Zu divers, zu ambitioniert, zu progressiv: Das Wallis schmettert das Resultat aus vier Jahren Arbeit des eigens gewählten Verfassungsrats ab.
Es war ein hitziger Abstimmungskampf, die Gegner bekämpften sich zuletzt gar mit juristischen Mitteln. Doch nun hat die Walliser Bevölkerung überraschend deutlich gesprochen: Sie lehnt die neue Kantonsverfassung mit einem Nein-Anteil von 57 Prozent ab. Die Variante, die das Ausländerstimmrecht auf kommunaler Ebene erlaubt hätte, ist gar mit 69 Prozent verworfen worden. Viereinhalb Jahre Arbeit des eigens gewählten, 130-köpfigen Verfassungsrats sind damit Makulatur – zumindest für Erste.
Es wäre die erste Totalrevision der Kantonsverfassung seit 1907 gewesen. Doch offensichtlich war das Projekt zu ambitioniert, zu divers und in Teilen auch zu progressiv, um die Bevölkerungsmehrheit zu überzeugen. Obwohl die Widersacher unterschiedliche politische Couleur hatten, fand jeder der gegnerischen Akteure in den 190 Artikeln unliebsame Elemente. Vergeblich versuchten die Befürworter dagegenzuhalten, dass man das grosse Ganze nicht aus den Augen verlieren dürfe – und dass die allgemein gehaltenen Bestimmungen vom Parlament später in konkrete Gesetze hätten gegossen werden müssen.
Nicht mehr entzweit als zuvor
Besonderes Augenmerk galt dem Verhältnis zwischen dem Unterwallis und dem Oberwallis. Dass die deutschsprachige Minderheit die Verfassung ablehnen würde, war schon vor dem Urnengang klar. Aber würde es – bei einem derart fundamentalen Grundgesetz – allenfalls vom deutlich bevölkerungsreicheren französischsprachigen Kantonsteil überstimmt werden? Es wäre, aus Sicht des kantonalen Zusammenhalts, das Katastrophen-Szenario gewesen.
So weit ist es nun aber nicht gekommen. Zwar hat das Oberwallis die Verfassung wie erwartet wuchtig verworfen – die Variante mit dem Ausländerstimmrecht gar mit 85 Prozent –, aber auch im Unterwallis sagte eine Mehrheit Nein. Das Wallis ist also nicht mehr entzweit als vor dem Abstimmungssonntag.
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