Nitrat hat eine bewegte Geschichte hinter sich. Noch vor rund 40 Jahren galt es als potenziell gefährlicher Stoff. Der Grund war seine Umwandlung im Körper: Aus Nitrat entsteht Nitrit, eine Vorstufe der Nitrosamine, die lange als krebserregend eingestuft waren. Auf dieser Einschätzung basieren immer noch Empfehlungen, mit Nitrit gepökelte Fleischwaren zu meiden.
Mittlerweile werden differierende Zusammenhänge zwischen dem Konsum von Nitrat und Nitrit sowie Krebs vermutet: Von risikoerhöhend über potenziell schützend bis zusammenhangslos ist alles dabei. Eine solche Widersprüchlichkeit ist in der Regel ein Zeichen dafür, dass ein kausaler Zusammenhang in Wirklichkeit unwahrscheinlich ist. Mittlerweile sind viele Fachleute gelassener, wenn es um Nitrat und Nitrit in der Ernährung geht.
Vor fast 20 Jahren begann sich die Wahrnehmung von Nitrat grundlegend zu ändern. Es rückte als potenziell blutdrucksenkende Substanz in den Fokus. Zeitgleich gab es erste Berichte über eine mögliche Leistungssteigerung durch Nitrat-Supplemente im Sport.
Nach einer Phase der Euphorie begann die Zeit der systematischen Forschung. Heute gibt es rund 180 Studien mit über 2600 Teilnehmenden zu den Effekten von Nitrat auf die sportliche Leistung. Die kürzlich zusammengefassten Ergebnisse zeigen ein eher nüchternes Bild.
Wenn es um ein «Du kannst es nicht besser, aber dafür länger» geht, kann Nitrat von Nutzen sein. Bei Belastungen zwischen zwei und zehn Minuten verzögert sich die Zeit bis zur Erschöpfung ein wenig. In der Praxis bedeutet dies zum Beispiel, beim Velofahren bergauf bis zur Erschöpfung ein paar Meter mehr zurücklegen zu können. Für den Wettkampf ist dies aber kaum hilfreich. Da geht es meist um eine fixe Distanz oder Zeit.
Nitrat lässt sich problemlos mit der Nahrung aufnehmen. Randen, Rucola, Spinat oder Rhabarber sind Beispiele von nitratreichen Lebensmitteln. Selbst wenn dadurch die Leistung nicht besser wird, isst man mehr Gemüse – ein echter Gewinn für die meisten.
Der Ernährungswissenschafter Dr. Paolo Colombani ist Präsident des unabhängigen Kompetenzzentrums Notabene Nutrition.
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