Das grösste spanischsprachige Land wählt am 2. Juni. Hinter der aktuellen Gewaltwelle werden Drogenbanden vermutet, die ihre Macht über die Politik weiter ausbauen wollen.
Noch sind es gut zehn Tage bis zu den Wahlen in Mexiko. Doch das lateinamerikanische Land dürfte bereits jetzt den blutigsten Wahlkampf seiner Geschichte erlebt haben. Bisher seien 70 Personen im Zusammenhang mit den Wahlen ermordet worden, davon 33 Kandidaten, berichtet die Organisation Laboratório Electoral, die Daten rund um den Urnengang erhebt. Für den Wahlkampf 2021 hatte die Organisation 30 ermordete Kandidaten angegeben, im Wahlkampf des Jahres 2018 seien es 24 gewesen.
Hinter der Gewaltwelle werden kriminelle Banden vermutet, die unliebsame Kandidaten aus dem Weg räumen um den eigenen Einfluss zu stärken. Auch schicken sie ihre eigenen Kandidaten ins Rennen oder bestimmen, wer überhaupt antreten darf. So vergeht derzeit kaum ein Tag ohne Angriffe auf Wahlkämpfer, Drohungen und Entführungen. Immer mehr verängstigte Kandidaten ziehen ihre Bewerbung zurück. Betroffen sind sowohl Kandidaten der linken Morena-Partei von Staatspräsident Andrés Manuel López Obrador wie auch Oppositionskandidaten.
Gewaltwelle im Süden
Ein Zentrum dieser Gewalt ist derzeit der südliche Gliedstaat Chiapas, der ärmste in ganz Mexiko. Hier wurden Ende letzter Woche innerhalb von nur vier Tagen fünfzehn Personen im Kontext des Wahlkampfs ermordet. Am Freitag waren in der Stadt La Concordia eine Kandidatin für das Bürgermeisteramt sowie fünf Mitglieder ihres Wahlkampfteams erschossen worden. Am Samstag wurden bei einem Anschlag auf einen Kandidaten in Villacorzo drei Mitarbeiter getötet, am Sonntag starben fünf Wahlkampfhelfer in der Stadt Mapastepec und ein Politiker in Rincón Chamula.
Der Gliedstaat leidet bereits seit 2021 unter Kämpfen zwischen rivalisierenden Drogenbanden, die ihre Macht zunehmend auf die Politik ausweiten. Inmitten der Gewaltwelle haben alleine in Chiapas laut der dortigen Wahlbehörde bereits rund 500 Kandidaten ihre Bewerbung zurückgezogen, die Mehrheit davon Frauen. Die katholische Kirche in Chiapas erklärte zuletzt, dass in einigen Regionen des Gliedstaates die Wahlen aufgrund der Gewalt schlicht nicht durchzuführen seien.
Staatspräsident López Obrador hatte dagegen den Medien vorgeworfen, Berichte über Gewalt aus Sensationslust bewusst hochzuspielen. So sei die Gewalt im Vergleich zu früheren Wahlen sogar zurückgegangen, erklärte der Präsident, ohne jedoch konkrete Zahlen zu nennen. Mexiko sei durchaus in der Lage, freie Wahlen durchzuführen, bekräftigte er.
Das Leben als Politiker ist gefährlich
Dabei zeigen Daten der Organisation Data Cívica, dass auch ausserhalb des Wahlkampfs Politiker in Mexiko gefährlich leben. Demnach erreichten die Morde an Politikern im vergangenen Jahr mit 353 einen Höchststand. Meist handelt es sich dabei um Lokalpolitiker in von Drogenbanden umkämpften Gebieten, wie die Gliedstaaten Guerrero oder Oaxaca. Politiker der regierenden Morena-Partei von Staatspräsident López Obrador sind dabei überproportional häufig Opfer, was daran liegen dürfte, dass sie auch in deutlich mehr Regionen Regierungsverantwortung tragen.
Bei den Präsidentschafts-, Parlaments- und Regionalwahlen sind rund 100 Millionen Einwohner wahlberechtigt. Das Präsidentenamt wird für eine sechsjährige Amtszeit ohne die Möglichkeit zur Wiederwahl besetzt. Die Kandidatin von Präsident López Obradors Morena-Partei, Claudia Sheinbaum, führt derzeit in den meisten Umfragen deutlich vor den Oppositionskandidaten Xóchitl Gálvez und Jorge Álvarez Máynez. Das neugewählte Staatsoberhaupt übernimmt am 1. Oktober die Amtsgeschäfte.
Zudem wird in neun der 32 Gliedstaaten das Gouverneursamt neu besetzt und in 31 Gliedstaaten auch ein neues Lokalparlament gewählt. Laut Informationen des Nationalen Wahlinstituts werden bei den Wahlen insgesamt rund 21 000 Ämter neu besetzt.