Sie sprachen sich gegen Gerhard Pfister als Bundesrat aus, stichelten gegen Markus Ritter, forderten eine Frauenkandidatur – und scheiterten. Dann forderten sie eine Frauenquote im Parteipräsidium und scheiterten erneut. Nun nehmen sie das Fraktionspräsidium ins Visier. So halbherzig.
Gerhard Pfister, der Mann, der die Partei seit Jahren führt und gemeinsam mit seiner Parteisekretärin Gianna Luzio die Fusion der CVP mit der BDP samt Namens- und Profilwechsel durchgezogen hat, sollte nicht Bundesrat werden. Schon zwei Tage nach dem abrupten Abgang von Mitte-Bundesrätin Viola Amherd Mitte Januar sagte die Zürcher Nationalrätin Yvonne Bürgin in der Politsendung «Arena»: «Ich präferiere grundsätzlich jüngere Kandidatinnen für die Nachfolge.»
Am selben Tag hatte die Luzerner Ständerätin Andrea Gmür zu Protokoll gegeben, der Präsident müsse nun endlich den Konflikt zwischen ein paar ehemaligen Angestellten und der Parteisekretärin aufarbeiten. «Wenn bis zur Bundesratswahl die Sache nicht geklärt ist, geht das nicht mit Herrn Pfister auf dem Ticket.»
Was sie nicht sagte: An «der Sache» haben auch einige Mitte-Frauen ihren Anteil. Es war der Verein Mitte Frauen Schweiz, der im Jahr 2022 ein Berner Anwaltsbüro mit einer Untersuchung betreffend «Arbeitsplatzsituation auf dem Generalsekretariat» beauftragte.
Am Ende wurde es ein Mann
Seither hat Gerhard Pfister auf eine Kandidatur als Bundesrat verzichtet, hat Parteisekretärin Gianna Luzio ihre Kündigung eingereicht und haben mehr oder weniger alle als Bundesratskandidatinnen infrage kommenden Mitte-Frauen ihren Verzicht bekanntgegeben. Gewählt wurde am 12. März im zweiten Wahlgang der Zuger Regierungsrat Martin Pfister.
Sein Konkurrent, der Bauernverbandspräsident Markus Ritter, hatte keine Chance. Er war über sein forsches Naturell gestolpert und auch ein wenig über die Parteikolleginnen. Als er seine Kandidatur bekanntgab, sagte er, er verhindere keine Frauenkandidatur. Denn die Frauen in seiner Partei interessierten sich nicht so für das Verteidigungsdepartement.
Christina Bachmann-Roth, die Präsidentin der Mitte-Frauen, reagierte empört: «Seine Aussagen enttäuschen mich», sagte sie, «sie sind ein Affront gegen unsere Verteidigungsministerin Viola Amherd.» Die Sicherheitspolitikerin Andrea Gmür zum Beispiel sei sehr geeignet für das Amt.
Allerdings sagte auch Andrea Gmür nach langem Zögern ab, und so blieb Bachmann-Roth nur noch die Flucht nach vorn. Wenn es schon nicht mit einem Bundesratssitz klappen sollte, dann doch wenigstens mit dem Parteipräsidium. Eine Frau müsse her oder wenigstens eine Quote: ein Co-Präsidium, das mit mindestens einer Frau besetzt sei.
In einem Mediencommuniqué schrieb sie: «Haben wir als Gesellschaft immer noch Angst vor erfolgreichen starken Frauen?» Obwohl es «zahlreiche hervorragende Frauen» gebe, würden auch für die Nachfolge Pfisters an der Spitze der Partei vor allem Männernamen ins Spiel gebracht. Die Mitte-Frauen forderten deshalb, dass die Findungskommission zu 50 Prozent mit Frauen besetzt werde.
Am Ende wird es ein Mann
Die Kommission bildete sich wie gewünscht, doch eine Frau, die Parteipräsidentin werden wollte, fand sich trotzdem nicht. Am Donnerstag hat sich auch die letzte verbliebene Kandidatin, Nicole Barandun, zurückgezogen. Den Zeitungen von CH Media sagte die Zürcher Nationalrätin und langjährige Co-Präsidentin der Zürcher Kantonalpartei, leider habe sie niemanden gefunden, der sich neben ihr für ein Co-Präsidium zur Verfügung habe stellen wollen.
Dabei hatte die Mitte-Frauen-Präsidentin Christina Bachmann-Roth lange betont, es gebe einige Frauen, die sich für dieses Amt interessierten. Die Mitte-Frauen seien «motiviert», das Amt an der Parteispitze mit einer Frau zu besetzen. Sie selber habe allerdings kein Interesse.
Doch es kam auch hier anders. Zur Wahl stehen nun noch der Favorit von Anfang an, Matthias Bregy, der Chef der Bundeshausfraktion, und der Berner Nationalrat Reto Nause.
Damit bleibt den Mitte-Frauen vorläufig nur noch das Fraktionspräsidium zur Eroberung. Nicole Barandun sagt, generell sei sie daran eher weniger interessiert. Immerhin gibt Yvonne Bürgin, Vizepräsidentin der Partei, bekannt, sie sei am Amt interessiert. Sie wurde – wie Barandun – im Herbst 2023 in den Nationalrat gewählt und gehört dem nationalen Parlament seit anderthalb Jahren an.
Wird es am Ende wieder ein Mann?
Das sind mässige Aussichten für eine erfolgreiche Kandidatur, zumal Co-Fraktionspräsidien in der Bundesversammlung bisher noch nie vorgekommen sind. Das weiss auch Nicole Barandun. Dass die Frauen weder eine Kandidatin für den Bundesrat noch eine für das Präsidium gefunden hätten, halte sie für kein Problem, beteuerte sie dem Journalisten von CH Media. «Wir Parlamentarierinnen der Mitte haben nicht den Eindruck, dass wir keine prestigeträchtigen Ämter besetzen können, wenn wir wollen.»
Immerhin habe die Mitte mit Doris Leuthard, Eveline Widmer-Schlumpf und Viola Amherd drei Bundesrätinnen gestellt.