Die SP und die Grünen haben am Donnerstag über 100 000 Unterschriften für ihre Klimafondsinitiative eingereicht. Die Initianten wollen bis 2050 total etwa 100 bis 200 Milliarden Franken zusätzliche Klimasubventionen an den geltenden Haushaltsregeln des Bundes vorbeischleusen.
Eine Milliarde da, eine Milliarde dort – und ziemlich bald läppert sich das zu ernsthaften Beträgen zusammen. An diesen Spruch aus der amerikanischen Politik lassen die Bundesberner Debatten in jüngerer Zeit oft denken. Laufend kommen neue Milliardenforderungen auf den Bund zu.
Die AHV alleine dürfte vor allem wegen der steigenden Zahl von Rentnern selbst ohne gesetzliche Änderungen Mitte der 2030er Jahre den Bund jährlich 5 bis 6 Milliarden Franken mehr kosten als heute. Ein Erfolg der Gewerkschaftsinitiative für höhere AHV-Renten, die am 3. März an die Urne kommt, bewirkt weitere Zusatzkosten von etwa 5 Milliarden Franken pro Jahr, wovon rund eine Milliarde direkt zulasten der Bundeskasse geht.
Armee und Prämienverbilligung
Im Juni stimmt das Volk über eine SP-Initiative ab, welche die Verbilligung der Krankenkassenprämien durch Bund und Kantone um etwa 3 bis 6 Milliarden Franken pro Jahr ausbauen will. Zudem will das Parlament die Armeeausgaben bis 2035 um rund 5 Milliarden Franken pro Jahr erhöhen.
Die Wiederaufbauhilfe für die Ukraine könnte die Schweiz insgesamt (nicht pro Jahr) mindestens 5 Milliarden Franken kosten. Und die vom Parlament geforderte Einführung der Individualbesteuerung dürfte laut dem Umsetzungsvorschlag des Bundesrats von dieser Woche den Fiskus in Form von Einnahmeneinbussen aus der direkten Bundessteuer etwa eine Milliarde Franken pro Jahr kosten, wovon rund 80 Prozent zulasten des Bundes gehen.
4 bis 8 Milliarden pro Jahr
Und nun auch noch dies: Die Bekämpfung des Klimawandels ruft nach milliardenschweren Zusatzausgaben des Bundes. Das sagen die SP und die Grünen, die am Donnerstag bei der Bundeskanzlei nach eigenen Angaben etwa 105 000 gültige Unterschriften für ihre Klimafondsinitiative eingereicht haben. Die effizienteste Klimapolitik würde eine Erhöhung der CO2-Abgabe mit voller Pro-Kopf-Rückvergütung an die Bevölkerung ins Zentrum stellen. Doch für die linke Politik ist dies wenig attraktiv, weil damit insgesamt die Steuerbelastung nicht steigt und der Staat nicht zusätzliche Subventionen verteilen kann. Viel besser ist in dieser Sichtweise die Schaffung eines riesigen Subventionstopfs.
Der Initiativtext verlangt, dass der Bund spätestens ab dem dritten Jahr nach Annahme durch das Volk einen solchen Subventionstopf zu füttern beginnt – mit Mitteln von jährlich 0,5 bis 1 Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP) bis 2050. Das ergibt bei der derzeitigen Grösse der Volkswirtschaft etwa 4 bis 8 Milliarden Franken pro Jahr; im Verlauf der 2030er Jahre dürften es eher 5 bis 10 Milliarden sein. Diese Beträge können laut dem Initiativtext «angemessen gesenkt werden, wenn die Schweiz ihre nationalen und internationalen Klimaziele erreicht hat».
Subventionen aus diesem Topf gäbe es gemäss der Initiative unter anderem für die «Dekarbonisierung von Verkehr, Gebäuden und Wirtschaft», für «sparsamen und effizienten Energieverbrauch», den «Ausbau der erneuerbaren Energien», «Versorgungssicherheit», «Aus-, Weiterbildungs- und Umschulungsmassnahmen» im Kontext der Klimapolitik und «die Stärkung der Biodiversität». Das verspricht ein Fest für Politiker, die nichts lieber tun, als fremdes Geld für die eigenen Hobbys zu verteilen.
Schuldenanstieg programmiert
Die Initianten verkaufen sich gerne als Förderer des Nachhaltigkeitsgedankens, doch ernst damit meinen sie es nur, wenn der Gedanke linke Reflexe anspricht. In der Altersvorsorge kämpfen SP und Grüne seit langem vehement gegen Nachhaltigkeit. Ähnliches gilt bei der Finanzpolitik, wie nun auch die neue Initiative bestätigt. So soll zwar die Initiative durch Entschärfung des Klimaproblems den kommenden Generationen helfen, doch die Kosten dafür sollen nach dem Willen der Initianten ebenfalls die kommenden Generationen tragen. Das nennt man wohl ein Nullsummenspiel.
Die Initiative wagt nicht den redlichen Weg mit einer Forderung nach Erhöhung von Steuern oder Lenkungsabgaben zur Finanzierung des verlangten Subventionstopfs. Eine Volksmehrheit wäre mit solcher Redlichkeit schwierig zu gewinnen. Die Initianten versprechen sich offenkundig grössere Chancen durch die politisch bequemere Variante: Der Bund soll sich zusätzlich verschulden und damit das Finanzierungsproblem für die geforderten Milliardensubventionen den Steuerzahlern von übermorgen anhängen.
Die Bundesverfassung verlangt zwar derzeit im langfristigen Mittel einen mindestens ausgeglichenen Bundeshaushalt, doch die Klimafondsinitiative fordert faktisch das Ende der Schuldenbremse. So verlangt sie, dass die Gelder für den geforderten Subventionstopf bei der Berechnung der maximal zulässigen Gesamtausgaben des Bundes nicht berücksichtigt werden.
Künftig wäre damit ein jährliches Bundesdefizit zulässig – zunächst im Umfang von 4 bis 8 Milliarden Franken, später je nach Wirtschaftsentwicklung noch einiges mehr. Unter der Annahme, dass die Initiative ab etwa 2028 umgesetzt wird, könnte damit die Verschuldung des Bundes bis 2050 von zurzeit rund 120 Milliarden Franken um total etwa 100 bis 200 Milliarden Franken steigen – und dies ohne Berücksichtigung neuer ausserordentlicher Kosten als Folge allfälliger künftiger Krisen.
Da mit einem weiteren nominalen Wachstum der Volkswirtschaft bis 2050 zu rechnen ist, wäre der Schuldenanstieg gemessen an der Grösse der Volkswirtschaft weniger spektakulär. Doch es wäre auch mit einem Anstieg der Schuldenquote im Verhältnis zur jährlichen Wirtschaftsleistung zu rechnen. Das Ausmass hängt vom künftigen Wirtschaftswachstum ab.
Da könnte ja jeder kommen
Die Initiative könnte einen generellen Dammbruch in Sachen Schuldenbremse bewirken; dies mag auch ein verstecktes Ziel der Initianten sein. Wenn man einmal anfängt, gewisse Ausgaben von den Regeln der Schuldenbremse auszunehmen, eröffnet dies rasch zusätzliche Begehrlichkeiten.
Als Nächstes könnte man zum Beispiel das Gleiche auch bei den diskutierten Zusatzausgaben für die Armee fordern; im Parlament gab es bereits einen Vorstoss dazu. Und wie wäre es mit einer Ausnahme für die Forschung? Und die Landwirtschaft? Und die AHV? Und die Innovationsförderung? Und die Gelder für den Wiederaufbau der Ukraine? Und die Entwicklungshilfe? Und die Beamtenlöhne? Dies alles und manches mehr könnte man mit genügend Phantasie als «Investitionen für die Zukunft» verkaufen, für welche sich eine Zunahme der Schulden rechtfertigen lasse.