Der Nasdaq 100 kommt seit Mitte Dezember kaum mehr vom Fleck. Doch unter der Oberfläche spielen sich beträchtliche Bewegungen ab: Übernahmespekulationen geben Intel einen Schub, Cloud-Aktien laufen heiss, und einige Tech-Dinosaurier erwachen zum Leben.
An den amerikanischen Aktienmärkten kommt Rekordstimmung auf. Dank des Schlussspurts in der letzten Handelsstunde hat es der Leitindex S&P 500 am Dienstag auf eine neue Bestmarke geschafft. Der Nasdaq 100 mit den grössten Technologiewerten rückte 0,2% auf 22’164,61 vor und notiert damit erstmals seit dem 16. Dezember auf einem Allzeithoch.
Das Top-Gesprächsthema ist momentan Intel. Gemäss verschiedenen Medienberichten könnte der krisengeschüttelte Halbleiterkonzern in zwei Teile getrennt und verkauft werden. Die Gerüchte sorgen für ausgeprägte Kursavancen. Die Aktien von Intel sind am Dienstag 16% vorgeprescht. Seit dem Tief vom 7. Februar haben sie annähernd 40% gewonnen.
Intels Turnaround-Story ist letzten Sommer kollabiert, womit der Kurssprung von einem tiefen Niveau ausgeht. Auch ist der Short-Anteil in den Aktien gross. Leerverkäufer wurden in den letzten Tagen wohl auf dem falschen Fuss erwischt und mussten Positionen notfallmässig liquidieren, was vermutlich zum explosiven Anstieg beigetragen hat. Dennoch scheint sich hinter den Kulissen etwas zu bewegen.
Für Fantasie in den Aktien sorgen im Wesentlichen drei Entwicklungen. Erstens hat US-Vizepräsident JD Vance letzte Woche an der Münchner Sicherheitskonferenz gesagt, dass die USA ihre Halbleiterindustrie schützen wollen; eine Äusserung, die als Bekenntnis zu Intel interpretiert wird. Zweitens tauchten in den letzten Tagen verschiedene Fachberichte auf, wonach der Konzern mit der nächsten Produktionstechnologie (18A) Fortschritte mache.
Für die kräftigsten Impulse sorgt der dritte Aspekt, über den unter anderem das «Wall Street Journal» übers Wochenende berichtete: Broadcom soll sich für eine Übernahme von Intels Produktsparte interessieren, während parallel dazu ein möglicher Deal mit TSMC zum Verkauf von Intels Fabrikationsanlagen eruiert werde.
Die Reaktion an der Börse macht klar: Das sind Szenarien, die eine genauere Betrachtung verdienen. In der heutigen Ausgabe von «The Pulse» befassen wir uns deshalb mit Intel und anderen auffälligen Kursbewegungen im Tech-Sektor.
Intel liegt auf dem Serviertablett
Aus strategischer Sicht erscheint ein Deal besonders für Broadcom reizvoll. Der Konzern könnte sein Portfolio mit Intels Produktgeschäft komplementär ergänzen. Trotz aller Probleme beherrscht Intel noch immer den globalen Markt für CPU-Prozessoren mit einem Anteil von rund 70%. Diese Chips sind quasi das Gehirn von PC-Geräten und Grossrechnern und werden für die Rechenoperationen von KI-Modellen künftig vermehrt gefragt sein.
Broadcom ist ein Fabless-Chipkonzern. Das heisst, er konzentriert sich auf das Design von Halbleitern. Derzeit expandiert er vor allem im Geschäft mit massgeschneiderten KI-Chips für Tech-Riesen wie Alphabet. Zudem ist er im Markt für Modem- und Mobilfunkchips sowie für Sicherheits- und Infrastruktursoftware präsent. Konzernchef Hock Tan geniesst in der Branche das Renommee eines gewieften Geschäftsmanns. Seine Spezialität ist es, im Stil eines Private-Equity-Investors etablierte Unternehmen fit zu trimmen.
Stacy Rasgon, Halbeiteranalyst bei Bernstein Research, schätzt, dass Intels Produktsparte auf alleinstehender Basis einen Ebit von 13 bis 15 Mrd. $ pro Jahr erzielen kann. Bei einem konservativen Vielfachen von 17,5 ergäbe sich demnach ein Unternehmenswert von etwa 200 bis 250 Mrd. $ inklusive der Übernahme von Intels Schulden. Daraus lässt sich ein Aktienkurs von rund 40 $ ableiten, eine Prämie von gut 50% auf Intels Schlusskurs vom Dienstag.
Nach Ansicht von Rasgon würden aber vor allem die Broadcom-Aktionäre von der Fusion profitieren. «Wenn der Konzern so etwas hinbekommt, erscheint uns ein Deal ziemlich attraktiv», hält er in einer Kurzstudie fest. Gemäss seinem Modell könnte ein Zusammenschluss etwa 3 Mrd. $ an Synergien freisetzen. Selbst wenn Broadcom die Transaktion vollständig mit Aktien finanzieren würde, dürfte sie den Gewinn je Titel praktisch umgehend um fast 20% verbessern.
Auf dem Papier sieht das alles gut aus. So einfach dürfte es aber kaum werden. Eine Übernahme dieses Kalibers wird mit grosser Sicherheit auf regulatorische Vorbehalte stossen, vorab in China. Broadcom ist schon 2018 beim Versuch einer 117 Mrd. $ teuren Übernahme von Qualcomm am Veto der Wettbewerbshüter gescheitert. Nicht besser erging es Nvidia 2022 mit der 40 Mrd. $ umfassenden Offerte für Arm. Auch die 5,4 Mrd. $ teure Akquisition der Chip-Schmiede Tower Semiconductor durch Intel musste im Sommer 2023 abgeblasen werden.
Selbst wenn der Deal den Segen der Trump-Regierung erhält und irgendwie durchgedrückt wird, bleiben gewisse Vorbehalte. Mit fast 60 Mrd. $ an Nettoschulden schleppt Broadcom eine beträchtliche Last auf der Bilanz mit sich, weshalb der Konzern wohl einen reinen Aktientausch präferieren würde. Für Intel-Aktionäre wäre das weniger attraktiv. Nimmt man die Analystenschätzungen für 2025, sind die Aktien von Broadcom zum Kurs-Gewinn-Verhältnis von knapp 36 sowohl historisch wie auch im Vergleich zur Branche überaus stolz bewertet.
Eine andere Frage ist, ob Intel-Investoren überhaupt etwas erhalten würden. Wegen der schwachen operativen Leistung und massiver Investitionen hat das Unternehmen in den letzten drei Jahren einen negativen freien Cashflow von insgesamt 39,3 Mrd. $ ausgewiesen. Die Nettoschulden sind auf knapp 28 Mrd. $ gestiegen. Es ist daher nicht ausgeschlossen, dass die Einnahmen aus einer Veräusserung der Produktsparte teilweise oder sogar vollständig in die Sanierung des Foundry-Geschäfts fliessen.
Hier besteht denn auch das grösste Problem. Die Fabriken von Intel will niemand haben. Ein Blick auf die Zahlen macht sofort klar, warum. Im Gegensatz zum Produktgeschäft verschlingt die Sparte tonnenweise Geld. Für 2024 weist sie Einnahmen von 17,9 Mrd. $ aus, denen ein operativer Verlust von 13,4 Mrd. $ gegenübersteht. Selbst wenn man einmalige Restrukturierungskosten von 3,3 Mrd. $ herausrechnet, ergibt sich eine negative Betriebsmarge von –57%. Und für dieses Jahr erwarten Analysten einen weiteren Verlust von mehr als 7 Mrd. $.
Das Management von Intel hat beim Quartalsabschluss Ende Januar zwar bekräftigt, dass die Foundry-Sparte ab 2027 die Gewinnschwelle erreichen soll. Bisher konnte sie jedoch keinen Grosskunden aus der Halbleiterindustrie für ein nennenswertes Auftragsvolumen gewinnen. Auch ist weiterhin offen, ob Intel in der Halbleiterproduktion tatsächlich den Übergang zu den nächsten zwei Technologiestufen ohne einen grösseren Patzer schafft.
Deshalb wird darüber spekuliert, dass die Trump-Regierung TSMC dazu zwingen könnte, sich an Intels Foundry-Geschäft zu beteiligen. Die Halbleiterschmiede aus Taiwan führt den technologischen Wettlauf unbestritten an, baut derzeit selber bedeutende Kapazitäten auf und wird sich aus freien Stücken kaum auf ein solches Risiko einlassen. Daher wird spekuliert, das Washington mit politischem Druck nachhelfen könnte, wobei auf Zölle und die Spannungen zwischen Taiwan und China verwiesen wird.
Das plausibelste Szenario wäre in einem solchen Fall, dass TSMC ein Konsortium zur Übernahme von Intels Fabrikationssparte anführt, an dem sich US-Halbleiterkonzerne wie Broadcom, Nvidia, Qualcomm, AMD und möglicherweise auch Apple beteiligen. Ein Aspekt, der die Sache zusätzlich verkompliziert, sind die Joint-Venture-Vereinbarungen, die Intel mit den Private-Equity-Firmen Apollo und Brookfield zur Finanzierung neuer Fabriken abgeschlossen hat.
Bisher hat sich weder Broadcom noch TSMC zu den Gerüchten um eine Übernahme geäussert. Doch die Entwicklung in den vergangenen Tagen legt nahe, dass Intel in der heutigen Form kaum noch eine Zukunft hat. Der einstige Branchenleader liegt auf dem Serviertablett, der Verwaltungsrat strebt offensichtlich eine Aufspaltung an. Die Aktien dürften sich äusserst volatil verhalten – und eignen sich damit höchstens zur Spekulation.
Animal Spirits breiten sich aus
Die jüngste Kursavance von Intel ist fast schon zahm im Vergleich zu dem, was sich gegenwärtig bei manch anderen Tech-Titeln abspielt. Das wilde Treiben erinnert an die Exzesse mit Meme-Aktien im Umfeld der Pandemie. In den vergangenen Tagen liess sich das Phänomen beispielsweise bei Namen wie AppLovin, RobinHood Markets oder DraftKings beobachten.
Passend dazu heben auch Cloud-Softwareaktien ab. Typische Namen wie Crowdstrike, Atlassian und Mongo DB haben seit Anfang Jahr rund 30 bis 35% gut gemacht.
Der Superstar unter den spekulativen Tech-Aktien heisst Palantir. Der Spezialist für Analysesoftware weiss, wie man die Fantasie an der Börse anregt. «In dieser KI-Revolution wird sich jeder, der nach einer Lösung sucht, die tatsächlich funktioniert, für Palantir entscheiden», sagte das Management Anfang Februar beim Quartalsabschluss. Am Dienstag hat der Kurs weitere 5% zugelegt und notiert seit Januar satte 65% im Plus.
Es stimmt, Palantir wächst dynamisch. Doch mehr als die Hälfte der Einnahmen stammt aus Verträgen mit der US-Regierung, was ein erhebliches Klumpenrisiko darstellt. Fragen stellen sich auch hinsichtlich der operativen Performance. Für das vierte Quartal resultierte ein Gewinn von knapp 66 Mio. $, wovon allerdings bloss 11 Mio. $ aus dem Geschäftsgang stammen. Der überwiegende Rest ergibt sich aus Investitionen und Zinserträgen.
Inzwischen ist die Marktkapitalisierung auf mehr als 280 Mrd. $ gestiegen. Palantir spielt demnach in der Liga gestandener Weltkonzerne wie Wells Fargo (267 Mrd. $), Chevron (274 Mrd. $) oder Coca-Cola (297 Mrd. $). Wer sich in den Aktien engagiert, zahlt weit in die Zukunft. Auf Basis der Analystenschätzungen für 2025 handelt Palantir zum 76-Fachen des Umsatzes. Um das in ein Verhältnis zu stellen: Bei Nvidia beträgt der Vergleichswert leicht mehr als 19.
Ein bemerkenswertes Comeback feiert derweil Netflix. Der Börsenwert des Streaming-Pioniers nähert sich 450 Mrd. $ an. Er ist damit höher bewertet als die Konkurrenten Disney, Comcast, Warner Bros. Discovery und Fox zusammen. Das KGV für 2025 von 42 nimmt auch in diesem Fall absolute Perfektion vorweg.
Jurassic Park: Die Tech-Dinosaurier erwachen
In den Nachrichten liest man kaum davon, doch in einer mehrheitlich durchwachsenen Berichtssaison haben einige Urgesteine des Tech-Sektors angenehm überrascht. Die Chancen stehen gut, dass sie weiterhin mit erfreulichen Zahlen auftrumpfen können.
Das Paradebeispiel ist Cisco Systems. 1984 gegründet, trat der Netzwerkausrüster während des Internetbooms ins Rampenlicht und stieg im März 2020 zum wertvollsten Konzern der Welt auf. Das damalige Allzeithoch von 80.06 $ bleibt zwar bis heute unerreicht. Doch immerhin bewegt sich etwas. Seit Mitte August ist der Kurs 45% avanciert und notiert auf dem höchsten Stand seit 25 Jahren.
Cisco hat letzte Woche mit einem starken Leistungsausweis demonstriert, dass noch mehr Potenzial in den Aktien steckt. Der Konzern hat mit dem Umsatz und Gewinn die Erwartungen übertroffen und hebt die Prognose an. Für das laufende Geschäftsjahr per Ende Juli stellt CEO Chuck Robbins 56 bis 56,5 Mrd. $ Umsatz in Aussicht, wogegen es bisher 55,3 bis 56,3 Mrd. $ waren. Die Prognose zum Gewinn pro Aktie wird auf 2.40 bis 2.52 $ angehoben, wobei der Ausblick mögliche negative Effekte durch höhere Zölle berücksichtigt.
Mit den massiven Infrastrukturinvestitionen in künstliche Intelligenz nehmen das Volumen und die Dichte von Datenströmen zu. Um den Datenfluss zu bewältigen, müssen Grosskonzerne nachziehen und ihre Netzwerke aufrüsten. Davon profitiert Cisco. Ebenso wird in der Telecomindustrie mehr investiert, und dank des im März 2024 übernommenen Überwachungsspezialisten Splunk wächst das Sicherheitsgeschäft robust.
Die solide Performance wird an Wallstreet wahrgenommen. Mike Genovese, IT-Analyst beim Broker Rosenblatt, stuft das Rating für die Aktien von «Neutral» auf «Kaufen» hoch. Seiner Meinung nach werden sich das robuste Wachstum wiederkehrender Softwareeinnahmen und zunehmende Aufträge durch KI-Investitionen in einer höheren Bewertung reflektieren. Das KGV soll sich von knapp 17 für 2025 auf 20 oder mehr ausdehnen.
Qualcomm lässt die Muskeln spielen
Bei der Bewertung besteht auch bei Qualcomm reichlich Potenzial. Der führende Hersteller von Mobilfunkchips ist fast gleich alt wie Cisco und handelt ebenfalls zu einem Abschlag. Das KGV für 2025 liegt unter 15, wogegen es beim PHLX Semiconductor Index fast 32 beträgt. Hinzu kommt eine ansprechende Ausschüttung. Die Gesamtrendite aus Dividenden und Aktienrückkäufen beläuft sich auf 4,8%, bei Cisco sind es sogar 5,2%.
Bei den Zahlen, die Qualcomm gegenwärtig liefert, bleibt wenig zu wünschen übrig. Das Unternehmen ist im vergangenen Quartal in allen Endmärkten – Mobilfunkgeräte, Automotive und Industrie – stärker gewachsen als erwartet. Umsatz und Gewinn haben die Analystenprognosen übertroffen. Der Ausblick für die laufende Berichtsperiode sieht Einnahmen von 10,6 Mrd. $ und einen Gewinn pro Aktie von 2.80 $ vor, wogegen der Konsens bisher mit 10,4 Mrd. $ bzw. 2.69 $ gerechnet hatte.
Für Vorbehalte an der Börse sorgt seit Jahren, dass Apple für das iPhone fortan nicht mehr die Modemchips von Qualcomm verwenden, sondern auf hauseigene Komponenten setzen wird. Mit der Lancierung der neuen Version des iPhone SE ist es voraussichtlich im Mai erstmals soweit. Doch der Kurs eskomptiert das längst. Derweil nehmen Aufträge für das Galaxy-Smartphone von Samsung zu, und das Geschäft in China läuft deutlich besser.
Selbst wenn man die Bestellungen von Apple komplett herausrechnet, handeln die Titel zu einem KGV für 2025 von 18 zu einem deutlichen Discount. Der Leistungsausweis demonstriert zudem, dass Qualcomm bei der Expansion in neue Märkte flott unterwegs ist. Im Bereich Automotive hat sich der Umsatz in der Berichtsperiode 61% auf über 960 Mio. $ verbessert, im Bereich Industrie ist er 36% auf 1,55 Mrd. $ gestiegen.
«Die Ergebnisse belegen Qualcomms Fähigkeit, die führende Position bei Smartphone-Technologien zu verteidigen und das Portfolio zu diversifizieren», meint Tal Liani, Analyst in Diensten von Bank of America. Weitere Chancen eröffnen sich für den Konzern aus San Diego bei energiesparsamen Notebook-Prozessoren, die den Chips von Intel und AMD Konkurrenz machen. Auch ist das Unternehmen hervorragend positioniert, wenn Endgeräte wie Smartphones und Tabletts durch das Aufkommen von KI-Diensten mehr Rechenkapazität erfordern.
IBM schummelt sich durch
Mit IBM sendet ein weiterer Tech-Dino Lebenszeichen, und zwar schon seit einiger Zeit: Die Aktien haben nach der Publikation der jüngsten Quartalszahlen einen Sprung von 13% gemacht. Mit 263.07 $ bewegt sich der Kurs nahe des Allzeithochs von Anfang Februar.
Im Gegensatz zu Qualcomm und Cisco gibt es bei «Big Blue» jedoch Grund zu Skepsis. Konzernchef Arvind Krishna stellt das Unternehmen gerne als Gewinner der KI-Revolution dar. Im Gegensatz zu echten Branchenleadern wie Alphabet oder Microsoft ist IBM jedoch weder bei den neuen KI-Modellen noch bei der dafür notwendigen Infrastruktur führend. Offenbar hat der Markt das Debakel mit dem KI-Dienst «Watson» rasch vergessen.
Ein anderes Problem wiegt schwerer. IBM geht bei der Rechnungslegung ziemlich aggressiv vor. Angebliche Einmaleffekte tauchen in der Erfolgsrechnung mit auffälliger Regelmässigkeit auf. Auch im vergangenen Geschäftsjahr hat der Konzern einen negativen Sondereffekt von 3,1 Mrd. $ augeklammert.
Hinzu kommt das dürftige Wachstum. Der Konsens rechnet für die nächsten drei Jahre lediglich mit einer Umsatzzunahme von jeweils rund 3 bis 5%. Das klingt nicht gerade nach einem grossen KI-Gewinner. Vor diesem Hintergrund sind Aktien ziemlich teuer. Gemäss den Analystenschätzungen für 2025 handelt IBM zum 16,7-Fachen des Ebitda, was gegenüber innovativen Tech-Schwergewichten wie Meta Platforms (16,3), Amazon (14,8) und Alphabet (12,7) einer Prämie entspricht.
Deep Diving
An dieser Stelle präsentieren wir wie immer einige Links, die einen vertieften Einblick in ein aktuelles Thema geben:
- Es vergeht kaum eine Woche, in der nicht ein KI-Modell lanciert wird. Zu den neusten Versionen zählt Deep Research von OpenAI. Dessen Ziel ist es, tiefergehende Antworten mit Zitaten aus Originalquellen für professionelle Anwendungen zu geben. Vor wenigen Tagen hat Perplexity ein vergleichbares Modell veröffentlicht, ein ähnliches Produkt bietet die Gemini-Plattform von Google seit Dezember an. Doch was taugen solche Dienste wirklich? Und wie kann man sie am besten einsetzen? Dieser Frage geht Tech-Analyst Evans in seinem neuen Essay nach.
- Die Vollzugsmeldung überrascht nicht. GM hat beim Robotaxi-Projekt Cruse endgültig den Stecker gezogen, vor wenigen Wochen wurde die Entlassung von 50% der Belegschaft angekündigt. Der Kahlschlag zeigt die beträchtlichen Herausforderungen, wenn es um selbstfahrende Autos geht. In der jüngsten Folge von «Think dänk!», dem Podcast von Avenir Suisse, diskutieren die Rechtsexpertin Anna Laura Ludwig und unser Kollege Mark Dittli über den tatsächlichen Fortschritt des autonomen Fahrens.
- Wikipedia ist eine der besten und populärsten Informationsplattformen des Internets. Doch weil Elon Musk und der Thinktank Heritage Foundation ihre Attacken gegen das Onlinelexikon forcieren, muss die Wikimedia-Stiftung Massnahmen ergreifen, um ihre Redakteure vor Belästigungen und Rechtsklagen zu schützen. Wie das Tech-Magazin «404 Media» berichtet, greift Wikimedia auf solche Lösungen vor allem in Ländern mit autoritären Regierungen zurück, wo das Redigieren von Wikipedia-Beiträgen illegal oder extrem gefährlich ist.
Und zum Schluss noch dies: Welcome to Slowjamastan
Amerika macht die Grenzen dicht. Um das Land zu «retten», fährt die Regierung von Präsident Donald Trump das Abwehrdispositiv gegen undokumentierte Einwanderer hoch. Doch die rigorosen Massnahmen könnten sich bald als problematisch erweisen, denn Druck erzeugt oft Gegendruck.
Ein Warnsignal ist die harsche Reaktion der Republik Slowjamastan. Die Mikronation, gut zwei Autostunden nordöstlich von San Diego, hat als Gegenmassnahme soeben eine eigene Mauer errichtet. Genau genommen ist es bloss ein gewöhnlicher Zaun, aber «ein verdammt guter», heisst es im Pressecommuniqué. Er soll sicherstellen, dass keine «Missetäter» mehr reinkommen: Leute, die Crocs-Sandalen tragen.
Das «Wunderwerk der modernen Grenzsicherung» ist eine Initiative seiner Exzellenz Randy «R Dub!» Williams, des Sultans von Slowjamastan. Wenn er nicht gerade sein Land regiert, arbeitet er als Moderator der Radio-Show «Sunday Night Slow Jams», die auf mehr als zweihundert Sendern in ganz Amerika übertragen wird.
Slowjamastan ist für ihn halb Spass, halb Hobby. Dublândia, die Hauptstadt der jungen Nation, besteht aus einem quadratischen Fleck Beton, auf dem eine Telefonzelle, ein Fahnenmast und sein Schreibtisch stehen. Der Sultan hat es nicht einfach, zumal das Land am Rand des wirtschaftlichen Zusammenbruchs steht. Das Bruttoinlandprodukt ist gleich null, und da es weder Vollzeiteinwohner noch Gebäude gibt, hat es keine Steuereinkünfte.
Die Staatsgründung wurde von der Anti-Establishment-Bewegung der Sechziger- und Siebzigerjahre inspiriert. Wikipedia führt eine ganze Liste solcher Mikronationen auf, die weder von einem souveränen Staat noch von einer supranationalen Organisation anerkannt werden. Oft handelt es sich um Kunst- oder Satireprojekte. Manchmal geht es auch um eine Protestaktion, etwa gegen Steuern.
Die United Territories of the Sovereign Nation of the People’s Republic of Slowjamastan, wie die offizielle Bezeichnung lautet, umfasst ein elf Hektaren grosses Grundstück in der Wüste Südkaliforniens, das Williams für 19’000 $ gekauft hat. Am 1. Dezember 2021 hat er die Unabhängigkeit von den USA erklärt. Kurz darauf wurde mit dem Duble eine eigene Währung eingeführt, deren Name sich im Englischen mit dem russischen Rubel reimt.
In Anbetracht der aktuellen Entwicklungen wird die Landesgrenze von Chef-Zöllner Mark Corona scharf überwacht – das heisst, wenn er gerade in der Gegend ist. Bewaffnet ist er mit einer Wasserpistole, die mit Tequila gefüllt ist. Wer einreisen will, muss ein Visum beantragen. Das geht am einfachsten übers Internet, wo man sich auch in drei Minuten kostenfrei einbürgern lassen kann. Inzwischen haben über 20’000 Leute die Staatsbürgerschaft erworben.
Eigentlich ist Slowjamastan eine friedliebende Nation. Doch in letzter Zeit kommen auch in Dublândia Grossmachtgelüste auf. Während US-Präsident Trump seinen Aussagen nach Kanada, Grönland und/oder den Panamakanal annektierten will, hat es der Sultan des Wüstenstaats auf die Stadt Yuma im benachbarten Arizona abgesehen. Erst vor wenigen Tagen hat er zudem den riesigen Saltonsee unweit der Landesgrenze in Sultansee umbenannt.