Die Wahl von Viola Amherds Nachfolger war eine recht deutschschweizerische Sache. Doch auch Romands haben natürlich Forderungen an Martin Pfister – zur Armee und zu anderen Dossiers.
Wenn die Wahl des neuen Bundesrats in der Deutschschweiz nicht gerade Enthusiasmus entfacht hat, dann hat sie das in der Romandie noch weniger. Darüber scheinen sich Westschweizer Parlamentarier im Gespräch einig zu sein. Zu deutschschweizerisch wirkten der St. Galler Kandidat Markus Ritter und der gewählte Zuger Martin Pfister. «Zug ist von der Romandie aus sehr weit weg», sagt die Genfer Grünen-Nationalrätin Delphine Klopfenstein Broggini.
Doch spätestens ab dem Amtsantritt von Martin Pfister am 1. April wird auch die Westschweiz genau darauf achten, ob ihre Interessen vom neuen Bundesrat gehört und berücksichtigt werden. Wohlwollend haben welsche Parlamentarier zur Kenntnis genommen, dass Pfister von 1988 bis 2000 in Freiburg lebte. Er studierte dort Geschichte und Germanistik und war wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Zeitgeschichte. Ihm sei die Westschweiz sympathisch, sagte Pfister am Mittwoch an seiner ersten Medienkonferenz als Bundesrat.
Wie wird es mit diesen Sympathien aussehen, wenn es um knallharte Politik geht, um Verteilungskämpfe und Ressourcenentscheide? Im Gespräch mit der NZZ melden welsche Parlamentarier ihre Ansprüche an. Sie sprechen spezifisch über das Verteidigungsdepartement, das Pfister wahrscheinlich am Freitag als Nachfolger der abtretenden Viola Amherd vom Bundesrat zugeteilt bekommt – und sie sprechen allgemeiner über Themen für die gesamte Landesregierung.
Pfister sagt Rücksicht auf Romands zu
In Sachen Armee ist etwa dem Walliser Mitte-Nationalrat Benjamin Roduit wichtig, dass es wieder mehr Romands in oberen Dienstgraden gibt. Martin Pfister schien das am Mittwoch auf eine Frage der NZZ zuzusagen. Er fügte an: «Ich finde, das gehört sich, dass man auf die Sprachregionen Rücksicht nimmt.»
Vakant ist der Posten des Armeechefs – Thomas Süssli hat seinen Rücktritt auf Ende Jahr eingereicht. Als ein Favorit für seine Nachfolge gilt der Waadtländer Laurent Michaud, der Chef Kommando Operationen der Armee. «Er ist der beste Kandidat», sagt der Waadtländer SVP-Nationalrat Jacques Nicolet.
Doch hinter vorgehaltener Hand sagt ein anderer Westschweizer Parlamentarier, Michaud sei als Bindeglied zur Politik vielleicht nicht der Beste, dafür sei er zu temperamentvoll. Der Parlamentarier plädiert auch nicht für den zweiten Westschweizer unter den Favoriten, den Freiburger Raynald Droz. Sondern für einen Deutschschweizer, für Rolf Siegenthaler, den Logistikchef der Armee. Bei aller Sprachpräferenz geht es für die meisten Befragten eben doch zuerst um die Sache.
Payerne wartet auf Arbeitsplätze für F-35
Wichtig ist manchen Westschweizer Parlamentariern auch das Gesamtpaket für die Stationierung des neuen Kampfjets F-35 auf dem Flughafen Payerne. Als Ausgleich für die Lärmbelastung haben lokale Politiker im Oktober mit dem Verteidigungsdepartement etwa die Schaffung neuer Arbeitsplätze in Payerne vereinbart. Bis zu dieser Einigung fühlten sich die Lokalpolitiker gegenüber den beiden Flugplätzen in der Deutschschweiz benachteiligt.
Nicht nur zu Payerne, auch insgesamt zu den Arbeitsplätzen von Bundesbetrieben in der Westschweiz habe es in den Kandidaten-Hearings Fragen gegeben, sagte Martin Pfister nach seiner Wahl. Zu diesem Thema könne er noch wenig sagen, weil er nicht wisse, welche Gespräche und Versprechungen stattgefunden hätten. Der Waadtländer FDP-Ständerat Pascal Broulis will unter anderem darauf achten, dass von Rüstungsinvestitionen in Luft -und Raumfahrt etwa auch die EPFL profitieren soll.
Schweiz steht im Sport im Standortwettbewerb
Zum VBS gehört auch der Sport. Mehrere Parlamentarier verweisen auf die Bedeutung des Sports für die Romandie: Lausanne ist Sitz von Dutzenden internationalen Sportverbänden, die auch andere Länder gern bei sich hätten. Die Schweiz muss sich also im internationalen Wettbewerb behaupten.
Durchsetzen müsste die Schweiz sich auch bei der angedachten Kandidatur für die Olympischen Winterspiele 2038. Die Spiele könnten laut einer Machbarkeitsstudie in allen Sprachregionen gleichzeitig stattfinden. CEO des Projekts Switzerland 2038 ist ab Mai der scheidende Walliser FDP-Regierungsrat Frédéric Favre.
Grüne und SP fordern Fokus auf Umwelt und Frauen
Neben Militär und Sport beschäftigen vor allem linke Parlamentarierinnen ganz andere Dinge. Die Genfer Grüne Klopfenstein Broggini sagt, sie habe vom neuen Bundesrat Pfister wenig gehört zu den Themen Umwelt und soziale Gerechtigkeit. Sie bedauert auch, dass mit Pfister ein weiterer Bundesrat nicht aus einer Grossstadt kommt, sondern in einer Kleinstadt – in seinem Fall Baar – wohnt. Damit sei die insgesamt recht urbane Schweizer Bevölkerung nicht angemessen repräsentiert.
Die Waadtländer SP-Nationalrätin Brenda Tuosto kritisiert, dass einmal mehr ein Mann eine Frau in der Regierung ersetzt habe. Nur noch zwei Frauen im siebenköpfigen Bundesrat seien nicht genug. Und schliesslich wünscht sich Tuosto Berner Support für die kriselnde Westschweizer Presse sowie den vernachlässigten Ausbau der Bahninfrastruktur in der Romandie.