Der Entscheid aus Washington dürfte im Zusammenhang mit den jüngst verhängten Zöllen auf chinesische Waren stehen. Die Leidtragenden sind E-Commerce-Plattformen, aber auch die amerikanischen Konsumenten.
Für amerikanische Konsumenten brechen bittere Zeiten an, denn mit dem günstigen Online-Shopping auf chinesischen E-Commerce-Plattformen wie Shein, Temu und Alibaba ist es vorerst vorbei. Die USA lassen seit Dienstag keine Paketlieferungen aus China und Hongkong mehr ins Land.
Hintergrund der Blockade ist mit grosser Wahrscheinlichkeit der jüngste Entscheid des amerikanischen Präsidenten Donald Trump, die Zölle auf Warenlieferungen aus China um zehn Prozentpunkte zu erhöhen. Teil dieser Executive Order ist auch ein Paragraf, demnach die USA die geltende Zollbefreiung für Kleinstlieferungen mit einem Wert von bis zu 800 Dollar aufheben.
Die sogenannte De-Minimus-Ausnahme hatte chinesischen Onlinehändlern in der Vergangenheit ein rasantes Wachstum in den USA beschert. Vor allem die Plattformen Shein und Temu, die weltweit Modeartikel zu Tiefstpreisen anbieten, machten in den USA gute Geschäfte.
Die Leidtragenden der neuen Regelung dürften neben den chinesischen Online-Händlern vor allem amerikanische Haushalte mit niedrigem Einkommen sein. Die Zeiten, in denen diese T-Shirts für zwei Dollar oder Mäntel für acht Dollar kaufen konnten, sind vorbei.
Amazon unter Verdacht
«Die Abschaffung der Ausnahmeregelung wird spürbare Folgen haben», sagte Jayant Menon, Experte am ISEAS-Yusof Ishak Institute in Singapur, der Zeitung «South China Morning Post». Menon glaubt, amerikanische Firmen wie Amazon hätten auf die Abschaffung gedrängt, weil der Druck durch Plattformen wie Shein und Temu immer grösser geworden sei.
Die grössten Opfer der Neuregelung seien allerdings die amerikanischen Haushalte, die bislang von günstigen Produkten aus China profitiert hätten. «Die Aufhebung der Zollbefreiung wird die Vermögen der Konsumenten schmälern», sagte Menon.
Während der vergangenen Jahre stieg die Zahl der Warenlieferungen in die USA im Rahmen der De-Minimus-Regelung um 600 Prozent. Im Jahr 2024 fanden rund eine Milliarde Pakete den Weg nach China. Den gesamten Warenwert schätzen Experten auf rund 100 Milliarden Dollar. Der überwiegende Teil geht auf das Konto chinesischer Anbieter.
Die Abschaffung der Ausnahmeregelung trifft in erster Linie Hersteller von Unterhaltungselektronik, Hausgeräten und Bekleidung. Diese Waren machen den grössten Teil der amerikanischen De-Minimus-Importe aus. Im vergangenen Jahr lag das amerikanische Importvolumen dieser Produktgruppen bei 300 Milliarden Dollar.
Für die chinesischen E-Commerce-Plattformen ist der Entscheid Trumps ein schwerer Schlag. Sie hatten in den vergangenen Jahren verstärkt auf das Auslandsgeschäft gesetzt, weil die chinesischen Konsumenten im Zuge der Wirtschaftsflaute mit sinkenden oder stagnierenden Salären und der Angst vor Jobverlusten ihr Geld zusammenhalten.
Rückläufige Umsätze bei chinesischen E-Commerce-Firmen
Die grossen Plattformen Taobao und T-Mall sowie der Onlinehändler JD verzeichneten im vergangenen Jahr sinkende Umsätze. Einige der chinesischen Online-Händler mussten bereits Mitarbeiter entlassen.
Trump hatte am vergangenen Wochenende eine Anhebung der Zölle um zehn Prozent für Waren aus China angekündigt. Nachdem die erhöhten Abgaben am Dienstag in Kraft getreten waren, konterte China mit Gegenzöllen, unter anderem auf amerikanisches Flüssiggas und Kohle.
Die neuen Zölle der chinesischen Regierung werden der chinesischen Wirtschaft nur geringen Schaden zufügen, denn China importiert nur geringe Mengen an Flüssiggas und Kohle aus den USA. Die begrenzte Wirkung der chinesischen Zölle dürfte eine bewusste Entscheidung gewesen sein, denn Peking will eine Eskalation des Handelsstreits vermeiden.
Nach Angaben des Weissen Hauses wollen Trump und der chinesische Staatschef Xi Jinping in den kommenden Tagen miteinander telefonieren.