Carro nervt sich über die Transferverhandlungen um den Innenverteidiger Jonathan Tah. Die Attacke gegen den Münchner Sportdirektor zeigt, dass der FC Bayern nicht mehr unangreifbar ist.
Was wäre der Fussball nur ohne Polemik? Ohne diese Aussagen, die plötzlich eine Dynamik entfalten, die manchmal den Urheber selbst überrascht? Das musste jüngst Fernando Carro erfahren, der Geschäftsführer von Bayer Leverkusen. Gegenwärtig hat er Oberwasser, denn das Team hat in der vergangenen Saison überlegen die deutsche Meisterschaft und dazu den DFB-Cup gewonnen.
Dies allein verschafft offenbar nicht in allen Lebenslagen Gelassenheit. Auf einem Fan-Treffen machte er seinem Ärger über den Bayern-Manager Max Eberl Luft: «Also, ich halte von Max Eberl nichts, absolut nichts. Und ich würde nicht mit ihm verhandeln.»
Carro entschuldigte sich schnell
Als Carro gewahr wurde, dass seine Aussagen Widerhall gefunden hatten, bedauerte er sie laut der «Bild»-Zeitung und erklärte, er sei ein emotionaler Mensch. Das ist durchaus glaubhaft, zumal seine Sätze, getätigt im Augenblick der Verärgerung, nun wirklich nicht gerade sensationell sind.
Das allerdings hinderte den FC Bayern nicht daran, die Sache von einer informellen auf eine offizielle Ebene zu heben. Der Bayern-Vorstandschef Jan-Christian Dreesen liess sich in einer Pressemitteilung zitieren: «Uns hat die persönliche Attacke von Fernando Carro auf Max Eberl enorm irritiert. Das habe ich Fernando Carro in einem persönlichen Gespräch auch mitgeteilt, denn wir können und werden solche unsachlichen Angriffe auf den FC Bayern niemals dulden, geschweige denn akzeptieren.»
«Unsachliche Angriffe werden wir nicht akzeptieren»
Reaktion des Vorstandsvorsitzenden des FC Bayern, Jan-Christian Dreesen, zu Aussagen von Fernando Carro, Vorsitzender der Geschäftsführung von Bayer 04 Leverkusen, über den Sportvorstand des FC Bayern, Max Eberl.
Zu den… pic.twitter.com/Lx1IVAfKbo
— FC Bayern München (@FCBayern) August 14, 2024
Der Grund für Carros Ärger sind die anhaltenden Diskussionen um einen Transfer des Leverkusener Innenverteidigers Jonathan Tah. Die Bayern würden den 28-Jährigen gerne unter Vertrag nehmen – eine Ablösesumme von 25 Millionen Euro zuzüglich Boni steht im Raum. Allerdings wollten die Bayern erst Platz im Kader schaffen, was ihnen Anfang dieser Woche gelang, als Noussair Mazraoui und Matthijs de Ligt zu Manchester United weiterzogen. Zu diesem Zeitpunkt hatte Carro seine Meinung zu Eberl allerdings bereits herausposaunt.
Nun stellt sich die Frage, warum die Bayern die ganze Geschichte noch einmal thematisieren, obwohl es bereits ein persönliches Gespräch mit dem Leverkusener Geschäftsführer gegeben hat. Ein Grund könnte sein, dass es für den eher zurückhaltenden Dreesen eine willkommene Gelegenheit war, sich als mächtigen Mann der Bayern zu präsentieren. Denn in den vergangenen Wochen hatte vor allem der Ehrenpräsident Uli Hoeness für Gesprächsstoff und Erheiterung gesorgt, als er zum wiederholten Male gegen die Bayern-Legende Lothar Matthäus austeilte, einen unermüdlichen Kritiker des Klubs.
Fluktuation in der Bayern-Führung
Was Hoeness allerdings auch betonte: Bevor Verpflichtungen getätigt würden, müssten erst Spieler abgegeben werden – ein Indiz dafür, dass die Bayern nun genauer in die Bücher schauen, zumal das Kader inzwischen horrende Personalkosten verursacht.
Schaden hat die Angelegenheit in jedem Fall angerichtet. Der Manager Eberl wurde dadurch desavouiert. An diesem Detail zeigt sich auch, dass die Bayern längst nicht mehr so unangreifbar wie früher sind: Als Hoeness die Geschäfte führte, wäre solch eine Aussage eines Konkurrenten nur schwer vorstellbar gewesen. Das hat einen Grund. Früher konnte man sich relativ sicher sein, dass man mit den Verantwortlichen der Bayern auch zukünftig noch ein gutes Verhältnis würde pflegen müssen. Mittlerweile aber gibt es in der Bayern-Führungsetage eine gewisse Fluktuation.