Das Verhältnis zwischen Israel und seinen westlichen Partnern verschlechtert sich. Mehrere Länder wollen nun auch vorwärtsmachen mit der Anerkennung eines Staates Palästina.
So viel Kritik von Israels treuesten Verbündeten gab es lange nicht. Er sei entsetzt über den Tod von sieben ausländischen Helfern im Gazastreifen, teilte am Dienstag der britische Premierminister Rishi Sunak mit. Völlig inakzeptabel sei der Drohnenangriff auf einen Konvoi der Organisation World Central Kitchen, kritisierte der australische Regierungschef Anthony Albanese. Mit diesem tragischen Anschlag auf Freiwillige, so Polens Ministerpräsident Donald Tusk, werde die Solidarität seines Landes mit dem jüdischen Staat auf eine harte Probe gestellt.
Humanitäre Pflichten verletzt
Bei den Getöteten handelte es sich um humanitäre Helfer aus Australien, Gaza, Polen, Grossbritannien und den Vereinigten Staaten. Gefährlich nah am Gefrierpunkt ist seither das Verhältnis zwischen dem amerikanischen Präsidenten Joe Biden und Israels Premierminister Benjamin Netanyahu. Aber auch in der Europäischen Union wird es um die Unterstützer Israels, die dem Land bisher einen weiten Spielraum bei der Bekämpfung der Hamas-Terroristen zubilligen wollten, einsamer.
«Wir erinnern an die israelische Verpflichtung nach dem humanitären Völkerrecht, humanitäre Helfer jederzeit zu schützen», schrieben am Mittwoch der spanische EU-Aussenbeauftragte Josep Borrell und der slowenische EU-Kommissar für Krisenmanagement, Janez Lenarcic, in einer gemeinsamen Erklärung. Eine hohe Anzahl humanitärer Helfer, so Borrell und Lenarcic, habe seit Beginn des Krieges in Gaza bereits ihr Leben verloren. Für den Beschuss des Hilfskonvois müsse Israel die Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen.
Spanien und Slowenien sind Mitglieder einer Koalition innerhalb der EU, die vorwärtsmachen will mit der Anerkennung eines unabhängigen palästinensischen Staates. Auch Malta und Irland gehören dazu. Belgien könnte ebenfalls bald dazustossen. Acht EU-Länder haben einen eigenen Staat Palästina bereits anerkannt, es sind Polen, Rumänien, Ungarn, Tschechien, die Slowakei und Bulgarien, die sich noch 1988, vor Ende des Ost-West-Konflikts, zu dem Schritt entschlossen, sowie Zypern und Schweden.
Sanchez legt sich mit Netanyahu an
Bis zum Sommer will Madrid die palästinensische Eigenstaatlichkeit anerkennen und damit einen Beitrag zur Beendigung des Konflikts leisten, wie es etwas vollmundig aus Madrid heisst. Kritik aus Israel, dass damit der Terrorismus belohnt werde, tut die Regierung von Ministerpräsident Pedro Sánchez als Unsinn ab. «Die Anerkennung des palästinensischen Staates ist die beste Garantie für die Sicherheit Israels», sagte der spanische Aussenminister José Manuel Albares am Mittwoch vor Journalisten in Brüssel.
Länder wie Spanien, Irland und Belgien sind freilich nicht erst seit dem Tod der humanitären Helfer aus der breiten Unterstützung für Israel, die es nach dem Terrorangriff der Hamas am 7. Oktober noch gab, abgerückt. Innerhalb der EU gab es schon immer unterschiedliche Ansichten darüber, wie weit das Selbstverteidigungsrecht Israels gehen sollte und wie intensiv man die Zweistaatenlösung vorantreiben sollte.
Wenig überraschend aber ist der politische Rückhalt für Israel geschwunden, seit die zivilen Opferzahlen steigen und sich die humanitäre Lage im Gazastreifen stetig verschlechtert: Mittlerweile einstimmig fordern alle Mitgliedstaaten eine «sofortige humanitäre Pause als Voraussetzung für einen humanitären Waffenstillstand».
Symbolische Sanktionen
Auch Deutschland, Österreich und Ungarn stimmten am jüngsten EU-Gipfel Ende März einer Formulierung zu, wonach der Europäische Rat «entsetzt» sei «angesichts der beispiellosen Verluste an Menschenleben unter der Zivilbevölkerung und der kritischen humanitären Lage». Die drei Länder gehörten bisher zu den stärksten Unterstützern Israels. Alle Mitgliedstaaten verurteilten ausserdem den Bau neuer Siedlungen im Westjordanland, und sie kündigten an, nicht nur die Hamas, sondern auch radikale jüdische Siedler mit Sanktionen zu belegen. Bisher hatte sich vor allem Ungarn dem widersetzt.
Der Beschluss ist weitgehend symbolisch, bei den Sanktionen geht es um Einreiseverbote und das Einfrieren von Vermögenswerten. Dabei dürfte sich die Zahl extremistischer Siedler, die vom Westjordanland aus in die EU einreisen wollen, in Grenzen halten. Relevant ist für Brüssel denn auch eher das politische Signal an die Palästinenser, in dem Konflikt nicht einseitig agieren zu wollen.
Klar ist, dass die Zeit nicht auf der Seite Israels ist und das Land je isolierter wird, desto länger der Krieg in Gaza andauert. Charles Michel, der belgische EU-Rats-Präsident, der sich bisher mit scharfen Worten vergleichsweise zurückgehalten hat, schrieb am Mittwoch auf X, dass eine Untersuchung des Angriffs auf die World-Central-Kitchen-Mitarbeiter überfällig sei. Man müsse «das Abschlachten unschuldiger Zivilisten und humanitärer Helfer» beenden, so Michel.







