Ende Juni wurde der «Shenzhen-Zhongshan-Link» eingeweiht, der in neue Dimensionen der Strassenverbindung über und unter Wasser vorstossen soll. Das architektonische Wunderwerk bricht Rekorde, allerdings sehr spezifische.
Das Perlflussdelta im Süden Chinas gehört mit rund 120 Millionen Einwohnern zu den am dichtesten besiedelten Regionen der Welt. Nicht nur Hongkong und Macau umfasst das Gebiet, sondern auch neun Millionenstädte der Provinz Guangdong, darunter Shenzhen und Zhongshan.
Gerade diese beiden Metropolen sind durch das Perlflussdelta voneinander getrennt. Wer von der einen zur anderen Stadt reisen wollte, musste bisher im Auto weit ins Landesinnere fahren, um die 1997 eröffnete, rund 3,6 Kilometer lange Humen-Brücke zu nutzen.
Doch seit Ende Juni 2024 gibt es eine neue, deutlich kürzere Route zwischen Shenzhen und Zhongshan. Eine Kombination aus zwei Brücken und einem Tunnel schafft eine 24 Kilometer lange Direktverbindung. Die Tunnelportale liegen je auf einer künstlich angelegten Insel, die wiederum durch Hängebrücken mit dem Festland verbunden sind.
Der Aufwand beim Bau der neuen Verbindung soll sich jedoch lohnen. Anders als etwa beim Gotthardtunnel mit je einer Fahrspur gibt es auf dem Shenzhen-Zhongshan-Link acht Fahrspuren, auf denen bis zu 100 km/h schnell gefahren werden darf. Die bisher fast zwei Stunden dauernde Fahrt zwischen den Metropolen verkürzt sich so auf 30 Minuten.
Zehn Weltrekorde der besonderen Art
Wie der chinesische TV-Sender CGTN (China Global Television Network) verkündet, bricht der Shenzhen-Zhongshan-Link gleich zehn Weltrekorde, allerdings nicht naheliegende wie die längste oder die grösste Brücke. Die Rekorde scheinen etwas gesucht, so zum Beispiel jener für die weltweit grösste Spannweite einer komplett im Meer verbauten Stahlkastenträger-Hängebrücke (1666 Meter). Dabei bestehen die Hauptträger der Brücke aus einzelnen hohlen Kästen, die aus Stahl und Beton gefertigt sind.
Einer der Weltrekorde steht für die höchstgelegene Fahrbahn auf einer Brücke (91 Meter), ein weiterer für den dicksten Brückenpfeiler einer Hängebrücke im Meer (344 000 Kubikmeter). Bemerkenswert ist der Rekord für den längsten Unterwassertunnel mit acht Fahrspuren (5035 Meter). Zudem enthält die neue Strassenverbindung eine weitere Weltpremiere: das erste Unterwasser-Autobahnkreuz überhaupt.
Auch die Sicherheitsmassnahmen innerhalb des im Perlflussdelta eingebauten Tunnels sprengen den üblichen Rahmen. Neuartige Hochleistungsventilatoren sorgen im Brandfall für Schutz vor Rauchvergiftungen in den Tunnelabschnitten. Eine Patrouille, bestehend aus 14 Robotern, überwacht die Röhren und Kabel, um einen sicheren Betrieb zu gewährleisten.
Metallpolizisten regeln den Verkehr
Die Roboter registrieren zudem Autounfälle im Tunnel und sorgen dank eingebauten Lautsprechern umgehend für die Regelung des Verkehrs an der Unfallstelle vorbei. Gleichzeitig senden sie Live-Videos an das Kontrollzentrum, damit das Verkehrsgeschehen über Bildschirme von aussen überwacht werden kann.
An den Tunnelwänden sorgen verschiedenfarbige Leuchten für die Information der Verkehrsteilnehmer. Läuft alles normal, erscheinen grüne Lichter. Im Notfall aber leuchten sie rot. Steht ein Problem kurz vor der Lösung, werden die Lichter gelb, um anschliessend wieder auf Grün zu wechseln. Farbverläufe von Gelb auf Grün entlang der Tunnelwände leiten den Verkehr im Falle einer Evakuation in die richtige Richtung.
Der Shenzhen-Zhongshan-Link bildet neben der Humen-Brücke im Norden und der weltweit längsten Meeresbrücke zwischen Hongkong und Macau (31 Kilometer) die dritte Direktverbindung über das Perlflussdelta.