Die Mitglieder der russisch-weissrussischen Rockband Bi-2 sind nach Konzerten in Phuket festgenommen worden – angeblich wegen eines Verstosses gegen Visabestimmungen. Das klingt wenig glaubwürdig.
Zwei Auftritte vergangener Woche in Thailand entwickeln sich für die Mitglieder der russisch-weissrussischen Rockband Bi-2 zu einem Albtraum. Nach ihren Konzerten nahm die thailändische Polizei sie im Ferienort Phuket fest. Der Vorwurf lautet, illegal aufgetreten zu sein: Statt über ein Arbeitsvisum verfügten die sieben Bandmitglieder, die für ihre Kritik am russischen Angriff auf die Ukraine und an Präsident Wladimir Putin bekannt sind, nur über Touristenvisa.
Die Behörden in Phuket entzogen ihnen die Reisepässe und verurteilten sie zu einer Busse von 3000 Baht, was 73 Franken entspricht. Nach dem Urteil wurden sie nach Bangkok gebracht, wo sie seither in einem Deportationszentrum inhaftiert sind und auf weitere Entscheide warten.
Drei Bandmitglieder haben nur einen russischen Pass
Bi-2, die 1998 in Weissrussland gegründet wurde und in Russland eine der erfolgreichsten Bands zu Beginn des neuen Jahrtausends war, verliess 2022 ihre Heimat. Die russischen Behörden hatten wegen der Kritik der Band an der russischen Invasion in der Ukraine die Konzerte verboten. Für Bi-2 ist denn auch klar, wer hinter den Festnahmen steckt. Die Band teilte in einer Stellungnahme mit, dass Russland eine wichtige Rolle bei der Inhaftierung gespielt habe: «Es handelt sich um Vergeltung für unsere Kreativität, Ansichten und Positionen.»
Russlands Botschafter in Thailand wies die Vorwürfe zurück. Es sei nicht die Praxis Russlands, anderen Ländern etwas vorzuschreiben. Allein die Amerikaner könnten das tun, sagte er der russischen Zeitung «Komsomolskaja Prawda». Eine Sprecherin des russischen Aussenministeriums beschuldigte die Band, durch ihre öffentliche Unterstützung der Ukraine den Terrorismus zu fördern. Solche Vorwürfe sind ein Indiz, dass den Bandmitgliedern nach ihrer Auslieferung nach Russland ein Prozess und lange Haftstrafen drohen.
Besonders heikel ist die Situation für drei Bandmitglieder, die nur einen russischen Pass haben. Die vier anderen Musiker besitzen doppelte Staatsbürgerschaften und haben die Chance, in das jeweils andere Land ausreisen zu dürfen. Dieses Glück hatte der Sänger Egor Bortnik, der neben einem russischen auch einen israelischen Reisepass hat. Er verliess Dienstagnacht Bangkok in Richtung Tel Aviv.
Phil Robertson, der stellvertretende Direktor der Asien-Abteilung der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch, gab sich leicht optimistisch: «Dass ein Bandmitglied nach Israel fliegen durfte, ist ein positives Zeichen.» Thailand müsse jedoch dafür sorgen, dass den restlichen sechs Mitgliedern der Band die Ausreise in ein Land ermöglicht werde, in dem sie sicher seien.
Die russischen Behörden hätten mit Worten und Taten deutlich gemacht, dass jedem Bi-2-Mitglied bei einer Rückführung nach Moskau Verfolgung, Missbrauch und Schlimmeres drohten. «Unter keinen Umständen sollte ein Mitglied der Band nach Russland abgeschoben werden», sagte Robertson.
Bali und Phuket sind bei Russen beliebt
Das Gezerre um die Rockband zeigt, wie nervös die russischen Behörden vor der Präsidentschaftswahl Mitte März sind, obwohl der Sieg Putins bereits feststeht. Sie wollen dennoch einschüchtern: Auftritte russischer Künstler, die den Ukraine-Krieg und Putin kritisieren, sind auch ausserhalb der Heimat nicht zu dulden und haben Konsequenzen, so lautet die Botschaft des Kreml.
Die Strategie ist bisher aufgegangen. Länder knicken ein. Der russisch-israelische Komödiant Maxim Galkin hatte bereits das Arbeitsvisum für die indonesische Ferieninsel Bali. Indonesiens Behörden verweigerten ihm dennoch den Auftritt. Er ist ein Kritiker Putins und des Krieges in der Ukraine. Für den Kreml ist er ein «ausländischer Agent».
Galkin sagte, er habe Dokumente einsehen dürfen, in denen die russische Regierung Indonesien darum gebeten habe, ihn nicht auftreten zu lassen. Auch in Phuket untersagten Thailands Behörden seinen Auftritt.
Auftritte Putin-kritischer Künstler in Bali und Phuket verfolgt der Kreml mit besonders grossem Argwohn. In den beiden Feriendestinationen haben sich viele russische Expats und Touristen niedergelassen.