In der Bucht von San Francisco lag einst das sicherste Gefängnis der USA. Seit Jahrzehnten dient Alcatraz aber nur noch als Touristenattraktion. Trump will das ändern.
Im Wahlkampf verglich Donald Trump sich gerne mit einem Gangsterboss. Der berüchtigtste Präsident der USA erinnerte mehrfach an Al Capone, den einst berüchtigtsten Verbrecher Amerikas. Sogar Capone, sagte Trump, sei von den Strafverfolgungsbehörden besser behandelt worden als er selbst während seiner diversen Gerichtsverfahren. Dabei vergass Trump, dass der schillernde Mafioso Capone extrem düstere Zeiten in Alcatraz erlebt haben muss. Dem Gefängnis, das sich rühmte, die «Schlimmsten der Schlimmen» zu beherbergen.
Mehrfach versuchten dort Capones Mithäftlinge, ihn umzubringen. Er litt körperlich und mental stark unter den Haftbedingungen. Sein Zustand verschlechterte sich mit einer Syphilis-Vorerkrankung in Alcatraz rapide, nach seiner Entlassung wurde ihm ärztlich der mentale Zustand eines Zwölfjährigen bescheinigt.
Das trug sowohl zur Legendenbildung rund um Capone als auch zu jener rund um Alcatraz bei. Der Insasse und das Gefängnis sind heute Teil der amerikanischen Pop-Kultur. Und nun wieder in den Schlagzeilen – wegen Donald Trump.
In den 1960er Jahren war eine Renovierung zu teuer
«Alcatraz renovieren und wiedereröffnen», schrieb Trump am Montag auf seiner Plattform Truth Social in Grossbuchstaben und mit Ausrufezeichen. Schon viel zu lange werde Amerika «von bösartigen, gewalttätigen und rückfälligen Straftätern geplagt, dem Abschaum der Gesellschaft, der nie etwas anderes als Elend und Leid hervorbringen wird». Als die USA hingegen noch eine «ernsthafte Nation» waren, habe der Staat nicht gezögert, die gefährlichsten Kriminellen einzusperren und sie weit weg von allen zu halten, denen sie schaden könnten.
Über den derzeitigen Zustand von Alcatraz sagte Trump nichts. Folgt man seiner Interpretation, war seine Nation zwischen 1934 und 1963 «ernsthaft» – nur in dieser Zeit wurde das Gefängnis auch als solches genutzt. Alcatraz sei während dieser Zeit aber auch der salzigen Luft erlegen, die durch die Meerenge Golden Gate bläst, schrieb die «New York Times» im März 1963. Grosse Flocken Rost seien von Stahlverstärkungen abgefallen, als der Leiter der US-Gefängnisbehörde darüber strich. Er habe den Zustand des Gefängnisses demonstrieren wollen, während er dessen Schliessung verkündete. Der Beton in den Wänden sei von breiten Rissen durchzogen, der Stahl sei dermassen korrodiert, dass Insassen sich einfach befreien könnten. Schon damals beschlossen die Behörden, Alcatraz zu schliessen. Eine Renovation wäre zu teuer geworden.
Donald Trump schreibt nun, er weise die Gefängnisbehörde an, gemeinsam mit dem Justizministerium, dem FBI und dem Heimatschutz «ein erheblich vergrössertes und umgebautes Alcatraz wiederzueröffnen», um Amerikas skrupelloseste und gewalttätigste Straftäter unterzubringen.
Ebendiese waren einst auf Alcatraz heimisch. Neben Capone sass hier zum Beispiel George «Machine Gun» Kelly ein, ein skrupelloser Bankräuber und Entführer. Oder Robert Stroud, der «Birdman», dem später ein Hollywood-Klassiker gewidmet wurde. Schwerstverbrecher und Ausbrecherkönige fanden im Verbannungsort Alcatraz ihre Ruhestätte. Von der Insel zu fliehen, galt als unmöglich. Zu gut war diese bewacht, zu stark sind die Meeresströmungen, die sie umgeben. Es ist kein geglückter Fluchtversuch aus Alcatraz bekannt.
Dafür weiss man viel über einen mutmasslich gescheiterten.
Im Juni 1962 gruben sich drei Häftlinge mit Löffeln durch die porösen Mauern. Sie hatten aus Regenmänteln ein Schlauchboot gebastelt, um ans Festland zu schippern. Dort wurden später Teile des improvisierten Bootes angeschwemmt, von den drei Männern aber wurde nie wieder eine Spur entdeckt. Man vermutet, dass die Strömung sie aufs offene Meer hinaustrieb.
Ihre Geschichte wurde mit Clint Eastwood als «Die Flucht von Alcatraz» verfilmt. Sean Connery und Nicolas Cage machten Alcatraz in «The Rock – Fels der Entscheidung» noch berühmter. In dem Actionfilm übernehmen Terroristen die Insel.
Beispiel für Trumps «anhaltend verrücktes Verhalten»
Diese ist durch ihre Vergangenheit zum Mythos geworden. Sie steht als Haftanstalt für das Ende der Freiheit, für extreme Strafverfolgung. Im Gegensatz zu anderen Anstalten stand hier nicht die Besserung der Insassen und deren Resozialisierung im Vordergrund – Alcatraz sollte durch maximale Kontrolle abschrecken. Damit steht es auch für die Sehnsucht nach Ausbruch und Widerstand.
In der Gegenwart ist die Insel ein beliebtes Ausflugsziel. Heute kann jeder, mit richtigen Booten, nach Alcatraz übersetzen und die Insel mit ihren früheren Zellen besichtigen. Donald Trump war offenbar noch nie dort. Zumindest sind keine Besuche von ihm auf Alcatraz bekanntgeworden. Die Wiedereröffnung wäre aber nun ein Symbol für «Recht, Ordnung und Gerechtigkeit», schreibt er auf Truth Social.
Seine Ankündigung sorgt zunächst einmal für Belustigung. Scott Wiener, San Franciscos demokratischer Senator, bezeichnete Trumps Idee laut «New York Times» als «offensichtlich absurd» und als das jüngste Beispiel für das «anhaltend verrückte Verhalten» des Präsidenten. Eine Sprecherin des Gouverneurs von Kalifornien hat laut dem Bericht gelacht, als sie auf Trumps Post angesprochen wurde. «Sieht aus, als wäre in Washington wieder der Tag der Ablenkung», sagte sie.