Der Spitzenkoch hat Chips abgeschworen – aber nicht der Kartoffel. Warum die Knolle besser ist als ihr Ruf, wann sie wirklich gesund ist und wie man sie richtig zubereitet. Plus: ein Rezept von Tim Raue.
Tim Raue hält sich den Bauch. «Ich liebe Kartoffeln», sagt er. «Früher gerne nach dem Feierabend ein paar Fritten oder als Chips.» Die Liebe zur Kartoffel ist ihm geblieben, die Zubereitung hat sich allerdings verändert. Wir treffen den Spitzenkoch in der neueröffneten Kochschule von Mayrlife, dem Medical Resort südlich von Salzburg. Hierhin kommt, wer seiner Gesundheit etwas Gutes tun will. Wie Tim Raue, der hier einiges an Bauchumfang verloren und dabei auch die eine oder andere Kartoffel gegessen hat.
Die Kochschule von Mayrlife bietet Gästen einen Kochworkshop zum Thema «All about potatoes», der Rezepte für gesunde Küche mit der Kartoffel lehrt. Denn die macht mit ihrem Wassergehalt von bis zu 80 Prozent schlank statt wie immer noch von vielen befürchtet rund – und trotzdem schön satt. Und ist eine unterschätzte Nährstofflieferantin.
Superfood Süsskartoffel
Heute kocht Raue ein Gericht mit Kartoffeln – genauer: mit Süsskartoffeln. Diese enthalten mehr Ballaststoffe als die herkömmlichen Kartoffeln und haben einen tieferen glykämischen Index. Der gibt an, wie schnell ein kohlenhydrathaltiges Lebensmittel den Blutzucker ansteigen lässt. Was erstaunt, denn Süsskartoffeln haben mehr Zucker als die normale Kartoffel.
«Aber: Der Zucker in der Süsskartoffel ist in eine faserreiche Struktur eingebettet und wird daher nicht so schnell ins Blut abgegeben», so die leitende Ernährungsberaterin Gisela Laimer von Mayrlife. Raue gart und püriert die Süsskartoffel in seiner Kochdemonstration und serviert das Püree mit einem schonend gegarten Saibling und einer Tomatenessenz mit Orangenöl.
Rezept von Tim Raue: Süsskartoffel mit Saibling
Zutaten für 4 Personen
Für den Fisch:
4 Saiblingfilets, ohne Haut, entgrätet
2 EL Orangenöl
Fleur de Sel
Für das Süsskartoffelpüree:
200 g Süsskartoffeln, geschält, gewürfelt
Chilipulver Piment d’Espelette
Fleur de Sel
Für den Tomatensud:
300 g reife Tomaten
1 g Sternanis, gemahlen
Fleur de Sel
Zum Garnieren:
4 EL Orangenöl
8 Streifen Kumquatschale
2 Scheiben Ingwer
Zubereitung – Schritt 1
Die Saiblingfilets mit dem Orangenöl marinieren, auf einem Blech bei 55 °C Umluft für zirka 15 Minuten garen. Mit etwas Fleur de Sel würzen.
Zubereitung – Schritt 2
Für das Püree die Süsskartoffelwürfel in kochendem Wasser für 8 Minuten garen, abgiessen und im Mixer zu einem Püree verarbeiten. Mit Chilipulver und Fleur de Sel abschmecken.
Zubereitung – Schritt 3
Für den Tomatensud alle Zutaten mixen, in ein Leintuch geben und abhängen lassen. Den austretenden klaren Tomatensud in einer Schüssel auffangen (das übrig gebliebene Tomatenpüree kann als Salat serviert oder in eine Tomatensauce gegeben werden). Vor dem Anrichten die Ingwerscheiben für 4 Minuten in kochendem Wasser garen, dann in Streifen schneiden.
Zubereitung – Schritt 4
Zum Anrichten das Süsskartoffelpüree auf 4 Teller verteilen, Saibling daraufgeben, Tomatensud darübergeben, mit je 1 EL Orangenöl beträufeln und mit je 2 Streifen Kumquatschale sowie den Ingwerstreifen ausgarnieren und servieren.
Doch egal, welche Sorte man wählt, die Kartoffel ist per se gesund und reich an Mikronährstoffen wie Vitamin C (schonend gegart gut für das Immunsystem), B-Vitaminen (gut für Nerven und den Stoffwechsel), Kalium (hält Muskeln und den Flüssigkeitshaushalt im Schuss) sowie Eisen und Magnesium (für Nerven und Blutbildung). Sie ist basisch und kann überschüssige Säuren im Körper ausbalancieren. Und damit Gelenkbeschwerden, Hautunreinheiten, Kopf- und Muskelschmerzen und gar einer getrübten Stimmung entgegenwirken. Und wer die Kartoffeln mit der Schale isst, nimmt mehr Ballaststoffe auf.
Sie eignet sich auch für besondere Ernährungsweisen: Für Sportlerinnen und Sportler etwa sind Kartoffeln eine gute Kohlenhydratquelle für Energie und Regeneration, und wer sich glutenfrei ernährt, findet darin eine gute Alternative zu Getreide.
Auf die Zubereitung kommt es an
Entscheidend ist die Zubereitung: Gedämpft als Salzkartoffel oder Pellkartoffel und gebacken aus dem Ofen behält sie ihr Prädikat als gesundes Lebensmittel. Weniger ideal ist die Zubereitung mit Fett, etwa als Bratkartoffeln oder Rösti. Ungünstig wird es bei Fritiermethoden wie Pommes oder Chips. Ganz auf Knusper muss man dennoch nicht verzichten: Die Ernährungsberaterin Gisela Laim dämpft die Kartoffeln, raffelt sie röstiartig, würzt sie mit Steinsalz und Rosmarin und backt sie mit etwas geklärter Butter im Waffeleisen aus. Das Ergebnis: knusprig wie Rösti, aber deutlich leichter.
Ein weiterer Tipp der Expertin: In Suppen mitgekocht, sorgt die Kartoffel ganz ohne Rahm für eine natürliche Sämigkeit.
Tim Raue während der Eröffnung der Kochschule von Mayrlife in seinem Element.
Die Knolle liefert resistente Stärke – ein besonderer Ballaststoff, der entsteht, wenn stärkehaltige Lebensmittel wie Kartoffeln, Reis oder Nudeln nach dem Garen abkühlen. Diese resistente Stärke wird im Dünndarm nicht verdaut, sondern gelangt direkt in den Dickdarm, wo sie den dort lebenden Bakterien als Nahrung dient. Das stärkt die Darmflora, kann entzündungshemmend sein und sich positiv auf den Blutzuckerspiegel auswirken. Deshalb ist die gedämpfte Kartoffel vom Vortag nicht nur ideal für den Kartoffelsalat – sondern auch für die Darmgesundheit.
Ein Überblick über Sorten und ihre Verwendung:
Die Frühkartoffel
Sie ist die erste Knolle, die im Frühling aus der Erde kommt.
Weil Frühkartoffeln bereits etwa ab Mai geerntet werden, enthalten sie weniger Stärke als Herbst-Kartoffeln. Sie sind sehr zart im Aroma und besitzen eine dünne Schale.
Die Speisekartoffeln
Die Speisekartoffeln werden in zwei Kategorien unterteilt:
- Festkochend: Das Fleisch zerfällt auch bei längerem Kochen nicht. Diese Kartoffeln eignen sich für Kartoffelsalat, Salzkartoffeln, Gschwellti oder Folienkartoffeln.
- Mehligkochend: Die Kartoffel springt beim Kochen auf, das Fleisch ist mehlig, perfekt für den Kartoffelstock und bindet Suppen sämig ab. Sie ist ideal für Gratin oder Gnocchi.
Die Süsskartoffel
Süsskartoffeln sind mit der Speisekartoffel nur entfernt verwandt. Während die Kartoffel ein Nachtschattengewächs ist, zählt die Süsskartoffel botanisch zu den Windengewächsen. Sie lässt sich aber gleich zubereiten. Die Süsskartoffel ist besonders reich an Beta-Carotin, der Vorstufe von Vitamin A. Dieses verleiht der Knolle die orange Farbe, kann den Stoffwechsel ankurbeln und der Netzhaut zu besserem Sehen verhelfen.
Die Süsskartoffel schmeckt süsslich und mild, das Aroma erinnert an Kürbis oder Karotte. Sie ist mehligkochend und perfekt für Püree oder Suppe, kann in der Schale als Ganzes (drei bis vier Mal mit der Gabel einstechen) oder in Schnitze geschnitten im Ofen gebacken werden.
Die violette Japanische Süsskartoffel
Die violette Japanische Süsskartoffel ist eine Delikatesse aus Japan und vereinzelt beim Bio-Bauern oder im Delikatessenladen erhältlich. Dazu ist sie voll mit Antioxidantien, kann das Immunsystem stärken, die Herzgesundheit verbessern und den Cholesterinspiegel senken, und sie enthält antientzündliche Stoffe. Die violette Japanische Süsskartoffel kann wie die Süsskartoffel zubereitet werden.