Neben Änderungen bei Sozialleistungen planen Politiker von CDU, CSU und SPD härtere Strafen für das Delikt der Volksverhetzung. Und ein entscheidendes Gesetz für staatliche Transparenz könnte gekippt werden.
In Deutschland verhandeln die Arbeitsgruppen von CDU, CSU und SPD weiter über den künftigen Koalitionsvertrag eines möglichen Regierungsbündnisses. Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz möchte noch vor Ostern vom Parlament zum nächsten Kanzler gewählt werden. Bis dahin ist die rot-grüne Minderheitsregierung des scheidenden Kanzlers Olaf Scholz geschäftsführend im Amt.
Nachdem anfänglich vor allem die Streitpunkte die Schlagzeilen bestimmt haben, zeigen die derzeit kursierenden Entwürfe der insgesamt 17 Arbeitsgruppen auch viele Kompromisse. Die Verhandler scheinen sich unter anderem beim Bürgergeld, beim Gebäudeenergiegesetz sowie bei Verschärfungen beim Straftatbestand der Volksverhetzung zu einigen.
Allerdings sind die Papiere noch nicht final, so dass sich bis zum endgültigen Koalitionsvertrag noch einiges ändern könnte. Ein Vorhaben würde jedoch eine grundlegende Reform bedeuten: Aus dem Bürgergeld soll eine «Grundsicherung für Arbeitssuchende» werden. Um mehr Menschen in Arbeit zu bringen, sollen die Jobcenter künftig mehr Geld erhalten.
Um den folgenden Passus dürften die Verhandler der Unionsparteien CDU und CSU besonders gerungen haben: «Bei Menschen, die arbeiten können und wiederholt zumutbare Arbeit verweigern, wird ein vollständiger Leistungsentzug vorgenommen.»
Arbeitsverweigerer sollen schärfer sanktioniert werden
Für die Verschärfung von Sanktionen soll die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts beachtet werden, wie es weiter heisst. In einem Urteil aus dem Jahr 2019 haben die Richter in Karlsruhe entschieden, dass der Staat Sanktionen festlegen dürfe – und zwar für jene, die sich trotz Arbeitsfähigkeit nicht bemühten, ihre Bedürftigkeit zu überwinden.
Ausserdem soll die Karenzzeit für Vermögen abgeschafft werden, hier sind sich Union und Sozialdemokraten offenbar einig. Bisher galt beim Bürgergeldbezug eine Schonzeit von einem Jahr für Vermögen bis zu einer bestimmten Höhe.
Heizungsgesetz ade?
Bemerkenswert deutlich positioniert sich die Arbeitsgruppe Bauen und Wohnen: «Wir werden das Heizungsgesetz abschaffen.» Stattdessen soll ein neues Gesetz kommen, das den Fokus von der «kurzfristigen Energieeffizienzbetrachtung» einzelner Gebäude auf die langfristige Begutachtung der Emissionen verlagert. Dabei soll die EU-Gebäuderichtlinie (EPBD), die Anforderungen an die Gesamteffizienz von Gebäuden stellt, mehr Spielraum bieten. Zudem sollen die Effizienzklassen für Gebäude mit den in Nachbarländern geltenden Standards harmonisiert werden.
Die Verhandler der Union wollen sich damit erkennbar von Robert Habecks unpopulärem «Heizungsgesetz» distanzieren – sollte das gelingen, würden CDU und CSU ein zentrales Wahlkampfversprechen umsetzen. Der scheidende Wirtschaftsminister von den Grünen hatte durch die heftige Kritik am Gebäudeenergiegesetz spürbar an Beliebtheit eingebüsst.
Union will Zugang zu Behördeninformationen einschränken
Einig sind sich CDU, CSU und Sozialdemokraten auch bei härteren Massnahmen gegen bestimmte Formen der Meinungsäusserung. Im Papier der Arbeitsgruppe Inneres und Migration heisst es, man wolle den Entzug des passiven Wahlrechts bei mehrfachen Verurteilungen wegen des Straftatbestands der Volksverhetzung «regeln».
Das würde bedeuten, dass Verurteilte nicht mehr für politische Ämter kandidieren dürften. Und es könnte vor allem, wenn auch nicht ausschliesslich, Politiker der AfD treffen. Diese müssen sich vermehrt dem Vorwurf der Volksverhetzung stellen.
Zudem will die Union das Informationsfreiheitsgesetz (IFG) in seiner jetzigen Form abschaffen. Das IFG gewährt Bürgern und Journalisten Zugang zu amtlichen Informationen von Bundesbehörden und wird regelmässig genutzt, um Regierungsentscheidungen transparenter zu machen. Beispielsweise wurden die «RKI-Files» – die Protokolle des Corona-Krisenstabs des Robert-Koch-Instituts – von einem Journalisten unter Berufung auf das IFG freigeklagt.