Ein neues Gesetz erlaubt die Ausbürgerung. Nun könnte Kuba es dem verbündeten Nicaragua gleichtun, das bereits Hunderte von Oppositionellen ausgebürgert hat.
Kubas Parlament hat die rechtliche Basis dafür beschlossen, Kubaner zukünftig auszubürgern. Erlaubt ist dies, wenn ein Bürger «einer bewaffneten Organisation jeglicher Art mit dem Ziel beitritt, die territoriale Integrität des kubanischen Staates, seine Bürger und andere im Land lebende Menschen anzugreifen», oder wenn eine Person «Handlungen begeht, die im Widerspruch zu hohen politischen, wirtschaftlichen und sozialen Interessen Kubas stehen», so der Gesetzestext.
Die Ausbürgerung kann durch die Staatsbürgerschaftsbehörde per Dekret erfolgen. Zwar wurde während der Beratungen im Parlament betont, dass die Aberkennung der Staatsbürgerschaft nur in Ausnahmefällen veranlasst werden soll. Doch unter Oppositionellen auf der Insel und in der kubanischen Exilgemeinde wird befürchtet, dass die Regierung nun dem Vorbild des verbündeten Nicaragua folgen und unliebsame Personen ausbürgern wird.
Nicaraguas Diktator Daniel Ortega hat es mittlerweile zur Praxis gemacht, seine Gegner des Landes zu verweisen und ihnen die Staatsangehörigkeit zu entziehen. So liess er im Februar 2023 gleich 222 Oppositionelle in die USA ausfliegen und ausbürgern. Bei ihnen handelte es sich um Teilnehmer an den Anti-Regime-Protesten im Jahr 2018 sowie um Oppositionelle, die vor den Wahlen 2021 festgenommen wurden. Damals hatte Ortega nahezu die gesamte Führung der Opposition einsperren lassen.
Lange Geschichte von Repressionen
Auch Kubas Regierung hat eine lange Geschichte von Repressionen gegen politisch Andersdenkende. Oppositionsparteien sind erst gar nicht zugelassen. Im Juli 2021 war es nach Protesten gegen die schlechte Versorgungslage zu Massenverhaftungen gekommen. Laut Schätzungen von Menschenrechtsorganisationen wurden zwischen 900 und 1100 Personen verhaftet. Mehr als 700 Personen wurden später zu teilweise langen Haftstrafen verurteilt, unter ihnen auch Jugendliche. Noch immer sollen mindestens 671 Personen in Haft sitzen, wie Amnesty International anlässlich des jüngsten Jahrestags der Proteste erklärte.
Kubas Regierung habe angesichts der Krise im Land keine andere Antwort als Repression, urteilte der «Economist» jüngst. Ende 2023 hatte die Regierung eine «Terrorliste» mit 19 Organisationen und 61 Personen veröffentlicht. Ihnen werden terroristische Aktionen gegen Kuba vorgeworfen. Unter ihnen befinden sich regimekritische Influencer, Exilführer und Journalisten, die angeblich im Auftrag der US-Regierung handeln.
Die im spanischen Exil ansässige Menschenrechtsorganisation Observatorio Cubano de Derechos Humanos hat in der ersten Jahreshälfte 2024 rund 2000 repressive Aktionen staatlicher Stellen gegen kubanische Bürger registriert. Die Hälfte davon hat sie als willkürliche oder illegale Verhaftungen eingestuft.
Über eine Million verliessen die Insel seit 2020
Der nun verabschiedete Ausbürgerungsparagraf ist Teil eines neuen Migrations-, Ausländer- und Staatsbürgerschaftsgesetzes. Zum einen soll Ausländern der Weg zu Aufenthaltsbewilligungen und zur kubanischen Staatsbürgerschaft erleichtert werden. Zum anderen soll es Exilkubanern ermöglicht werden, Direktinvestitionen auf der Insel zu tätigen. Damit soll auch die massive Devisenknappheit bekämpft werden, die die Versorgungslage durch fehlende Importe verschlimmert.
Die derzeitige Krise wird von Beobachtern als tiefer beschrieben als jene Anfang der neunziger Jahre nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion. Alleine zwischen 2020 und 2023 sank die Bevölkerungszahl um rund 1,1 Millionen, ein Rückgang von über 10 Prozent. Meist haben junge Kubaner aufgrund der Wirtschaftskrise das Land verlassen, was zu einem massiven Arbeitskräftemangel geführt hat.







