Nach dem Aus von Ron DeSantis richten sich alle Augen auf Nikki Haley: Sie kann dank Sponsoren mit tiefen Taschen in den nächsten Vorwahlen der Republikaner Vollgas geben. Doch wenn sie in New Hampshire nicht punktet, sind diese Mittel rasch weg.
Bei den Vorwahlen der Republikaner im amerikanischen Gliedstaat Iowa wurde etwa doppelt so viel Geld ausgegeben wie für die Nationalrats- und Ständeratswahlen in der Schweiz. Über 120 Millionen Dollar waren es – oder umgerechnet 1000 Dollar für jede Person, die an den Caucuses teilgenommen hat. Donald Trump entschied Iowa mit Abstand für sich, vor dem Gouverneur von Florida, Ron DeSantis, und Nikki Haley, die unter Trump Uno-Botschafterin gewesen war. Nächster Stopp der Karawane ist am Dienstag New Hampshire im Nordosten der USA.
DeSantis konzentrierte seine Kräfte und sein Wahlkampfteam ganz auf Iowa. Aber ihm geht es wie einem Langstreckenläufer, der auf den letzten Kilometern einbricht. In den letzten Monaten gelang es ihm nicht mehr, genug Gelder einzuwerben, um die Kampagne voranzubringen. Am Sonntag hat DeSantis die Konsequenzen gezogen und das Ende seiner Kampagne verkündet.
Haley hat zwar in Iowa knapp hinter DeSantis nur den dritten Platz belegt, aber im Gegensatz zu ihm hat sie in den letzten Monaten in der Wählergunst stetig zugelegt. Die 51-Jährige hat zudem bereits viel Geld und Mühen in New Hampshire investiert. Während sie dort bis Mitte Januar 6400 Werbespots im Fernsehen ausstrahlen liess, kam DeSantis nur auf 1900. Ein gutes Ergebnis in New Hampshire soll ihrer Kampagne Auftrieb geben. Ende Februar finden dann die Vorwahlen in ihrem Heimatstaat South Carolina statt, wo Haley von 2011 bis 2017 Gouverneurin war.
Die Welt der Super-PAC
Weshalb geben die Amerikaner viel mehr für Wahlkämpfe aus als die Europäer? Der erste Zusatzartikel der amerikanischen Verfassung hält die Redefreiheit hoch. Der Kongress in Washington darf sie nicht einschränken. Dieser Grundsatz gilt nicht nur für Privatpersonen, sondern auch für Firmen, Nonprofitorganisationen, Verbände oder Gewerkschaften. Sie sollen weitgehend die gleichen Möglichkeiten wie Private haben, sich politisch Gehör zu verschaffen.
Dies ist der Kern eines Urteils des Obersten Gerichtshofs aus dem Jahr 2010, das unter dem Stichwort «Citizens United» in die Geschichte eingegangen ist. Die Anhänger dieser Entscheidung sehen den Richterspruch als Sieg für die Redefreiheit, die Gegner mahnen dagegen, der Wahlkampf werde zunehmend durch Geld korrumpiert.
Der Richterspruch markiert jedenfalls die Geburtsstunde der sogenannten Super-PAC. Das sind politische Aktionskomitees, die von Privaten oder Körperschaften beliebig viel Geld einwerben können (deshalb «Super»). Sie dürfen allerdings Kandidaten oder Parteien nicht direkt finanzieren und sich mit der Kampagne eines Kandidaten auch nicht abstimmen.
Die Super-PAC spielen nun laut der Plattform «Open Secrets» im jüngsten Wahlkampf eine entscheidende Rolle. 318 Millionen Dollar sind aus diesen Quellen bereits in den Wahlkampf geflossen.
Nikki Haley kann gleich auf die Unterstützung zweier grosser Super-PAC zählen, die zusammen 115 Millionen Dollar ausgegeben haben. Hinter dem einen Super-PAC stecken der bekannte Hedge-Fund-Manager Stanley Druckenmiller und der Mitgründer der Do-it-yourself-Kette Home Depot, Ken Langone. Langone zieht jetzt aber die Daumenschrauben an. Nach der Vorwahl in Iowa verriet er der «Financial Times»: «Wenn Haleys Kandidatur in New Hampshire nicht an Fahrt gewinnt, wirft man kein Geld in ein Rattenloch.»
Der zweite grosse Super-PAC, der Haley unterstützt, wird zum einen vom Industriellen Charles Koch, zum anderen von Mitgliedern der Walton-Familie, denen die Supermarktkette Walmart gehört, gesponsert. Bisher hat der von ihnen alimentierte Super-PAC Americans for Prosperity 45 Millionen Dollar ausgegeben.
Dabei zeigt sich, dass Super-PAC oft die «Drecksarbeit» erledigen, vor der die Kampagnen der Politiker zurückschrecken. So hat Americans for Prosperity je 9 Millionen Dollar für «negative Werbung» ausgegeben, also für Spots, die entweder Donald Trump oder den demokratischen Präsidenten Joe Biden attackieren.
30 Dollar pro Einwohner
Trump kann die republikanischen Primaries dagegen entspannt angehen. Laut Umfragen wollen ihn 65 Prozent der Republikaner in den Vorwahlen wählen, vor einem Jahr waren es erst 45 Prozent gewesen. Selbst auf dem heimischen Terrain von Nikki Haley, South Carolina, hat er derzeit einen komfortablen Vorsprung von 30 Prozentpunkten.
Auffallend ist dabei, dass Trump auch bei kleineren Spendern punkten kann. Gemeldet werden müssen der Wahlkommission Beiträge über 200 Dollar. Demnach haben bisher 103 000 Personen über 60 Millionen Dollar für Trumps Kampagne gespendet. Nikki Haley konnte bei fast 50 000 Personen 19 Millionen Dollar einwerben. Bei Ron DeSantis sind es nur 16 800 Personen, die mit 31 Millionen aber deutlich mehr beigetragen haben als bei Haley.
Die diesjährigen Wahlen in den USA könnten jedenfalls so teuer werden wie noch nie: Die Schätzung der Analysefirma Ad Impact lautet auf 10,2 Milliarden Dollar und umfasst auch die Ausmarchungen um Sitze im Kongress und lokale Wahlen. Dies wären 13 Prozent mehr als im letzten Wahlzyklus, teuerungsbereinigt wäre es jedoch etwas weniger. Pro Einwohner entspricht dies 30 Dollar, was dann doch nicht nach so viel klingt.
Trotzdem ist Geld im Wahlkampf wichtig. Ein wenig bekannter Herausforderer hat ohne entsprechende Ressourcen keine Chance, sich dem Wahlvolk zu empfehlen. Gleichzeitig zeigt sich immer wieder, dass man Wahlen nicht kaufen kann. Vor vier Jahren versuchte der Unternehmer und frühere Bürgermeister von New York, Michael Bloomberg, die Vorwahlen der Demokraten mit der Brechstange zu gewinnen. Doch die investierten 586 Millionen verpufften wirkungslos.
Auch die Präsidentschaftswahlen 2016 sind ein gutes Anschauungsbeispiel. Damals wurde aufseiten der Demokratin Hillary Clinton 1 Milliarde Dollar in den Wahlkampf gesteckt, während das Lager um Donald Trump nur auf 600 Millionen kam. Trotzdem schaffte der Aussenseiter die Überraschung.
In den Vorwahlen der Republikaner braucht mit Haley die letzte Konkurrentin von Trump jedoch nicht nur Geld, sondern angesichts des grossen Rückstandes schon fast ein Wunder: Trotz der Anklage wegen mutmasslicher Anstiftung zum Umsturz und seinem Gerede über die angeblich gestohlene Wahl 2020 ist seine Popularität bei der republikanischen Basis ungebrochen.