Der Stadtzwerg bringt in zweiter Generation frischen Wind in die Welt der Elektroautos. Mit einer klaren, reduzierten Gestaltung setzt er neue Massstäbe. Doch wie schlägt er sich im Alltag, und was bietet der Innenraum?
Seit 1959 steht die Automarke Mini für kleine Flitzer, die sich fahren wie ein Gokart. Auch die neue Generation des mittlerweile nicht mehr so kleinen Viersitzers setzt auf die guten alten Qualitäten, allerdings kombiniert mit neuster Technik. Im Fall des Mini Cooper E und seines sportlichen Bruders Mini Cooper SE handelt es sich um einen frischen Elektroantrieb mit Batterie. Bei Reichweite und Leistung hebt er sich deutlich von seinem Vorgänger von 2020 ab.
Zunächst fällt auf, dass der neue Mini in der Karosserie auf alle Chromelemente verzichtet. Stattdessen gibt es glatte Flächen ohne Zierleisten, Falten oder Sicken. Der typische Frontgrill bleibt fast unverändert, die runden Scheinwerfer sind wegen ihres feinen schwarzen Rands, umgeben von flächigem Blech, noch auffälliger als bisher. Ganz neu sind die Rückleuchten nicht mehr rechteckig, sondern dreieckig gestaltet. Sie lassen sich per Vorwahl im Cockpit mit verschiedenen Leuchtengrafiken bespielen – das zuletzt typische Muster der britischen Flagge ist kein Muss mehr.
Auch innen gibt sich der neue Mini weniger verspielt und klarer gestaltet. Den Armaturenträger dominiert wie bisher ein grosses zentrales Rundinstrument. Dieses ist nun jedoch ein Oled-Display, das sich in verschiedenen Stilen anzeigen lässt. Anders als noch beim ersten Mini von 1959 gibt es kein Kombi-Instrument hinter dem Lenkrad – zum Ausgleich aber ein Head-up-Display, das alle wichtigen Fahrdaten in die Frontscheibe projiziert. Unterhalb des Rund-Bildschirms dienen fünf Kipphebelschalter für Starter-Schlüssel, Gangwahl, Lautstärke, Parkierbremse und Fahrprogramm-Wahl.
Ein besonderer Clou ist das aus rezykliertem Polyester direkt auf den Armaturenträger gewobene Material – es muss also nicht erst gewoben und dann aufgezogen werden. Zwei Sitzvarianten stehen zur Wahl, eine für den Alltag und eine deutlich sportlichere mit mehr Seitenhalt. Auf allen Plätzen sitzt man ausreichend komfortabel und erhält genügend Kopf- und Beinfreiheit. Ein kleines Minus: Der Lenkradkranz ist etwas gar dick geraten, dadurch leidet das Lenkgefühl beim Fahren.
Unterschiede zwischen nasser und trockener Fahrbahn
Der Mini Cooper SE lässt sich sehr präzis lenken, das zeigen die ersten Testfahrten. Die Traktion dieses an der Vorderachse angetriebenen Elektro-Mini hingegen ist auf nasser Fahrbahn unterdurchschnittlich. Wählt man bei Regenwetter das Fahrprogramm «Go-Kart», wird der kleine Stromer mit stark durchdrehenden Rädern gar fast unfahrbar.
Auf trockenem Asphalt ergibt sich ein anderes Bild: Die Beschleunigung gelingt dann in allen Fahrprogrammen schlupffrei und zügig. Andere Elektroautos können dies jedoch noch eine Spur dynamischer. Das vermag zu erstaunen, denn mit 218 PS ist der knapp 1,7 Tonnen schwere Cooper SE ausreichend motorisiert.
Vielleicht ist die Leistungselektronik, was die Kraftentfaltung angeht, absichtlich etwas zurückhaltender programmiert als bei der Stromer-Konkurrenz. Dies kommt der Batteriereichweite zugute. Der mit knapp 50 Kilowattstunden eher kleine Akku bringt den Mini Cooper SE immerhin 400 Kilometer weit – dies am besten im «Green Mode», der auf maximale Reichweite ausgelegt ist.
In Kurven sowie beim Bremsen oder Beschleunigen legt der Wagen dank straffem Fahrwerk kaum Wankbewegungen an den Tag. Er fährt sich – wie versprochen – wie ein Gokart. Zum guten Fahrverhalten trägt die leicht vergrösserte Spurbreite genauso bei wie die breiten Reifen und die im Boden verbaute Batterie, deren Gewicht für einen tiefen Schwerpunkt sorgt.
Reduzierter Innenraum und nervige Klangwelten
Je nach Fahrprogramm, im Mini-Sprech «Experience Mode», ändert sich die Darstellung des Rundinstruments, aber es werden während der Fahrt auch unterschiedliche Klangwelten angeboten. Viele der Klänge sind etwas gar synthetisch und können beim Fahren stören, doch sie können auch abgeschaltet werden. Optisch am hübschesten das «Timeless»-Programm im Stil der späten 1950er Jahre, am ausgewogensten «Vivid», am sportlichsten «Go-Kart».
Optional gibt es einen Parkierassistenten, der den Mini dank 12 Ultraschall-Sensoren und vier Rundum-Kameras automatisch einparkieren lässt, und das auch in knapp bemessene Lücken. Per «Explore Mode» ist dies auch von aussen mit dem Smartphone möglich, etwa wenn es zum Ein- und Aussteigen zu wenig Platz gibt.
Technik und Gokart-Fahrspass des neuen Mini Cooper E und seines Sportbruders SE sind allerdings nicht günstig. Die Preise beginnen beim Einstiegsmodell Cooper E in der Basisausstattung Essential Trim bei 40 690 Franken. Wählt man die maximale Ausrüstung im Cooper SE im John Cooper Works Trim, bezahlt man 55 120 Franken. Für einen elektrischen Kleinwagen ist das viel Geld.
Die Testfahrten erfolgten mit Unterstützung von Mini.