Der Weltfussballverband kündigt das Turnier vom Sommer 2025 im Superlativ an. Doch die Reaktionen auf das Prestige-Projekt des Fifa-Präsidenten Gianni Infantino sind bis jetzt verhalten.
Noch weiss niemand, wie das im Sommer 2025 mit der Klub-WM in den USA genau wird. Aber wie es sich für den Weltfussballverband (Fifa) geziemt, ist er um prophylaktische Lobeshymnen nicht verlegen. Auf den Verbandskanälen spricht der Fifa-Präsident Gianni Infantino von einem «wegweisenden Projekt», von einer WM, die den Klubfussball «neu definieren wird». Grösser geht nicht.
Die Klub-WM wird von Mitte Juni bis Mitte Juli 2025 gespielt, 63 Partien in zwölf Stadien, vor allem an der Ostküste der USA. 32 Teams aus 20 Ländern nehmen teil, aus Europa deren zwölf, die besten der letzten Jahre – Real Madrid, Manchester City, der Chelsea FC, Bayern München, Borussia Dortmund, Inter Mailand, Juventus Turin bis hin zu Red Bull Salzburg. Sie messen sich hauptsächlich mit den Gewinnern der Champions-League-Pendants auf anderen Kontinenten.
Das Menu ist angerichtet. Am Donnerstag geht in Miami die Auslosung vonstatten. Das Rezept ist bekannt: zuerst Gruppenspiele, danach K.-o.-Phase, bis zum Final. Hier stellt sich die zusätzliche (Vermarktungs-)Frage, ob am Ende des Turniers nicht einfach die Europäer unter sich sein werden.
Die deutschen Klubs sind voll des Lobes
Obschon noch nicht bekannt ist, wie viel Prämien die Fifa letztlich ausschütten kann, ist gerade aus Deutschland bereits viel Lob zu hören. Naheliegend ist die Tatsache, dass dies an monetäre Versprechen gekoppelt ist. Die Klubs brauchen Geld, um die gestiegenen Spielergehälter zu finanzieren.
Im Oktober 2024 sagte Jan-Christian Dreesen, der Vorstandsvorsitzende von Bayern München, gegenüber der ARD: «Wir können die Gehälter nicht von der Couch weg bezahlen, also müssen wir spielen.» Dreesen unterstützt die Klub-WM, wegen der «finanziellen Dimension» und der «internationalen Sichtbarkeit».
Auch in Dortmund sind positive Stimmen zu vernehmen. Der Klub führt Büros in Schanghai, Singapur und New York und hat eine Legenden-Reise nach Brasilien hinter sich. Die Begeisterung der Menschen in Südamerika darüber, europäische Teams sehen zu können, sei «Wahnsinn», heisst es in Dortmund.
Ende 2023 gab Stephan Reiter, der Geschäftsführer von Red Bull Salzburg, gegenüber der «Kronenzeitung» seiner Euphorie und der «unermesslichen Freude» im Hinblick auf die Klub-WM Ausdruck. Er sagte: «Ich kriege fast Gänsehaut, wenn ich daran denke.» Schon damals schwirrte das Wort «Geldregen» durch die Luft. Wie so oft, wenn Fussballturniere verhandelt werden. Reiter rechnete mit mehr Einnahmen als in der Champions League. 2022/23 erhielt Salzburg in der Königsklasse vom europäischen Fussballverband (Uefa) 40 Millionen Euro Prämien.
Mehr Geld mit der Klub-WM 2025? 50 Millionen? Werden die Fifa-Prämien so hoch wie angekündigt, vergrössert sich die Kluft zwischen den Vereinen, die dank Champions League und Klub-WM mehr Mittel haben – und denjenigen, die draussen bleiben, die nichts davon haben.
Im Moment ist noch einiges unklar. Ausser der Tatsache, dass die Fifa die Grossklubs mit grossen Summen locken will. Anders ist eine Institution wie Real Madrid, die unlängst ein Milliarden-Jahresbudget kommuniziert hat, nicht zu überzeugen. Als 2023 die Klub-WM letztmals im kleinen Format in Saudiarabien ausgetragen wurde, gab’s für den Sieger 4,5 Millionen.
Wenn die Fifa mit grosser Kelle anrührt, muss das Geld irgendwo aufgetrieben werden. Erst am Tag vor der Auslosung ist bekannt geworden, dass Dazn die 63 WM-Spiele frei empfangbar übertragen wird. Dem Vernehmen nach hat Infantino vor ein paar Wochen in der Not zu einer Videokonferenz mit Fernsehanbietern geladen. Die Stossrichtung: «Hier, wir haben ein neues Premium-Produkt, nehmt es doch, kauft es.»
Etwas mehr als ein halbes Jahr vor dem Beginn der neuen Klub-WM springt Dazn auf. Laut «The Telegraph» soll der Preis dafür 1 Milliarde US-Dollar betragen. Das ist kaum zu refinanzieren. Der Deal soll mit saudiarabischen Sicherheiten vonstatten gegangen sein.
In der Sponsorenliste stehen bis jetzt ein chinesischer Elektronikkonzern und ein amerikanischer Weltbierbrauer. Mit langjährigen Partnern wie Adidas und Coca-Cola liegt die Fifa im Clinch, weil diese davon ausgehen, dass die Klub-WM in ihrem Sponsoring-Paket inbegriffen ist und keine Zusatzzahlungen erfordert. Es scheint so, als wäre die Klub-WM ökonomisch und medial (noch) kein Welterfolg, der den Klubfussball neu definiert.
Messi wird an die Klub-WM gemogelt
Dass die Fifa alles auszuschöpfen bereit ist, zeigt die Qualifikation von Inter Miami und dessen Aushängeschild Lionel Messi. Der Klub aus der amerikanischen Major League Soccer (MLS) wurde ins Teilnehmerfeld aufgenommen, obschon er keinen Titel gewonnen hat. Vielleicht bringt in der Verzweiflung der 37-jährige Messi die Vermarktung auf Touren.
Im internationalen Fussball hält sich die Tendenz des Immer-mehr – mehr Spiele, mehr Einnahmen. Am 31. Mai 2025 findet in München der Final der erweiterten Champions League statt. Eine Woche später ist ein internationales Zeitfenster, in dem WM-Qualifikation gespielt werden kann, bevor am 15. Juni die vergrösserte Klub-WM beginnt. Und im Sommer 2026 geht dann die WM mit neu 48 statt 32 Teams und mit 104 statt 64 Spielen vonstatten.
Gegen die Klub-WM positionieren sich die Spielergewerkschaft Fifpro, die europäischen Ligen und zum Beispiel Javier Tebas, der Chef der spanischen Liga, der als Haudrauf bekannt ist. Im Oktober sagte Tebas an einem Treffen der Ligen in Brüssel: «Die Klub-WM ist nicht nötig für die Spieler, die Klubs und die Fifa. Sie führt nur zu Unordnung.»
Nicht die Ligen haben die Anzahl Spiele erhöht
Die Vertreter der Ligen haben recht, wenn sie darauf hinweisen, dass in den vergangenen Jahren nicht sie die Anzahl der Wettbewerbsspiele erhöht haben. Zugleich brauchen sie Geld, um die Fussballer zu entlöhnen. Und das stammt auch von der Uefa und der Fifa, von den wachsenden Wettbewerben.
Der TV- und Sponsoring-Kuchen wird nicht mehr zwingend grösser. Das hat zur Folge, dass jemand Abstriche machen muss. Es kann sein, dass die mediale Vermarktung der Ligen noch mehr unter Druck kommt. Tendenz: eher sinkend als steigend. Die Wahrung des Besitzes ist in den Ligen das höchste der Gefühle.
Fussballfunktionäre bräunen sich neuerdings gerne unter der Sonne der Frauenförderung. Hört man bisweilen den Verbandspräsidenten zu, so erhält man den Eindruck, dass da das Optimum investiert werde. Doch die Klub-WM überschneidet sich zur Hälfte mit der Frauen-Fussball-EM, die im Juli 2025 in Schweizer Stadien stattfindet. Funktionäre reden gross über den Frauenfussball, wählen salbungsvolle Worte – und pumpen gleichzeitig bei jeder Gelegenheit den Männerfussball auf. Und erröten dabei nicht einmal.
Die Kannibalisierung mindert die Tatsache, dass die Klub-WM der Männer in den europäischen Morgenstunden zu sehen sein wird.
Ancelotti wird zurückgepfiffen
Nicht alle sind des Lobes voll. Im Juni 2024 äusserte sich der Real-Trainer Carlo Ancelotti gegenüber der Zeitung «Il Giornale» abschätzig über die neue Klub-WM. Real pfiff ihn umgehend zurück, woraufhin Ancelotti verlauten liess, dass er missverstanden worden sei. Geld ist das beste Argument, um gierige Fussballbäuche zu stopfen.
Sollte die Fifa mangels Interessen der Sponsoren die üppigen Reserven anzapfen wollen, begibt sie sich sportpolitisch auf glitschiges Terrain. Ihr Geld ist zuvorderst für die Verbände vorgesehen. Nicht für einzelne (Gross-)Klubs, die noch mehr Geld anhäufen. Aber: Von irgendwoher müssen Mittel kommen. Rechnet man die Prämien für jeden Klub mit 30 Millionen Euro konservativ, summiert sich allein dadurch eine Milliarde.
Die goldene Trophäe der Klub-WM präsentierte die Fifa am 12. November. Darauf sind unter anderem die Weltkarte und der Name Gianni Infantino eingraviert. Die Klub-WM ist sein Prestige-Projekt schlechthin. Auch darum steht viel auf dem Spiel. Für ihn, für die Fifa. Der Verband schreibt: «Das Team, das diese Trophäe in die Höhe stemmt, wird die Welt des Klubfussballs in den Händen halten.»
Nichts Geringeres als das.