Der Franzose war im zweiten Training zur Weltcup-Abfahrt in Bormio heftig auf die Piste geprallt. Auch der Schweizer Josua Mettler stürzte und verletzte sich schwer.
(dpa) Skirennfahrer Cyprien Sarrazin ist nach seinem schweren Sturz im Abfahrtstraining von Bormio erfolgreich am Kopf operiert worden und mittlerweile auch wieder bei Bewusstsein. Er sei wach und sein Zustand stabil, teilte der französische Verband am Samstagnachmittag mit. Sarrazin war am Freitagabend operiert worden und hatte sich zunächst weiter im künstlichen Koma befunden.
Bei Sarrazin war nach dem Sturz ein Subduralhämatom, eine Blutung in der Nähe des Gehirns, diagnostiziert worden. Der 30-Jährige wurde daraufhin mit einem Helikopter abtransportiert und auf der neurologischen Intensivstation eines italienischen Krankenhauses behandelt. Er werde für eine noch unbestimmte Zeit unter Beobachtung bleiben, sagte der Arzt des französischen Alpinskiteams, Stéphane Bulle, in der Mitteilung am Samstag.
Sarrazin hatte am Vortag mit Startnummer 11 bei der Einfahrt in den Schlussteil die Kontrolle verloren, hob über eine Bodenwelle ab und schlug aus grosser Höhe heftig mit dem Rücken und dem Kopf auf die harte Piste auf. Er schlitterte danach regungslos den Steilhang hinunter und durchschnitt mit seinen Ski das Sicherheitsnetz. Erst danach kam er zum Stillstand.
«Kann leider immer passieren»
Sarrazin ist für seine kompromisslose Fahrweise bekannt. Dass er dieses Mal die Grenze überschritten habe, wollte der Weltcup-Leader Marco Odermatt jedoch nicht unterschreiben. «So etwas kann leider immer passieren», sagte der Nidwaldner. Es habe bereits im ersten Training einige Verschneider von sonst sehr sicheren Fahrern gegeben. «Natürlich fährt er die Kurven enger als andere, aber über dem Limit war das nicht.»
Übereinstimmend äusserten sich die Athleten zu den schwierigen Schneebedingungen. Über einen grossen Teil sei die Strecke gewohnt eisig, dann habe es aber auch Passagen, in denen der Schnee «aggressiv» werde, also sehr griffig. «Man muss ständig an die Verhältnisse adaptieren», sagte Stefan Rogentin, der sich im zweiten Training hinter dem Kanadier Cameron Alexander als Zweiter klassierte. «Das kann schwierig werden, wenn du schon länger unterwegs bist und die Beine müder werden.»
Kritik von Teamkollege Allègre
Deutlicher äusserte sich Sarrazins Teamkollege Nils Allègre, der bei Eurosport die Veranstalter kritisierte: «Sie wissen nicht, wie man eine Piste präpariert. Bereits im ersten Training war es für uns sehr gefährlich.» Der 30-Jährige sprach damit die Probleme an, welche die Fahrer am Donnerstag beim San-Pietro-Sprung hatten. Dieser sei viel zu weit gegangen, die Landung entsprechend schmerzhaft gewesen, so der allgemeine Tenor. Im Hinblick auf das zweite Training wurde der Sprung etwas abgetragen. Trotzdem haben einige Fahrer bewusst zuvor abgebremst.
Sarrazin, im ersten Training der Schnellste, war zum Zeitpunkt seines Sturzes erneut mit klarer Bestzeit unterwegs. Sein Stern ging vor einem Jahr in Bormio auf, als er überraschend seinen ersten Weltcup-Sieg errang und in der Folge zum ärgsten Konkurrenten von Odermatt in der Königsdisziplin wurde.
Hiobsbotschaft für Josua Mettler
Nach Sarrazin stürzte an der gleichen Stelle mit Josua Mettler auch ein Schweizer. Der 26-Jährige konnte nach einer Behandlung ins Ziel fahren, verspürte aber Schmerzen im Knie. Der Toggenburger entschied sich deshalb, für weitere Untersuchungen in die Schweiz zurückzukehren. Die Abklärungen an der Klinik Hirslanden in Zürich ergaben am Samstag praktisch identische Verletzungen an beiden Knien: Jeweils ein Riss des vorderen Kreuzbandes, ein Riss des Innenbandes sowie des Innenmeniskus. Mettler, 2023 Gesamtsieger im Europacup, wird in den nächsten Wochen operiert. Die Saison ist für den 26-Jährigen selbstredend beendet.