Der Hersteller von Tastaturen und Mäusen beeindruckt mit hohem Gewinn. Aber die Firmenchefin Hanneke Faber will keine falschen Hoffnungen wecken. Das wird bestraft.
Die Herstellung von Computermäusen, Tastaturen und Webcams ist keine Zauberei. Dennoch beherrscht Logitech, der weltweite Marktführer, einen Zaubertrick: Der Konzern macht aus weniger mehr. Seit Ende 2021 sinken Logitechs Umsätze jedes Quartal gegenüber dem Vorjahresquartal. Doch seit Mitte 2023 gelingt es der Firma, trotzdem mehr Gewinn zu erwirtschaften. Möglich ist das, weil die Kosten sehr gut im Zaum gehalten werden. Diese operative Disziplin überrascht auch Fachleute.
Logitech kann diesen Lichtblick gut gebrauchen. Grosse Aufgaben liegen vor dem Konzern, der ein sehr turbulentes Jahr 2023 erlebt hat. Es kulminierte im Dezember mit dem Antritt von Hanneke Faber als neuer Chefin. Faber startet mit Rückenwind: Der Betriebsgewinn des Unternehmens mit Sitz in Lausanne kletterte im letzten Quartal des vergangenen Jahres auf 222 Millionen Dollar. Das sind 26 Prozent mehr als im Schlussquartal 2022.
Zu wenig Zuversicht: Der Aktienkurs stürzt ab
Die Anleger sind dennoch nicht zufrieden. Logitech-Aktien haben am Dienstag trotz dem guten Ergebnis 9 Prozent an Wert eingebüsst. Am Mittwoch setzten sie den Rückgang fort und verloren am Vormittag weitere 2 Prozent auf 74 Franken.
Die entscheidende Frage konnte Faber nämlich noch nicht beantworten: Wann wird Logitech wieder den Umsatz steigern? Wegen der unsicheren wirtschaftlichen Gesamtlage sei das schwierig zu sagen, räumte die 55-Jährige in einer Stellungnahme ein.
Diese Vorsicht mag an der Börse überrascht haben, denn die ersehnte Talsohle scheint sich abzuzeichnen: Der Umsatz betrug von Oktober bis Dezember knapp 1,3 Milliarden Dollar, nur noch 1 Prozent weniger als im Vorjahresquartal. Das ist ein Zeichen der Besserung. Das schweizerisch-amerikanische Unternehmen erhöhte deshalb die Erwartungen für das ganze Geschäftsjahr, das noch bis Ende März 2024 dauert. Logitech ist optimistisch, den Umsatzrückgang in den vollen zwölf Monaten auf maximal 7 Prozent einzudämmen.
Eigentlich müssten Investoren Fabers vorsichtigen Tonfall begrüssen. Er ist ein deutlicher Kontrast zum Auftritt des früheren CEO Bracken Darrell, der im Juni 2023 überraschend seinen Hut nahm. Der Amerikaner war ein grosser Optimist – auch dann noch, als der Corona-Boom in sich zusammenfiel.
Im Frühjahr 2020 waren Logitechs Verkäufe in die Höhe geschossen, als sich Büroangestellte für die Heimarbeit rüsteten und Firmen in Videokonferenz-Ausrüstung investierten. Auch Gaming-Zubehör fand reissenden Absatz, denn die Freizeitmöglichkeiten waren während der Lockdowns begrenzt.
Bringen branchenfremde Chefs Glück?
Mit dem Ende der Pandemie endeten die goldenen Zeiten für Logitech. Dem seit zehn Jahren amtierenden Darrell wurde vorgeworfen, neben der Hoffnung auf ein Revival keine Strategie zu haben. Wirtschaftliche Unsicherheit und Rezessionssorgen liessen die Firmen zögern, weiter in Videoausrüstung zu investieren; Privatkunden hielten sich wegen der Inflation zurück. Der Logitech-Mitgründer Daniel Borel konstatierte, das Unternehmen habe die Zügel schleifen lassen, und schoss scharf gegen den Verwaltungsrat.
Seit Darrells Abgang ging es mit dem Aktienkurs wieder klar aufwärts. Fabers Vorsicht könnte nun auch Anlass für Anleger gewesen sein, Kursgewinne mitzunehmen. Selbst im Verhältnis zum höheren erwarteten Firmengewinn seien die Aktien deutlich teurer gewesen als im zehnjährigen Durchschnitt, kommentierte die Bank Baader Helvea. Gegenwärtig gebe es für den Kurs mehr Risiken als Chancen.
Die Niederländerin Faber kommt wie seinerzeit Darrell nicht aus der Computer-, sondern aus der Konsumgüterbranche. Sie leitete zuletzt die Lebensmittelsparte von Unilever und hatte zuvor unter anderem, ähnlich wie Darrell, bei Procter & Gamble gearbeitet.
Wenn der Blick von aussen ein Faktor für den Erfolg von Logitech ist, stehen Fabers Chancen gut. Die internen Hausaufgaben sind gemacht: Die Kosten sind niedrig, der Cashflow ist hoch, Logitech ist schuldenfrei. Jetzt müssen nur die Kunden wieder mitspielen – doch der Wettbewerb bei Peripheriegeräten ist intensiv. Behaupten muss sich Logitech unter anderem gegen Microsoft, HP, Dell und Asus. Die UBS befürchtet auch eine stärkere Konkurrenz durch Apple, Sony und Cisco.
Logitech sollte einen Preiskampf vermeiden
Traditionell ist Logitech stark bei Privatkunden. Gaming-Zubehör ist die wichtigste Produktgruppe. Aufgrund des hohen Wettbewerbs ist die Preissetzung entscheidend – ein Teil des guten Betriebsergebnisses im vergangenen Quartal geht darauf zurück, dass Logitech in den USA weniger Rabatte einräumen musste. Die Firma wird für ihre Designs gelobt. Faber muss dafür sorgen, dass es so bleibt, um nicht in einen Preiskampf hineingezogen zu werden.
Die Preise sind auch für viele Firmenkunden ein wichtiges Argument. Sie müssen genau abwägen, wofür sie ihr Geld ausgeben. Im Computerbereich haben Cybersicherheit und neuerdings oft auch künstliche Intelligenz Vorrang. Es müsse wohl zu einer umfassenden Erneuerung der installierten Hardware-Basis kommen, um Logitech zurück zu jährlichen Wachstumsraten von bis zu 10 Prozent zu verhelfen, kommentierte die Helvetische Bank.
Langfristig sei es logisch zu erwarten, dass jeder Konferenzraum mit Videoausrüstung ausgerüstet werde, sagte der Logitech-Finanzchef Chuck Boynton. Doch es sei nicht garantiert, dass dies schon im nächsten Jahr geschehe. Unternehmen wollten erst das richtige Modell für hybrides Arbeiten finden und ihren Bürobestand fixieren, bevor sie in mehr Konferenzsysteme investierten. Der Büroleerstand in den USA habe Ende 2023 ein Rekordniveau erreicht. Das klingt, als würde Logitech die operativen Zauberkünste noch eine Weile brauchen.