Im vergangenen Jahr sorgte ein Urteil des Bundesgerichts für Unmut: Es stützte ein Vergewaltigungsurteil der Basler Justiz, wonach die Dauer einer Vergewaltigung bei der Strafe berücksichtigt werden könne. Nun hat das Gericht die Aussage revidiert.
cog. /(sda) Die Dauer einer Vergewaltigung darf für die Strafzumessung in keinem Fall zu Gunsten des Täters berücksichtigt werden. Dies betont das Bundesgericht in einem am Dienstag publizieren Fall aus dem Kanton Wallis. Umgekehrt könne es sich durchaus erschwerend auf die Schuld des Täters auswirken, wenn die Länge der Tat auf eine erhöhte kriminelle Energie schliessen lasse.
Das Bundesgericht hat damit die Beschwerde eines 51-jährigen Portugiesen abgewiesen. Der Mann argumentierte, das Walliser Kantonsgericht hätte seine Schuld bei der Strafzumessung wegen der kurzen Dauer der Tat milder beurteilen müssen. Er verwies dabei auf einen Fall aus dem Kanton Basel-Stadt, in dem das Appellationsgericht bei der Begründung unter anderem auf die Dauer der Tat Bezug genommen hatte. Die Aussage des Bundesgerichts hatte in der Öffentlichkeit für viel Unmut gesorgt.
Unangemessene Formulierung
Der Vergewaltigungsfall in Basel hatte vor zwei Jahren grosse Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Eine 33-jährige Frau wurde im Hauseingang von zwei Männern – einer war minderjährig – vergewaltigt. Das Basler Strafgericht verurteilte den erwachsenen Täter wegen Vergewaltigung und sexueller Nötigung zu einer Freiheitsstrafe von viereinviertel Jahren und zu acht Jahren Landesverweisung. Doch im Berufungsverfahren setzte das Appellationsgericht die Strafe auf drei Jahre herab, davon achtzehn Monate bedingt. Die Landesverweisung reduzierte diese auf sechs Jahre.
In der schriftlichen Begründung des Urteils hiess es, dass die Vergewaltigung nur ungefähr sechs bis sieben Minuten gedauert habe. Auch der Oralverkehr sei nicht besonders gravierend gewesen, denn das Geschlechtsteil habe sich nur «sehr kurzzeitig» im Mund der Frau befunden. Das Bundesgericht schloss sich dieser Haltung grundsätzlich an. Es sei korrekt, dass das Appellationsgericht die «im Vergleich relativ kurze Dauer der Vergewaltigung» berücksichtige.
Das Bundesgericht bezeichnet diese Formulierung nun als isoliert und unangemessen. Das höchste Schweizer Gericht hält fest, dass die Bezeichnung «Vergewaltigung von kurzer Dauer» ein Unding sei. Die Verletzung des geschützten Rechtsguts werde ab dem ersten Moment der sexuellen Handlung bewirkt.