Die Gründer lösen die Gruppe mit Bain auf – nicht, weil sie eine Transaktion aufgegeben haben, sondern um sie zu ermöglichen. Doch es schafft weitere Unsicherheit.
Geschätzte Leserin, geschätzter Leser
Die Gründungsaktionäre von SoftwareOne – Daniel von Stockar, die B. Curti Holding und René Gilli – gaben heute bekannt, die vor acht Monaten mit dem Private-Equity-Haus Bain Capital geschlossene Gruppe aufzulösen. Das Ziel der Gründer, die zusammen 29% der Aktien von SoftwareOne besitzen, und von Bain war seither, den Schweizer Wiederverkäufer von Software mit einem Übernahmeangebot zu einem zuletzt kolportierten Preis von 18.80 Fr. je Aktie von der Börse zu nehmen.
Dagegen sträubt sich der amtierende Verwaltungsrat von SoftwareOne, Mitte Januar hat er einer Transaktion den Riegel vorgeschoben. Die Gründungsaktionäre wiederum wollen deshalb auf einer ausserordentlichen Generalversammlung (a.o. GV), die auf den 18. April angesetzt ist, das Gremium komplett austauschen, um so doch noch eine Transaktion zu ermöglichen.
Aus einem Briefverkehr zwischen den Anwälten der beiden Seiten geht nun hervor, dass SoftwareOne offensichtlich versucht, die Stimmrechte der Gründungsaktionäre zu suspendieren, sodass ihre 29% an der a.o. GV gar nicht berücksichtigt würden. In der heutigen Pressemitteilung der Gründer steht dazu:
«Bei seinem Versuch, die ordnungsgemässe und faire Durchführung der bevorstehenden a.o. GV zu verhindern, ist der derzeitige Verwaltungsrat nicht einmal vor der haltlosen Drohung zurückgeschreckt, die Stimmrechte der Gründeraktionäre auszusetzen.» Und weiter: «Dies liess den Gründeraktionären keine andere Wahl, als die Gruppe aufzulösen.»
Auflösung der Gruppe als taktischer Schritt
Gemäss Argumentation der Gründer findet die Auflösung der Gruppe statt, um zu «vermeiden, dass das Unternehmen in einen langwierigen, zermürbenden und teuren Rechtsstreit verwickelt wird.» Mit der heutigen Ankündigung, dass die Gruppe aufgelöst wird, sei der Weg frei für eine reibungslose a.o. GV, «die den Willen der Aktionäre angemessen widerspiegelt und den dringend notwendigen Wechsel im Verwaltungsrat herbeiführt.»
Mit der Auflösung der Gruppe verfolgen die Gründer also das Ziel, potenzielle Angriffsfläche, die eine Suspendierung ihrer Stimmen auslösen könnte, zu minimieren. Es ist kein Verzicht auf eine künftige Transaktion – im Gegenteil:
«Die Gründeraktionäre sind nach wie vor überzeugt, dass für die nächste Wachstumsphase von SoftwareOne die besten Voraussetzungen in einem privaten Umfeld gegeben sind», schreiben sie in der heutigen Mitteilung und drohen dem amtierenden Verwaltungsrat mit rechtlichen Schritten: «Schon während des langwierigen Prozesses der strategischen Überprüfung im Jahr 2023 hat der derzeitige Verwaltungsrat den Fortschritt verzögert und behindert; gleichzeitig verschlechterte sich das Geschäft, und es wurde Aktionärswert vernichtet.»
Das Dilemma, das mit dem Vorgehen entsteht: Mit der Aufhebung der Gruppe ist noch unklarer als bereits zuvor, welche Absichten Bain derzeit verfolgt. Schliesslich soll der Private Equity das Übernahmeangebot ja letztendlich finanzieren Doch dazu findet sich in der Mitteilung nichts – und Bain kann sich nun auch gar nicht mehr dazu äussern.
Denn würde Bain kommunizieren, SoftwareOne zusammen mit den Gründern übernehmen zu wollen, würde dies einer Absprache zu gemeinsamen Handeln gleichkommen und die soeben aus taktischen Gründen aufgelöste Gruppenbildung würde erneut erforderlich.
Aktionäre im Ungewissen
Auf die Unsicherheiten, die so im Übernahmekampf entstanden sind, weist der Verwaltungsrat von SoftwareOne hin, seit er die indikativen Offerten der Gruppe zurückgewiesen hat.
In der Reaktion auf die Aufforderung, eine a.o. GV einzuberufen, begründet das Gremium seine ablehnende Haltung gegenüber einem Deal mit Bain mitunter damit, dass es «angesichts des unverbindlichen und bedingten Charakters der Indikation sowie der mangelnden Visibilität in Bezug auf die Finanzierung und andere Kernelemente der Transaktion höchst fraglich [war], ob Bain Capital überhaupt eine Transaktion anstrebt.» Auch sei Verwaltungsrat der Ansicht, «dass ein zukünftiges Angebot von Bain Capital nicht wahrscheinlich ist.»
Gegenteiliges ist von der anderen Seite zu vernehmen: Dort heisst es hinter vorgehaltener Hand, das Interesse von Bain an einer Übernahme von SoftwareOne sei unverändert – dies für den Fall, dass eine Transaktion auch umsetzbar sei. Denn die Lancierung eines vom Verwaltungsrat unerwünschten öffentlichen Kaufangebots schliesset das Private-Equity-Haus aus Reputationsgründen kategorisch aus.
Für die Aktionäre von SoftwareOne bedeutet das: Auf der einen Seite ist die Abwahl des amtierenden Verwaltungsrates an der a.o. GV wohl die einzige Möglichkeit, um einer Transaktion den Weg zu ebnen. Gleichzeitig bleibt andererseits die Unsicherheit, ob Bain dann tatsächlich mit einem verbindlichen Übernahmeangebot zurückkommen wird – und zu welchem Preis.
Freundlich grüsst im Namen von Mr Market
Ruedi Keller