Die Auslagerung von Asylverfahren nach Albanien erweist sich als juristischer Hürdenlauf. Trotz neuer Gesetzesgrundlage hat ein Gericht die Festsetzung von Migranten in dem Balkanstaat erneut aufgehoben.
Wieder nichts: Am Montagabend hat ein Römer Gericht die Inhaftierung von sieben Migranten in einem von der italienischen Regierung in Albanien eingerichteten Aufnahmezentrum aufgehoben. Die sieben Personen aus Ägypten und Bangladesh müssen nun nach Italien übergeführt werden. Die Migranten waren letzte Woche von einem Marineschiff im südlichen Mittelmeer aufgegriffen und nach Albanien verbracht worden. Eine achte Person war aufgrund gesundheitlicher Probleme schon früher nach Italien geführt worden. Die Richter in Rom haben den Europäischen Gerichtshof (EuGH) zudem ausdrücklich um eine Klarstellung gebeten.
Es ist das zweite Mal, dass das Römer Gericht die entsprechenden Haftbeschlüsse nicht bestätigt hat. Eine Bestätigung wäre die Voraussetzung dafür, dass die Migranten bis zur Rückführung in ihre Heimatländer in Albanien festgehalten werden dürfen. Die Regierung in Rom erhofft sich von der Auslagerung von Asylverfahren in den Balkanstaat eine abschreckende Wirkung. Das sogenannte Albanien-Modell wird auch von der EU aufmerksam verfolgt.
Streit um «sichere Herkunftsländer»
Die sieben Migranten waren die einzigen von Hunderten vor Lampedusa kürzlich aufgegriffenen Personen, die die notwendigen Voraussetzungen für eine Überstellung nach Albanien theoretisch erfüllten: Sie sind Männer, gesund, volljährig und stammen überdies aus sogenannt «sicheren» Ländern. Um letzteren Begriff ist nun aber ein juristischer Streit entstanden, der das Prestigeprojekt von Regierungschefin Giorgia Meloni gesamthaft infrage stellt.
Denn während die Regierung in Rom der Meinung ist, dass auch Ägypten und Bangladesh zu den sicheren Ländern zählen und sie befugt ist, dies abschliessend zu entscheiden, berufen sich die Richter auf ein EuGH-Urteil von Anfang Oktober. Dieses befasst sich zwar nicht direkt mit Italien (es betrifft den Fall eines moldauischen Staatsbürgers), erläutert aber die Kriterien, nach denen zu beurteilen ist, ob ein Asylbewerber aus einem wirklich sicheren Land kommt oder nicht. Zu entscheiden ist nun zweierlei: erstens, ob die beiden genannten Länder diese Kriterien erfüllen. Und zweitens, wer in dieser Frage das letzte Wort hat: die EU oder Italien.
Nur vier Tage nach der ersten Entscheidung der Richter hatte die italienische Regierung im Eilzugstempo die juristische Grundlage angepasst. Ein entsprechendes Dekret legte auf Gesetzesebene eine leicht aktualisierte Liste der sicheren Herkunftsländer fest. Zuvor war diese Liste Teil eines einfachen Erlasses der involvierten Ministerien – weshalb sie vor Gericht leichter angefochten werden konnte. Allerdings stellte sich schon damals die Frage, ob das Albanien-Modell mit diesem Entscheid vor weiteren Anfechtungen sicher sei. Der zweite negative Entscheid zeigt nun, dass dies nicht der Fall ist.
Zufrieden mit einem anderen Gericht
In einer ersten Reaktion auf das Urteil vom Montag hat Matteo Salvini, der stellvertretende Ministerpräsident, gesagt, die Entscheidung sei «nicht gegen die Regierung, sondern gegen das italienische Volk und seine Sicherheit» gerichtet. Giorgia Meloni äusserte sich zunächst nicht. Seit Wochen liefern sich die Regierung und die Richter einen Kleinkrieg. Die Exekutive wirft den Richtern vor, sich in die Politik einzumischen, die Richter ihrerseits fühlen sich drangsaliert und verweisen auf die Gewaltenteilung.
Mit einem anderen Gericht zeigt sich Italiens Rechte derweil sehr zufrieden: mit dem Verwaltungsgericht der Lombardei. Dieses hat am Montag einen Rekurs der Stadt Mailand und umliegender Ortschaften zurückgewiesen. Die Gemeinden wehrten sich gegen die Umbenennung des Flughafens «Malpensa» in Flughafen «Silvio Berlusconi» – erfolglos. Der 2023 verstorbene Pate von Italiens derzeitiger Rechtsregierung kommt nun zu postumer aviatischer Ehre. «Gut so», twitterte Matteo Salvini.