Norwegen gilt als Rettungsanker für europäische Staaten, um unabhängiger von russischem Erdgas zu werden. Dortige neue Öl- und Gasprojekte sind Umweltschützern ein Dorn im Auge – und damit auch die Rolle ihrer Versicherer dabei.
Die Umweltorganisation Greenpeace kritisiert in einem Bericht Assekuranzkonzerne, die neue Öl- und Gasprojekte in Norwegen versichern. Dazu gehören auch die Schweizer Unternehmen Zurich, Swiss Re und Helvetia.
«Gegen die Ziele des Pariser Abkommens»
Weltweit gäben viele Versicherer an, dass sie das Pariser Klimaabkommen unterstützten und ihre Verträge an das 1,5-Grad-Ziel anpassen würden, teilt die Organisation mit. Mindestens 69 Versicherungsunternehmen, darunter auch AIG, Allianz, Axa, Lloyd’s of London oder Scor, versicherten indessen neue Öl- und Gasprojekte in Norwegen. «Die Versicherung der Erschliessung von neuen fossilen Quellen ist mit diesen Zielen aber nicht vereinbar», sagt Peter Haberstich von Greenpeace Schweiz.
Ziel des Pariser Abkommens ist es, die durchschnittliche weltweite Erwärmung im Vergleich mit der vorindustriellen Zeit auf deutlich unter 2 Grad Celsius zu drosseln. Dabei wird ein maximaler Temperaturanstieg von 1,5 Grad Celsius anvisiert.
Aus Sicht von Haberstich rechtfertigen auch der von Russland losgetretene Ukraine-Krieg und die dadurch verschärfte Energiekrise Erschliessungen von fossilen Quellen nicht. Er fordert besonders starke Investitionen in erneuerbare Energien. Norwegen spielt für europäische Staaten eine sehr wichtige Rolle bei dem Ziel, unabhängiger von russischem Öl und Erdgas zu werden.
Auch Swiss Re verlässt Klimaschutzinitiative
Eine Swiss-Re-Sprecherin teilte mit, der Rückversicherer unterstütze keine neuen Öl- und Gasförderprojekte, bei denen es eine finale Investitionsentscheidung nach 2022 gegeben habe. Des Weiteren bietet Swiss Re keine direkten oder indirekten Rückversicherungs- beziehungsweise Versicherungsdeckungen mehr für diejenigen Öl- und Gasunternehmen an, die weltweit für die 10 Prozent der kohlenstoffintensivsten Öl- und Gasproduktionen verantwortlich sind. Swiss Re habe ein ESG-Rahmenkonzept, das in allen Versicherungsbereichen sowie bei den Anlagen angewendet werde.
Erst am Montagabend hatte Swiss Re mitgeteilt, dass der Konzern die von der Uno einberufene Versicherer-Klimaschutzinitiative Net-Zero Insurance Alliance (NZIA) per sofort verlassen werde. Zuvor hatten laut einem Bericht der Nachrichtenagentur SDA bereits Zurich, Munich Re und Hannover Rück diesen Schritt getan. Gründe nannte Swiss Re keine, das Unternehmen bleibe aber seiner Nachhaltigkeitsstrategie verpflichtet. Laut dem Bericht hatte Munich Re bei ihrem Austritt kartellrechtliche Risiken genannt.
Ein Helvetia-Sprecher teilte mit, sein Unternehmen bekenne sich zu den Zielen des Pariser Klimaabkommens. In seinen Zeichnungsrichtlinien habe der Versicherer Ausschlüsse für besonders CO2-intensives Geschäft definiert und umgesetzt. Festgelegt habe Helvetia unter anderem den Ausschluss von neuen Kohlekraftwerken oder Infrastrukturprojekte mit Bezug zu Kohle. Noch detailliertere Ausschlusskriterien und Reduktionsmassnahmen im Geschäft mit Bezug zu fossilen Brennstoffen würden derzeit erarbeitet, als Teil einer Klimastrategie.
«Energiesicherheit ohne fossile Brennstoffe nicht gewährleistet»
«Ohne die Inhalte der Klimastrategie vorwegzunehmen, gilt es festzuhalten, dass ein sofortiger kompletter Ausstieg aus der Versicherung aller fossilen Brennstoffe für Helvetia derzeit kein Thema ist, weil die Energiesicherheit ohne fossile Energieträger auf kurze Sicht nicht gewährleistet wäre», sagt er weiter.
Helvetia verfolge den Ansatz, über die Zeit eine Reduktion der Treibhausgasemissionen zu erreichen. Dazu gehöre die Versicherung von Infrastrukturen für erneuerbare Energie.