Die Amerikaner und ihre Verbündeten haben erneut Luftangriffe gegen die Huthi in Jemen geflogen. Auch proiranische Milizen im Irak und in Syrien kamen ins Visier. Gleichzeitig verhandeln Israel und die Hamas weiter über eine neue Feuerpause.
Wieder einmal dröhnten die Triebwerke. Wieder einmal stiegen die Kampfjets von den Flugzeugträgern der amerikanischen Marine auf in den Nachthimmel. Und wieder einmal gingen kurz darauf Bomben und Marschflugkörper auf Militäreinrichtungen der Huthi nieder. Sowohl in der Nacht auf Samstag als auch in jener auf Sonntag flogen die Amerikaner und ihre britischen Verbündeten erneut Luftangriffe auf 36 Stellungen der längst zur Staatsmacht gewordenen ehemaligen Stammesmiliz in Jemen.
Die Angriffe würden dazu dienen, den freien Handelsverkehr in einer der wichtigsten Wasserstrassen der Welt sicherzustellen, erklärte der amerikanische Verteidigungsminister Lloyd Austin. Seit das Huthi-Regime in Reaktion auf den Gaza-Krieg damit angefangen hatte, Schiffe im Roten Meer zu attackieren, fliegen die Amerikaner und ihre Verbündeten immer wieder Angriffe gegen die mit Iran verbündeten Jemeniten.
Jemen bildet nur eine Front im Krieg
Die scheinen davon aber kaum beeindruckt. Auf die Erklärungen der Amerikaner reagieren die Huthi jeweils damit, dass sie nach den Luftangriffen in ebensolcher Formelhaftigkeit ankündigen, trotzdem weiterzumachen. «Das wird uns nicht davon abhalten, die Palästinenser in Gaza weiterhin zu unterstützen», schrieb ihr Sprecher Yahya Sari und kündigte Vergeltung an. Es ist davon auszugehen, dass daher bald schon die nächsten Jets in Richtung Südarabien starten werden.
Jemen bildet aber nur eine Front in dem weitläufigen Schattenkrieg, den die USA derzeit im Nahen Osten führen. Er richtet sich in erster Linie gegen Iran. Einen Tag vor den Schlägen auf Jemen flogen die Amerikaner auch Luftangriffe auf Stellungen in Syrien und im Irak. Zuvor waren ihre Truppen dort wiederholt von proiranischen Milizen beschossen worden. Nachdem jüngst in der Nähe der jordanisch-syrischen Grenze drei amerikanische Soldaten getötet worden waren, holten die Amerikaner zum Gegenschlag aus.
Gleichzeitig scheinen weder Iraner noch Amerikaner auf Eskalation aus zu sein. So sagte Irans Aussenminister kürzlich gegenüber dem Online-Magazin «Al Monitor», sein Land habe kein Interesse an einem Krieg. Die USA signalisieren ebenfalls Zurückhaltung. Zwar fliegen sie fast im Wochentakt Angriffe auf Teherans Verbündete. Laut «Wall Street Journal» hatte Washington den Iranern in Jemen aber angeblich bewusst genug Zeit gelassen, ihre Berater vor den Angriffen aus den Huthi-Stellungen abzuziehen.
Verhandlungen über eine neue Waffenruhe
Die übrigen Mächte in der Region wollen ebenfalls keinen Krieg. Das klamme Ägypten etwa, welches auf die Einnahmen aus dem Suezkanal angewiesen ist, leidet seit Wochen unter dem reduzierten Schiffsverkehr im Roten Meer. Die Golfstaaten wiederum warten darauf, dass endlich Ruhe herrscht und sie sich auf ihre wirtschaftliche Entwicklung konzentrieren können. Saudiarabien und die Vereinigten Arabischen Emirate hatten die Huthi bis vor kurzem selbst bekämpft. Sie haben wenig Lust, erneut zur Zielscheibe jemenitischer Drohnen und Raketen zu werden.
Die Machthaber in Sanaa sind von aussen aber nur begrenzt beeinflussbar. Immer wieder betonen sie, dass sie ihre Angriffe erst dann einstellen würden, wenn der Krieg in Gaza ende. Doch in dem Küstenstreifen, von dem aus die Hamas mit ihrem Terrorangriff auf Israel den Krieg ausgelöst hatte, gehen die Kämpfe unentwegt weiter. Zudem kündigte Israels Verteidigungsminister Yoav Gallant an, seine Truppen demnächst auch nach Rafah zu schicken. In dem Ort an der ägyptischen Grenze halten sich derzeit Zehntausende Flüchtlinge auf.
Gleichzeitig wird hinter den Kulissen über eine mögliche neue Waffenruhe verhandelt. Offenbar liegt der Hamas ein israelischer Vorschlag für eine sechswöchige Feuerpause vor. Er sieht einen Gefangenenaustausch vor, der es den Israeli erlauben würde, ihre verbliebenen Geiseln freizubekommen. Allerdings tun sich die radikalen Palästinenser offenbar mit einer Antwort schwer. Man sei mit einigen Punkten nicht einverstanden, sagte der Hamas-Vertreter Usama Hamdan am Samstag in einer Pressekonferenz in Beirut vage und warf den Israeli «Sturheit» vor.
Innerhalb der Hamas gibt es offenbar Differenzen
Arabische Medien schrieben am Sonntag zwar, eine Antwort der Terrorgruppe stehe kurz bevor. Doch solche Meldungen hatten sich in der Vergangenheit oftmals als verfrüht oder falsch erwiesen. Zudem gibt es innerhalb der Hamas angeblich Differenzen: So will die Militärführung in Gaza offenbar eine Waffenruhe, um eine Atempause zu gewinnen. Der politische Flügel im Exil hingegen soll mit den Bedingungen nicht zufrieden sein und würde stattdessen lieber auf eine dauerhafte Feuerpause hinarbeiten wollen.
Ob Israel für eine solche zu haben wäre, ist aber äusserst fraglich. Zwar hat Israel angesichts des Drucks, den vor allem die Angehörigen der verbliebenen Geiseln auf die Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanyahu ausüben, durchaus Interesse an einer schnellen Rückkehr der Verschleppten. In ihrer Kernforderung bleiben die Israeli aber hart. Auch nach fast vier Monaten Krieg sind sie immer noch fest entschlossen, die Hamas vollkommen zu zerschlagen.