Der Innerschweizer Hersteller von Maschinen zur Kabelverarbeitung enttäuscht seine Aktionäre seit Jahren. Das Kostenmanagement ist ungenügend. Der künftige VR-Präsident muss dringend Weichenstellungen vornehmen.
Geschätzte Leserin, geschätzter Leser
Komax zählt an der Schweizer Börse zu den grössten Enttäuschungen der vergangenen Jahre. Der Hersteller von Maschinen zur Kabelverarbeitung ist weltweit Marktführer auf seinem Gebiet – doch es gelingt ihm nicht, seine starke Position in Wachstum, steigende Margen und eine ansprechende Performance an der Börse umzusetzen.
In den zehn Jahren, seit Beat Kälin als Verwaltungsratspräsident und Matijas Meyer als CEO das Innerschweizer Industrieunternehmen führen, hat der Aktienkurs mehr als 30% nachgegeben. Relativ zum Swiss Performance Index (ohne Dividenden) entspricht das einer Underperformance von mehr als 70 Prozentpunkten – ein miserabler Leistungsausweis für Kälin und Meyer.
2025 feiert Komax das 50. Jahr seiner Unternehmensgeschichte. Doch just zu diesem grossen Jubiläum hat der Verwaltungsrat beschlossen, angesichts des schwachen Geschäftsgangs auf die Ausschüttung einer Dividende zu verzichten. Eine bessere Symbolik für die zu einem beträchtlichen Teil hausgemachte Misere gibt es kaum.
An der Generalversammlung vom 16. April müssen sich VR und Management unbequemen Fragen ihrer Aktionäre stellen. Sie müssen einen überzeugenden Plan darlegen, wie Komax wieder auf den Erfolgspfad kommen soll. Immerhin eine begrüssenswerte Entwicklung gibt es bereits: VR-Präsident Kälin gibt seinen Posten ab. Neuer Präsident soll Andreas Häberli werden.
Auf den früheren Manager des Schliesstechnikkonzerns Dormakaba wartet viel Arbeit.
Schwache Margen und Kapitalrenditen
Komax ist in ihrem Geschäftsgang mit zwei hartnäckigen Problemen konfrontiert. Erstens hat die Krise der westlichen Automobilindustrie den Konzern hart getroffen. Die Maschinen von Komax werden zur Herstellung von Kabelbäumen für Fahrzeuge benötigt; gut 65% des letztjährigen Umsatzes von 630,5 Mio. Fr. stammen aus dem Automobilsektor.
Zweitens sind in den vergangenen Jahren in China neue Konkurrenten auf den Markt getreten, die einfachere, pragmatischere und günstigere Kabelverarbeitungsmaschinen als Komax anbieten. Und weil sich der Schwerpunkt der globalen Automobilindustrie in rasantem Tempo nach China verlagert hat, muss Komax dort kräftig aufholen, indem der Konzern lokale Anbieter akquiriert. Die Folgen der Covid-Pandemie, als die Schweizer Topmanager von Komax drei Jahre lang nicht nach China reisen und Kunden besuchen konnten, wiegen immer noch schwer.
Doch das widrige Marktumfeld ist nur die eine Hälfte der Geschichte. Die andere Hälfte ist hausgemacht – und sie offenbar eine schwache Leistung des Managements in der Kostenkontrolle.
Bis und mit 2018 – dem bisherigen Spitzenjahr im Zyklus der Automobilindustrie – ist es Komax gelungen, eine Betriebsgewinnmarge auf Stufe Ebitda von konsistent mehr als 16% zu erwirtschaften. Im Jahr 2019, dem Beginn des Abschwungs im Branchenzyklus, zögerte das Management viel zu lange, die Kosten zu senken. Resultat war ein Einbruch der Margen, der sich im Pandemiejahr 2020 fortsetzte.
Im unmittelbaren Nachgang der Pandemie profitierte Komax zunächst zwar von aufgestauten Investitionen seitens der Kunden sowie von einem generellen Boom rund um das Thema Automatisierung, weil in vielen Industrien Arbeitskräfte rar waren. Doch danach brachen die Margen wieder ein.
Das gleiche Bild zeigt sich in der Kapitalrendite (Return on Invested Capital, ROIC). Bis 2018 lag die ROIC konsistent über 14%. Wird auf stark vereinfachter Basis ein Kapitalkostensatz von 8% angenommen, gelang es Komax damals, konsistent Wert für ihre Aktionäre zu schaffen. Seit 2019 sieht das Bild dagegen schwach aus.
Die 2022 vollzogene Akquisition von Schleuniger, der früheren Nummer zwei im Markt, hat sich weder in den Margen noch in den Kapitalrenditen positiv niedergeschlagen.
«Komax verfügt im Markt für High-End-Kabelverarbeitungsmaschinen über eine dominierende Position und steckt jedes Jahr 10% des Umsatzes in Forschung und Entwicklung. Die Resultate sind aber in den Geschäftszahlen nicht zu sehen», sagt ein aktiver Schweizer Fondsmanager, der seit Jahren in Komax investiert ist.
Schwaches Kostenmanagement, kaum «Skin in the Game»
Ein Problem: Verwaltungsrat und Management werden von Ingenieuren dominiert. Das Kostenmanagement im Unternehmen ist sekundär. Oft nimmt Komax in der Entwicklung Anpassungen an Maschinen auf Basis spezifischer Kundenwünsche vor, was auf Kosten der Marge geht. Das Volumengeschäft seriell gefertigter Maschinen, die hohe Margen liefern, wird vernachlässigt.
Dass die Aktionärsinteressen bei Komax keine besonders hohe Priorität geniessen, hängt auch damit zusammen, dass VR und Management kaum «Skin in the Game» haben. Per Ende 2024 hielten alle sieben Mitglieder des Aufsichtsgremiums zusammen nur gerade 17’717 Komax-Aktien, was derzeit einem Wert von kumuliert bloss 2 Mio. Fr. entspricht.
Die sechs Mitglieder der Konzernleitung unter CEO Matijas Meyer hielten per Ende 2024 zusammen Aktien des eigenen Unternehmens im Wert von nur rund 1,2 Mio. Fr.
Wenig Interesse an einer besseren Performance scheint auch die Metall Zug Gruppe zu haben, die seit dem Verkauf von Schleuniger 25% an Komax hält. Zumindest ist mir nicht bekannt, dass der Grossaktionär von Metall Zug, Heinz Buhofer, auf Veränderungen in der Führungsstruktur von Komax pochen würde.
Grosse Erwartungen an neuen VR-Präsidenten
Aber diese Veränderungen sind meiner Meinung nach nötig. Der Leistungsausweis der vergangenen zehn Jahre spricht für sich. Andreas Häberli, der Mitte April das Präsidium des Verwaltungsrats übernehmen wird, bringt zumindest eine wertvolle Erfahrung mit: Als Manager und Konzernleitungsmitglied von Dormakaba hat er sehr eng miterlebt, wie ein schlecht geführtes Unternehmen jahrelang dahinsiechen und Marktanteile verlieren kann.
Gleichzeitig hat Häberli auch gesehen, wie viel Energie freigesetzt wird, wenn unter neuer Führung ein Ruck durch das Unternehmen geht. Unter dem VR-Präsidium von Svein Richard Brandtzæg (ab 2023) und CEO Till Reuter (ab 2024) hat Dormakaba die operative Leistung deutlich gesteigert, was an der Börse entsprechend honoriert wurde. Innerhalb von zwei Jahren hat sich der Aktienkurs von Dormakaba mehr als verdoppelt.
Ein derartiger Kraftakt könnte Komax durchaus auch gelingen – wenngleich die Herausforderung in der Gestalt neuer Konkurrenten in China gross bleibt. Da bleibt noch viel zu tun, um Anteile in China zurückzugewinnen. Aus Gründen guter Corporate Governance hätte ich es zudem bevorzugt, wenn Beat Kälin den VR verlässt, um seinem Nachfolger den notwendigen Raum zu überlassen. Ein langjähriger ehemaliger Präsident, der als «normales» Mitglied im Aufsichtsgremium verbleibt, schafft unnötig das Potenzial informeller Machtstrukturen.
Andreas Häberli sollte jedenfalls klar sein, dass Komax eine deutliche Richtungsänderung nötig hat: besseres Kostenmanagement, ein bedingungsloser Fokus auf die Margen sowie eine Unternehmensführung, die die Interessen der Aktionäre im Auge behält.
Je früher er diesbezüglich die Weichen stellt und den Aktionären ein Signal sendet, desto besser.
Freundlich grüsst im Namen von Mr Market
Mark Dittli