herzog & de Meuron euer Haus bauen, stellen sie eine Leiter an die Fassade, um in die Fenster zu schauen.» Das müssen sie jetzt nicht, sie können zwischen acht Zimmern wählen. Und da die Ansprüche des jungen Paares nicht nur an Lage und Gestaltung hoch sind, liess sich die Journalistin Lisa zur Hotelmanagerin ausbilden und kümmert sich heute professionell um den «kleinen Löwen».
Wohnen unter dem Tonnendach
Gemütlich-luxuriös wohnen die Quereinsteiger seit Frühjahr 2024 auf zwei Geschossen unter dem weiss schimmernden Tonnendach, das sich unübersehbar eigen in das schmucke Städtchen fügt. Charmant vermittelt die niedrige, blaue Fassadenscheibe, die als einziges Relikt erhalten werden konnte. Unter Denkmalschutz stand sie nicht, pragmatisch wurde sie stets den sich verändernden Nutzungen angepasst.
Diese Tradition gilt auch heute: In das neobarocke Gesicht schnitten die Architekten einen schwungvollen Ausblick für die Hotelzimmer im zweiten Obergeschoss. Auch im Geschoss darunter finden vier Hotelzimmer Platz. Zwei pro Etage öffnen sich nach Norden, auf den Platz, die anderen beiden bieten über den kleinen Innenhof Blick zum Bregenzer Hausberg Pfänder. Lichtes Grün ist somit die Farbe für die Zimmer zum Hof. Ein filigraner Vorhang aus Lärchenlamellen vor den kleinen Balkonen schützt elegant und individuell einstellbar vor Licht und Einblick.
Vom Sessel bis zum Wasserglas: Für die Hotelzimmer wurde alles in Absprache mit Herzog & de Meuron ausgesucht.
Auf der anderen Seite – hier leuchten die Wände seeblau – werden tiefe Fensternischen zur Stadtloge, zwei Zimmer erweitern sich mit einer Loggia nach draussen. Stimmungsvoll-stimmig sind Farben, Formen und Materialien, fein sind die Details. Vom Wasserglas bis zum Sessel, vom Garderobenhaken bis zum Tisch wurde jeder Gegenstand in Absprache mit den Architekten ausgesucht. Und natürlich ist manches «selbstgemacht»: Herzog & de Meuron verkauft einige «Objects» im Onlinestore.
Eigene Safes, eigene Shampoos
Klein sind die hübschen Zimmer. Der Fernseher verschwindet in Eichenschrankwänden, deren Türen mit changierendem hellblauem beziehungsweise hellgrünem Stoff bespannt sind. Standard-Safes gefielen nicht, es wurden eigene gefertigt. Auch das Shampoo wird in einer Manufaktur im Bregenzer Wald exklusiv gemischt, der darin enthaltene Hopfen erinnert an die Geschichte des Hauses. Und statt acht surrende Kühlschränke in den Zimmern einzubauen, laden zwei Etagenbars zur Selbstversorgung ein – und vielleicht auch zum Kennenlernen der anderen Gäste.
Mit denen lässt sich dann im Erdgeschoss am nächsten Morgen entspannt weiter plaudern. Zum Abendessen schicken Lisa und Johannes die Gäste ins nahe Restaurant Weiss. Doch bis auf sonntags wird das grossartige «petit-déjeuner» im Salon, der zugleich Lobby und Rezeption ist, serviert. Dienstags bis samstags von 11 bis 16 Uhr wird der hohe, einladende Raum dann zum chicen Stadt-Café im Stadt-Hotel. So müssen nicht einmal Bregenzer oder Tagestouristen zur Leiter greifen und fensterln.
Informationen
Adresse
kleiner Löwe, Kornmarktplatz 5, 6900 Bregenz, Österreich;
kleinerloewe.at
Publikum
Architektur-Aficionados
Design
einmalig eigenwillig
Gastronomie
im nahen Restaurant Weiss
Preis
Doppelzimmer ab 229 Euro