Auf China-Zölle war Logitech vorbereitet. Aber Trumps Rundumschlag gegen Asien kann den Computermäuse-Riesen bis ins Mark treffen.
Manchmal kann man in diesen Tagen nur resignieren. Hanneke Faber, die Chefin des Computermäuse-Herstellers Logitech, hat jetzt die Segel gestrichen. Logitech hatte damit gerechnet, im laufenden Geschäftsjahr bestenfalls 4,7 Milliarden Dollar umzusetzen. Aber diese Prognose gilt nicht mehr. Der Konzern mit Sitz in Lausanne nahm sie zurück und traut sich keinerlei Ausblick mehr zu.
Finanzanalysten, die sonst für jede Prognose dankbar sind, zeigen Verständnis. Denn das Verhalten eines irrlichternden Donald Trump lässt sich nicht vorhersehen – und was Trump tut, ist für Logitech von essenzieller Bedeutung. Der vom amerikanischen Präsidenten angezettelte Zollstreit trifft den weltgrössten Produzenten von Tastaturen, Mäusen, Gaming-Controllern, Webcams und Ausrüstung für Videokonferenzen bis ins Mark.
Logitech wappnete sich für China-Zölle – das ist zu wenig
Logitechs Aktienkurs ist seit Ende Februar um knapp 40 Prozent eingebrochen. Für den Konzern geht es um mehr als um amerikanische Zölle auf Importe aus China. Zwar lässt Logitech genau wie viele andere Elektronikhersteller in China produzieren, und das im grossen Stil für den Export. Aber das Unternehmen, das rund 36 Prozent seines Umsatzes in den USA erzielt, war nicht untätig und hat in den vergangenen Jahren die Lieferketten diversifiziert.
Die Tage, als fast alle Logitech-Produkte aus China kamen, seien lange vorbei, versicherte Hanneke Faber im Februar im Gespräch mit der NZZ. Heute seien es etwas weniger als die Hälfte. «Die USA sind unser grösster Markt, aber dort ist der China-Anteil nochmals geringer. Wir können ihn weiter senken, wenn es nötig ist», versicherte Faber. Inzwischen ist klar: Das ist nötig.
Doch seit Trump nicht nur mit China streitet, sondern mit seinen sogenannten «reziproken» Zöllen auf viele Länder Asiens zielt, sind die Karten neu gemischt. Zwar sind diese Zölle derzeit bis auf einen Basiswert von 10 Prozent ausgesetzt – doch es ist offenkundig, dass der Präsident der USA die Länder im Visier hat. Leider sind es genau jene, in die Logitech seine Produktion aus China verschoben hat. Derweil fertigt das Unternehmen überhaupt nicht in den USA.
Ausser in China produziert Logitech in Vietnam; für das Land stand zeitweilig ein US-Zoll von 46 Prozent im Raum. Weitere Standorte sind in Taiwan (32 Prozent Zoll), Thailand (36 Prozent), Malaysia (24 Prozent) und Mexiko.
Die grössere Sorge: Bricht die Nachfrage ein?
Als im März «nur» Zölle gegen Mexiko und China absehbar waren, und das zwischen 20 und 25 Prozent, stellte Logitech einen Dämpfer für den Betriebsgewinn von 100 Millionen Dollar in Aussicht. Schon das wäre nicht wenig. Zum Vergleich: Für das Ende März 2025 abgeschlossene Geschäftsjahr erwartet Logitech einen Betriebsgewinn von bis zu 770 Millionen Dollar.
Allerdings würde die Einbusse nur dann so hoch ausfallen, wenn Logitech nicht gegensteuert, beteuerte das Unternehmen seinerzeit. Stattdessen will es mit Effizienzsteigerungen, Preiserhöhungen für Kunden oder erzwungenen Preisnachlässen von Lieferanten versuchen, den Schaden zu begrenzen.
Angesichts der jetzt drohenden, deutlich höheren und breiteren Zölle dürften diese Schritte umso dringender sein. Immerhin bietet der abgeschwächte Dollar etwas Spielraum. In den Lokalwährungen muss sich Logitech nun weniger anstrengen, um denselben Effekt in Dollar zu erzielen.
Es gibt jedoch noch ein anderes, potenziell grösseres Problem: Zwar habe Logitech dank seiner führenden Position eine gute Preissetzungsmacht, wie die UBS in einer Analyse betont. Doch die Hauptsorge seien nicht direkt die Zölle, sondern die globale Nachfrage nach den Logitech-Produkten. Sollte die Weltwirtschaft Schaden nehmen, könnten Konsumenten sich bei Ausgaben für Elektronik zurückhalten.
Faber baut auf, Trump reisst ein
Denn warum sollten die Kunden in Zeiten grosser Unsicherheit eine neue Tastatur oder Webcam anschaffen, wenn die alten Geräte es noch tun? Die Geschichte mahnt zur Vorsicht: Logitechs Umsätze hätten in früheren Rezessionen stark gelitten, wie die Zürcher Kantonalbank (ZKB) hervorhebt. In der Finanzkrise der Jahre 2008/09 betrug der Rückgang 24 Prozent, in den zwei Jahren nach dem Corona-Boom fast ebenso viel.
Die Turbulenzen zum Ende der Pandemie sorgten für den CEO-Wechsel an der Spitze des Konzerns. Der seit Ende 2023 amtierenden Chefin Hanneke Faber ist es gelungen, das Steuer herumzureissen. Logitech kam wieder auf Wachstumskurs, der Geschäftsausblick wurde laufend verbessert. Auch die Aktien fingen sich.
Der Konzern dürfte den Umsatz nach eigenen Angaben im Geschäftsjahr bis Ende März 2025 auf bis zu 4,6 Milliarden Dollar gesteigert haben. Das würde ein Plus von rund 6 Prozent bedeuten. Diese Schätzung tastete Faber jetzt auch nicht an. Details zum Jahresabschluss folgen Ende April. Aber in der Handelswelt von morgen ist das bereits heute Schnee von gestern.