Ab ins olfaktorische Wasser: wieso Düfte mit maritimen Noten sich gerade wieder grosser Beliebtheit erfreuen.
Das Meer macht selbst den verwöhntesten Touristen schnell klar, wer hier die Chefin ist: die Natur. Wie absurd, dass gerade die olfaktorische Liebe zum Wasser sich nur in synthetischen Noten ausdrücken kann. Calone 1951 heisst das Molekül, das Parfums den charakteristischen, leicht salzigen, frischen Duft verleiht, den wir mit aquatischen Noten verbinden. Synthetisiert wurde es bereits 1966, aber erst 22 Jahre später wurde es wirklich bekannt.
Das Eau de Toilette «Davidoff Cool Water», lanciert 1988, kann als Vater aller maritimen Parfumvariationen gelten, die danach auf den Markt kamen. Ihre klaren, sauberen Noten passten zur minimalistischen Ästhetik der Zeit, und sie hoben sich ab von den opulenten Düften der 1980er Jahre. Bis heute hat der Davidoff-Duft in verschiedenen Variationen eine treue Fangemeinde; auch die Kommunikation ist der Neunziger-Ästhetik treu geblieben.
Da sich gerade alles, was aus den neunziger und den nuller Jahren kommt, grosser Beliebtheit erfreut, haben auch frisch lancierte aquatische Düfte wieder ihren grossen Moment. Neu ist aber: Sie schlagen auch sinnlichere Töne an und kombinieren die Frische des Meers mit wärmeren Noten wie Holz, Moschus und Vanille. Nicht nur deshalb eignen sie sich nicht nur für Herren; die frischen, abenteuerlichen Noten qualifizierten sie einst für diese Klischee-Schublade.
Bei aller Vintage-Nostalgie fordert der Zeitgeist aber auch seinen Tribut: gerade tonangebende Nischenduftlabels haben es längst aufgegeben, Parfums anders als Unisex zu labeln, und auch die teuren Linien grosser Luxushäuser sind mittlerweile für alle ausgeschrieben. Und das sicher nicht nur aus Wokeness-Gründen, sondern auch aus wirtschaftlichen – erschliesst man sich doch so eine doppelt so grosse Zielgruppe pro Flakon.