Im Supermarktgeschäft nähern sich die beiden Detailhändler umsatzmässig weiter an, doch beim Onlinegeschäft gibt es noch deutliche Unterschiede.
1. Aufholjagd im Supermarkt
Am besten vergleichen lassen sich die beiden grossen Schweizer Detailhändler in ihrem wichtigsten Standbein, den Supermärkten. Hier ist die Migros nach wie vor leicht grösser mit einem Umsatz von 12,7 Milliarden Franken. Doch Coop hat den Abstand erneut verringert und ist mit 12,1 Milliarden Franken nicht mehr weit davon entfernt.
Coop ist zwar 2024 im Supermarkt stärker gewachsen (+2 Prozent) als die Migros (+0,3 Prozent) hat das Niveau der Rekordumsätze aus den Pandemiezeiten allerdings erst jetzt wieder erreicht. Die Migros hingegen konnte das Umsatzniveau seit Corona praktisch durchgehend hoch halten.
Vergleicht man die Bedeutung des Supermarktgeschäfts für die gesamte Gruppe, so ist diese bei der Migros klar grösser. Dieser Geschäftsteil steht für fast 40 Prozent des Gesamtumsatzes. Bei Coop sind es nur 34 Prozent.
Ein interessantes Detail: Dass die – in den obigen Zahlen nicht enthaltene – Migros-Discounttochter Denner 2024 stagnierte (3,8 Milliarden Franken Umsatz, +0,1 Prozent) dürfte auch mit dem Vormarsch von Aldi und Lidl zu tun haben.
2. Die Fachmärkte schwächeln nicht nur bei der Migros
Für die Migros waren die Fachmärkte schon länger Sorgenkinder. Im 2024 dürfte der Umsatz zurückgegangen sein, weil im vergangenen Jahr viele Filialen geschlossen oder verkauft wurden.
Ein Teil der Melectronics-Läden wurden von Media Markt übernommen, bei SportX haben die Dosenbach-Ochsner-Gruppe und Decathlon zugegriffen und führen einen Teil der Geschäfte weiter.
Auch bei Do-it + Garden wurden einzelne Märkte geschlossen. Was mit den übrigen Läden passiert, ob sie verschwinden oder von einem Konkurrenten übernommen werden, wird die Migros in den nächsten Wochen oder Monaten bekanntgeben. Ebenso ist noch offen, was mit dem Möbelhändler Micasa passiert.
Aber auch bei Coop war 2024 für die Fachmärkte ein durchzogenes Jahr. So ist der Umsatz beim Jumbo-Baumarkt gesunken, weil das schlechte Wetter im Frühling und Sommer weniger Kunden in die Läden lockte.
Das rückläufige Geschäft beim Einrichtungshaus Livique erklärt sich Coop damit, dass sich viele Kunden während der Pandemie neue Möbel gekauft haben und nun entsprechend weniger grosse Anschaffungen getätigt wurden.
Beim zu Coop gehörenden Elektronikhändler Fust waren die Umsätze 2024 ebenfalls rückläufig, weil im Rahmen einer neuen Strategie das Portfolio bereinigt wurde.
3. Onlinehandel kommt beim Food nicht aus der Nische heraus
Schweizer Konsumenten kaufen ihre Lebensmittel nach wie vor hauptsächlich im Laden ein. Die Online-Supermärkte der beiden Detailhändler verzeichneten 2024 zwar ein stolzes Wachstum (Coop: +8,7 Prozent, Migros +6 Prozent). Ihre Bedeutung bleibt aber bescheiden. Die Migros gibt einen Umsatz von gerade einmal 365 Millionen Franken an und beansprucht damit den Spitzenplatz in der Schweiz. Das würde nahelegen, dass der Umsatz bei Coop tiefer liegt.
Ein anderes Bild zeigt sich, wenn man die übrigen Online-Aktivitäten der beiden grossen Detailhändler betrachtet. Stark gewachsen ist bei der Migros die Onlineplattform Galaxus. Diese darf mit dem Segen der Zentrale in Zürich auch weiterhin in Deutschland und im übrigen Ausland tätig sein – nicht zuletzt weil es das neue Galaxus-Logistikzentrum in Süddeutschland ohnehin braucht, um die wachsenden Volumen für die Schweizer Kundschaft zu bewältigen.
Coop hat seine deutlich kleineren Non-Food-Onlineaktivitäten 2024 umstrukturiert. Nachdem sich die Plattform Microspot.ch nicht als Galaxus-Konkurrentin etablieren konnte, wurde sie in die Onlineplattform von Interdiscount integriert. Dass Coop seinen Onlineumsatz dennoch mit 5,5 Milliarden beziffert, liegt daran, dass hier auch das Onlinegeschäft der Gastro- und Grosshandelstochter Transgourmet enthalten ist.
4. Der Kampf um Standorte wird härter
Weil der stationäre Handel weiterhin wichtig ist und die Konsumenten vermehrt kleinere Einkäufe tätigen, aber dafür öfter, wird sich der Kampf um neue Ladenflächen verschärfen.
Die Migros hat im Oktober die Eröffnung von 140 neuen Filialen angekündigt. Bis sich das im Umsatz niederschlägt, dürfte es allerdings noch eine Weile dauern. Der Ausbau des Filialnetzes von heute 790 auf 930 Läden ist bis ins Jahr 2030 vorgesehen. Zum Vergleich: Der Konkurrent Coop betreibt heute 965 Filialen.
Auch Aldi und Lidl werden ihr Filialnetz optimieren. Zudem werden ausländische Mitspieler wie die Drogeriemarktkette Rossmann und der mehrheitlich auf Non-Food ausgerichtete Discounter Action landesweit Filialen eröffnen.
5. Das neue Jahr bringt eine geschrumpfte Migros
Im neuen Geschäftsjahr wird sich auf Gruppenebene der Unterschied zwischen den beiden Händlern voraussichtlich noch spürbar vergrössern. Der Grund ist, dass bei der Migros Umsätze von schätzungsweise zwischen 3,5 und 4 Milliarden Franken wegfallen: Das beinhaltet sämtliche Fachmärkte mit Ausnahme der Obi-Baumärkte, die weitergeführt werden sollen, Hotelplan sowie die Kosmetikfirma Mibelle.
Bei Coop ist Stand jetzt erst der Wegfall der Bodyshop-Umsätze absehbar, weil der Händler die Läden per Ende Mai nicht mehr weiterführen will. Mit einem Umsatz von rund 20 Millionen Franken ist das aber vernachlässigbar.
Entscheidend dafür, dass die Coop-Gruppe die Migros grössenmässig überholt hat, ist sowieso die Tochter Transgourmet. Mit Cash-and-Carry-Märkten und als Gastrozulieferer erwirtschaftet das Unternehmen europaweit einen Umsatz von über 11 Milliarden Franken – fast so viel, wie die Supermärkte.