Trump will den Beamtenapparat verkleinern und speziell die Migrationsbehörden von angeblich «linken» Beamten säubern. «Verdächtige» werden nun mit Foto, Namen und Gehalt öffentlich auf einer Website angeprangert. Beobachter ziehen bereits Vergleiche zur McCarthy-Ära.
Donald Trumps Rückkehr nach Washington dürfte schlechte Nachrichten für die Heerscharen staatlicher Beamter bedeuten. Denn der designierte Präsident hat angekündigt, Berufsbeamte in grossem Stil durch politische Gefolgsleute zu ersetzen. Vor allem Angestellte im Ministerium für Inlandsicherheit (Homeland Security) sehen bereits Hinweise für «Säuberungsaktionen».
Beamte leichter entlassen dank dem «Schedule F»
In den USA gab es 2023 rund 2,8 Millionen Bundesbeamte. Davon sind nur wenige tausend «political appointees», also direkt von der jeweiligen Regierung berufene Gefolgsleute; zu ihnen zählen etwa viele Botschafterposten oder auch die Führungsposten von Ministerien.
Die grosse Mehrheit der Beamten gehören hingegen dem «civil service» an, sie sind Karrierebeamte. Die Idee dahinter ist, Professionalität und Kontinuität im amerikanischen Staatsapparat zu gewährleisten, unabhängig davon, welche Partei gerade an der Macht ist.
Doch bereits während seiner ersten Amtszeit hatte sich Trump an diesem System gestossen. Er fühlte sich von Beamten des «deep state» hintergangen, die angeblich seine Anweisungen nicht umsetzten und damit seine Politik untergruben.
Doch Staatsdiener sind auch in den USA schwer zu entlassen. Trumps Team hatte deswegen 2020 die Idee des «Schedule F» entwickelt: Eine neue gleichnamige Beschäftigungskategorie wurde geschaffen, in die grosse Teile der Staatsdiener neuerdings fallen sollten. Diese Neuklassifizierung würde es ermöglichen, Beamte nach Gutdünken zu entlassen. Zudem müssten sie bei ihrer Anstellung dem Präsidenten Gehorsam schwören.
Zehntausende Beamte würden gemäss Expertenschätzungen in diese neue Klasse fallen. Die Massnahme wäre für das Personalwesen einschneidend: Allein im Office of Management and Budget, welches den Haushalt der Exekutive verwaltet, würden 90 Prozent der knapp 3000 Beamten unter die neue Klassifizierung fallen, recherchierte die «Washington Post».
Wenige Tage vor der Präsidentenwahl 2020 unterzeichnete Trump eine entsprechende Verordnung; doch bevor sie voll greifen konnte, revidierte Joe Biden die Pläne als eine seiner ersten Amtshandlungen. In einer zweiten Regierungszeit Trumps dürfte «Schedule F» nun tatsächlich umgesetzt werden.
Migrationsbeamte im Fokus
Speziell die Beamten der Migrationsbehörden sind Donald Trump ein Dorn im Auge. In der ersten Amtszeit des Republikaners war beispielsweise schnell an die Medien durchgesickert, dass Trump asylsuchende Eltern von ihren Kindern trennte. In einem anderen Fall hatte ein für Asylanträge zuständiger Beamter Trumps «Remain in Mexico»-Politik als Bruch mit dem geltenden Einwanderungsrecht kritisiert. Er hatte eine Whistleblower-Beschwerde eingereicht, weil die Regierungsanweisung im Widerspruch zum Amtseid der Asylbeamten stehe.
Derartiges will man nun verhindern, eine Art Säuberungsaktion ist bereits in die Wege geleitet. Eine von der konservativen Heritage Foundation finanzierte Gruppe hat in den vergangenen Monaten «linke» Beamte innerhalb des Ministeriums für Inlandsicherheit ausfindig gemacht, die man als Erstes entlassen müsse.
Indikatoren dafür waren beispielsweise frühere Aussagen der Beamten in sozialen Netzwerken oder geringfügige Spenden an demokratische Kandidaten. Der Gründer der «American Accountability Foundation» sagte in einem Interview, er arbeite nicht im direkten Auftrag von Trumps Team, aber hoffe, dieses werde seine Vorarbeit nutzen. Weitere rote Linien seien für ihn, wenn die Beamten ihre Pronomen öffentlich angäben oder sich für Diversität aussprächen. Zudem verschickte die Gruppe E-Mails an die Belegschaften der Behörde mit der Bitte, «feindliche» Kollegen zu melden.
Die Ergebnisse dieser Recherchen – die «Abtrünnigen» sozusagen – sind auf einer Website namens «DHS Watchlist» aufgeführt, samt fiktivem Behördenlogo und der Überschrift «Amerikas subversivste Zuwanderungsbürokraten». 57 Beamte sind dort zurzeit mit Namen, Foto und Gehalt zu finden, inklusive ihrer persönlichen Finanzdaten (alles Angaben, die in den USA öffentlich sind). Ihnen allen wird vorgeworfen, «linksliberale Fanatiker» zu sein, die die Sicherung von Amerikas Grenzen torpedierten. Auf der Website kann ein jeder Hinweise auf abtrünnige «Verdächtige» hinterlassen.
Das Denunziantentum sorge für enorme Verunsicherung unter den Beamten, erzählte eine Beamtin der NZZ. Sie selbst werde ihre Profile in sozialen Netzwerken nun um alles bereinigen, was auf eine Tätigkeit im Bereich Zuwanderung hinweisen könnte.
Auch Beamtengewerkschaften empörten sich über die Praxis. Die American Federation of Government Employees etwa, der 86 000 Beamte am Department for Homeland Security angehören, verglich die Praktiken mit der McCarthy-Ära – also jener Zeit in den fünfziger Jahren, als der Senator Joseph McCarthy Staatsbeamte des Kommunismus bezichtigte und sie ausspionieren liess.
Das Ministerium für Inlandsicherheit kontaktierte gemäss Medienberichten die betroffenen Beamten. «Wir verurteilen jegliche Versuche, unsere Staatsdiener zu bedrohen oder einzuschüchtern», sagte der zuständige Minister Alejandro Mayorkas in einer Stellungnahme.
Trump will Behörden ins ländliche Amerika versetzen
Auch andere Behörden bereiten sich bereits auf den Machtwechsel in Washington vor. Eine Mitarbeiterin der Umweltschutzbehörde EPA sagte in einem Interview, die Beamten fokussierten sich nun in den letzten Wochen der Regierung Biden darauf, Umweltschutzbestimmungen so zu verankern, dass sie nicht revidiert werden könnten.
Darüber hinaus plant Trump, den Amtssitz zahlreicher Behörden und damit Hunderttausende Beamte aus Washington in andere Landesteile zu versetzen, um dort die Wirtschaft anzukurbeln. Bereits während Trumps erster Amtszeit war etwa der Sitz des Bureau of Land Management nach Grand Junction, Colorado, versetzt worden.
Auch dürfte Trump dem Staatsapparat eine Schlankheitskur verordnen. Sein Berater Elon Musk – der bei seinen Firmen Tesla und der Plattform X für einen radikalen Sparkurs bekannt ist – hatte im Wahlkampf vorgeschlagen, einen «Ausschuss für Regierungseffizienz» zu schaffen. Dieser solle zwei Billionen Dollar vom Bundeshaushalt einsparen – mehr als die Budgets der Ministerien für Verteidigung, Erziehung und Inlandsicherheit zusammengerechnet. Trump kündigte bereits an, dass Musk einen solchen Ausschuss leiten solle.