Die neue Spielkonsole des japanischen Videospielherstellers ist eine Weiterentwicklung der Vorgängerin, aber deutlich teurer. Das sorgt für Kritik.
Es wirkt wie eine Mischung aus Kindergeburtstag und LSD-Trip: In «Mario Kart 8» auf der Nintendo Switch fährt man Autorennen mit bunten Zeichentrickfiguren wie Donkey Kong oder Peach. Die Strecken heissen «Zuckersüsser Canyon» oder «Kuhmuh-Weide». Mit farbigen Pilzen kann man das Tempo erhöhen und mit Schildkröten den Gegner ausbremsen. Das Game ist im wahrsten Sinne des Wortes phantastisch.
Switch-Spiele wie «Mario Kart 8» oder «Mario Party» sind keine klassischen Shooter- oder Sport-Games, die man alleine im Zimmer zockt. Sie sind für das gemeinsame Spielen in der Familie oder mit Freunden gedacht.
Auch deshalb verkaufte sich die Nintendo Switch seit dem Release im Jahr 2017 über 150 Millionen Mal. Nur zwei Spielkonsolen gingen häufiger über die Ladentheke.
Der andere Grund für den Erfolg der Switch: Nintendo bot der Gaming-Welt etwas Revolutionäres an. Neu konnten Spiele wie eben «Mario Kart» oder «Mario Party» sowohl am Fernseher gespielt werden als auch wie eine Art Game-Boy über den Display der tragbaren Konsole. Bis dahin galt: entweder oder. Nintendo vereinte beide Möglichkeiten zur Switch, Englisch für «wechseln».
Vergangene Woche hat Nintendo seine neue Spielkonsole präsentiert, die Anfang Juni weltweit auf den Markt kommt. Und die Gaming-Branche hat sich gefragt: Zettelt Nintendo schon wieder eine Revolution an?
Chips von Nvidia
Die Antwort steckt bereits im Namen. Das neue Gerät heisst Switch 2, Nintendo setzt also eher auf Evolution als auf Revolution. Die Switch 2 ist wie ihre Vorgängerin eine hybride Spielkonsole, kann also sowohl am Fernseher als auch über den integrierten Bildschirm im Zug, Flugzeug oder auf der Toilette gespielt werden.
Einige sichtbare Änderungen gibt es dennoch. Das Display ist von 6,2 auf 7,9 Zoll vergrössert und die Bildqualität ist verbessert worden. Die Joysticks sind ebenfalls grösser, zudem kann man sie neu als Maus benutzen, um etwa Strategiespiele zu spielen.
Die meisten Neuerungen stecken aber im Gerät drin: Die Switch 2 hat mehr Speicherkapazität, läuft schneller und verfügt über eine deutlich bessere Grafikleistung. Möglich macht das ein massgeschneiderter Chip, den Nintendo in den vergangenen Jahren zusammen mit Nvidia kreiert hat. Zum Vergleich: Die erste Switch enthielt beim Release einen bereits damals veralteten Standard-Chip von Nvidia.
Gemessen an der technischen Leistungsfähigkeit liegt die Switch 2 nun zwischen der Playstation 4 und der Playstation 5 Pro, der derzeit leistungsstärksten Spielkonsole. Experten gehen davon aus, dass nun mehr Games von ausserhalb des Nintendo-Kosmos für die Switch 2 produziert und verkauft werden dürften. Hier gibt es noch Marktpotenzial für Nintendo.
Bisher setzte Nintendo nämlich eher auf einfachere Multiplayer-Games. Der japanische Videospielhersteller positionierte sich damit bewusst abseits von Microsoft und Sony, die mit der Xbox und der Playstation ein technisches Wettrüsten veranstalteten und so für komplexere Titel attraktiver waren.
Dass Nintendo technisch aufschliesst, heisst jedoch nicht, dass sich das Unternehmen von seinen eigenen Games verabschiedet. Zusammen mit der Switch 2 bringt Nintendo «Mario Kart World» auf den Markt.
Gamer ärgern sich über den Preis
Tobias Veltin ist Redaktor beim deutschen Game-Magazin «Game-Pro». Er bezweifelt, dass die Switch 2 zum Release im Sommer zum sofortigen Kassenschlager wird. Dafür macht er zwei Gründe aus. Erstens fehle der «Wow-Effekt», eine revolutionäre Änderung oder ein bahnbrechendes neues Spiel, das alle Gamer in die Läden locke. Zweitens werde der hohe Preis wohl dazu führen, dass zunächst einmal Nintendo-Enthusiasten die Switch 2 kaufen würden.
470 Franken kostet die Switch 2, die Vorgängerin war für 350 Franken zu haben. Für neue, aufwendig produzierte Games wie «Mario Kart World» bezahlen die Kundinnen und Kunden 90 Franken. 2017, als die erste Switch herauskam, kostete der neue «Mario Kart»-Titel nur 60 Franken. Die Gamer-Community hat sich in den vergangenen Tagen über die Preise geärgert.
Die Preiserhöhungen für die Videospiele lassen sich teilweise begründen. Die Herstellungskosten für Videospiele sind in den vergangenen Jahren gestiegen. Der technologische Fortschritt erhöht nicht nur die Möglichkeiten, sondern auch die Ansprüche der Kunden. Die virtuellen Welten sind grösser geworden, detaillierter. Das kostet Zeit und Geld.
Sony und Microsoft dürften bald nachziehen
Trotz dem hohen Preis glaubt Veltin von «Game-Pro», dass die Switch 2 über mittlere Frist ein Erfolg werde. Zum einen, weil durch die Verbesserungen neben den üblichen Nintendo-Titeln zusätzliche Games auf der Switch 2 verfügbar sein werden. Zum anderen sei Nintendo mit seiner Switch 2 nach wie vor Marktführer bei den hybriden Konsolen, sagt Veltin.
Abgesehen vom «Steam-Deck», auf dem Computerspiele auf einem tragbaren Gerät weitergespielt werden können, gibt es kaum vergleichbare Produkte zu den Switch-Geräten von Nintendo. Entsprechend aufmerksam verfolgen Sony und Microsoft die Verkaufszahlen des Konkurrenten. Beobachter mutmassen, dass Microsoft noch in diesem Jahr eine tragbare Version der Xbox herausbringt. Auch Sony könnte nachziehen. Es gibt Berichte, wonach das Unternehmen an einer hybriden Konsole arbeitet.
In dem Fall würde Nintendo erstmals Konkurrenz in einem Segment erhalten, das es selbst geschaffen hat.