Terrordrohungen könnten die pompöse Zeremonie in Paris platzen lassen. Der französische Präsident hofft, dass Zehntausende von Sicherheitsleuten helfen, dieses Szenario zu verhindern.
In hundert Tagen beginnen die Olympischen Sommerspiele in Paris. Ein hochsymbolischer Akt erfolgte bereits am Dienstag: In den Ruinen des Hera-Tempels von Olympia hat die griechische Schauspielerin Mary Mina die olympische Flamme entzündet. Ihr Landsmann Stefanos Ntouskos, Olympiasieger im Rudern 2021, übernahm das Feuer als erster Fackelläufer. Die Flamme wird nun elf Tage durch Griechenland getragen, bevor der Dreimaster «Belem» sie an Bord nimmt. Am 8. Mai soll das olympische Feuer in Marseille ankommen.
Die Flamme konnte nicht wie üblich mithilfe von Sonnenstrahlen in einem Brennkessel entzündet werden, weil der Himmel bedeckt war. Die Organisatoren der Olympischen Spiele hoffen, dass das kein böses Omen ist. Wie Frankreichs Präsident Emmanuel Macron am Montag in einem Interview mit dem Fernsehsender BFM TV sagte, ist sein Land aber auf sämtliche Eventualitäten vorbereitet.
Das betrifft insbesondere auch die Eröffnungsfeier. Sie soll besonders pompös werden. Geplant ist, dass die nationalen Sportlerdelegationen in 94 Schiffen auf der Seine an Hunderttausenden von Zuschauern vorbeifahren, vom Pont d’Austerlitz in der Nähe der Bastille bis zum Eiffelturm. «Das ist eine Weltpremiere», sagte Macron. Und betonte seinen Willen, die Veranstaltung im grossen Rahmen durchzuziehen.
🔥 The Olympic flame for #Paris2024 is lit!#Paris2024 | @Paris2024 pic.twitter.com/1odw4ga9G0
— The Olympic Games (@Olympics) April 16, 2024
Riesige Sicherheitszone entlang der Seine
Derzeit gilt in Frankreich die höchste Terrorwarnstufe. «Die Terroristen wollen uns am Träumen hindern, das wäre ihr grösster Sieg», sagte Macron. Die Geheimdienste und die Polizei würden aber alles tun, um die Feier zu schützen. So gibt es entlang des Flusses eine Sicherheitszone. In dieser ist das Autofahren verboten, und die Zuschauer und Anwohner kommen nur mit einem QR-Code hinein. Zu dieser Sicherheitszone, die bereits eine Woche vor der Eröffnungsfeier installiert wird, gehören auch das Marsfeld, der Louvre und die Tuilerien.
15 Metrostation bleiben geschlossen. 30 000 Polizisten und 20 000 private Sicherheitsleute werden im Einsatz stehen. Dennoch gibt es für den Fall von terroristischen Bedrohungen auch einen Plan B und einen Plan C, die laut Macron parallel vorbereitet werden. Die Eröffnungsfeier könnte auf den Trocadéro, die Anlage gegenüber dem Eiffelturm auf der anderen Seine-Seite, beschränkt werden – oder im schlimmsten Fall sogar nur im Stade de France über die Bühne gehen.
Die Seine steht nicht nur wegen der Eröffnungsfeier im Fokus. Eines der Versprechen der Organisatoren der Sommerspiele war es, die Wasserqualität im Fluss so stark zu verbessern, dass man darin wieder baden kann. Und dass die Freiwasserschwimm-Wettbewerbe und der Schwimmteil des Triathlons in der Seine stattfinden können. Der Staat hat in dieses Unterfangen rund eine Milliarde Euro investiert.
Doch ob das Wasser im Sommer genug sauber sein wird, ist mehr als fraglich. Letzte Woche hat eine NGO eine Untersuchung publiziert, laut der die Konzentration von Fäkalbakterien in der Seine immer noch viel zu hoch ist. Die Brasilianerin Ana Marcela Cunha, Olympiasiegerin über die 10 Kilometer Freischwimmen in Tokio, hatte bereits zuvor klargemacht, dass sie keine grosse Lust hat, in den Fluss zu springen – und von den Organisatoren verlangt, dass sie Alternativen prüfen.
Doch Emmanuel Macron lässt sich davon nicht beirren. Er werde sein Versprechen, das er Ende Februar gemacht habe, halten und in die Seine hüpfen, sagte er im TV-Interview. Der Fluss sei rechtzeitig auf die Spiele hin parat, versicherte der Präsident. «Dass man in der Seine und auch in der Marne baden kann – das wird eines der grossen Vermächtnisse dieser Spiele sein.»
Macron sprach auch über die geopolitische Situation, die einen Schatten auf die sportliche Grossveranstaltung wirft – darunter die drohende Eskalation des Konflikts in Nahost nach der iranischen Drohnenattacke auf Israel. Er wolle alles dafür tun, einen «olympischen Waffenstillstand» zu erreichen, erklärte der Präsident. Und meinte damit sowohl den Krieg in Gaza als auch jenen in der Ukraine. Die Friedensoffensive will Macron mit dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping besprechen, der in einigen Wochen Frankreich besuchen werde.
Israel nicht wie Russland behandeln
Forderungen, Israel wegen der Angriffe in Gaza genauso von den Spielen auszuschliessen wie Russland, lehnt Macron dezidiert ab. Das seien zwei völlig unterschiedliche Fälle. Russland führe seit mehr als zwei Jahren einen Angriffskrieg gegen die Ukraine, während Israel am 7. Oktober zum Opfer einer Terrorattacke geworden sei.
Darüber hinaus dementierte Macron, dass er einer der Läufer sein wolle, die die olympische Flamme auf ihrem Weg durch Frankreich tragen werden. Er äusserte seine Hoffnung, dass Kylian Mbappés künftiger Klub den Superstar des französischen Fussballs am olympischen Turnier spielen lasse – ob es nun PSG oder Real Madrid sein wird. Und er bestätigte, dass Aya Nakamura an der Eröffnungsfeier singen wird.
Die in Mali geborene und in einer Pariser Banlieue aufgewachsene R&B-Künstlerin ist die meistgehörte frankofone Sängerin. Doch für die extreme Rechte ist sie nicht französisch genug, hat eine wie sie nichts verloren an der Eröffnungsfeier. Diese rassistischen Reaktionen hätten ihn schockiert, sagte Macron.