Mit der Biosecure Act enteignet das amerikanische Parlament faktisch sechs international etablierte chinesische Dienstleister. Selbst wenn es China weh tut – die USA werden so nicht stärker.
Wie ernst es der wieder ins Amt gewählte amerikanische Präsident Donald Trump wirklich meint, ist noch ungewiss. Vielleicht sind seine ins Spiel geworfenen prohibitiven Zöllen von 60 Prozent auf Einfuhren aus China ja bloss der Auftakt zu neuen Verhandlungen über einen Deal mit Peking.
Eine gegen China gerichtete Enteignung
Zu wünschen wäre es. Denn die Angst, von dem chinesischen Kontrahenten um die globale Vormachtstellung gebracht zu werden, führt zu Konfrontationen, die zusehends kontraproduktiv wirken. Ein geradezu mustergültiges Beispiel dafür ist die kürzlich mit einer parteiübergreifenden Mehrheit von 306 zu 81 Stimmen im amerikanischen Repräsentantenhaus angenommene sogenannte Biosecure Act. Deren Verabschiedung durch den Senat dürfte nur noch eine Frage der Zeit sein.
Das Schlüsselwort des neuen Gesetzes lautet «adversary», Gegner. Es verbietet es amerikanischen Amtsstellen, Produkte oder Dienstleistungen von Biotech-Firmen zu kaufen, die von ausländischen «adversaries» beherrscht werden. Explizit eingeschlossen sind Produkte und Dienstleistungen von nationalen und internationalen Pharmakonzernen, die mit diesen «gegnerischen Firmen» Geschäfte tätigen.
Wer genau die von den Gegnern kontrollierten Firmen sind, sollen amerikanische Verteidigungs- und Gesundheitsbehörden regelmässig festlegen. Doch es ist sicher kein Zufall, dass das Gesetz nur scheinbar willkürlich sechs Unternehmen auflistet, die allesamt führende chinesische Dienstleister sind.
Die wohl berühmtesten unter ihnen sind Wuxi Aptec und Wuxi Biologics. Diese chinesischen Hersteller bieten selber keine Medikamente an, übernehmen aber als Lohnhersteller im Auftrag Dritter gewisse Fertigungs- und Forschungsschritte. Sie galten bisher als verlängerte Werkbank der globalen Pharmaindustrie und betreiben eigene Werke in den USA und Europa. Damit sind sie so führend im Markt, dass sie praktisch alle grossen Pharmakonzerne zu ihren Kunden zählen; auch die schweizerischen. In der Branche gelten sie als qualitativ hochstehend, besonders innovativ, zuverlässig und gleichzeitig günstig.
Weil der lukrative amerikanische Pharmamarkt für alle grossen Pharmakonzerne unentbehrlich ist, kommt die Biosecure Act einem Geschäftsverbot gleich. Faktisch enteignet er die sechs chinesischen Zulieferer. Ihnen wird nichts anderes übrigbleiben, als ihre ausländischen Werke zu verkaufen oder zu schliessen.
Als Begründung wird herumgeboten, die Firmen seien von der Kommunistischen Partei Chinas abhängig, hätten Kontakte zum chinesischen Militär oder hätten Tests in chinesischen Militärspitälern durchgeführt. Tatsache ist jedoch, dass keine chinesische Firma völlig unabhängig von der Kommunistischen Partei agieren kann und bisher auch ausländisch beherrschte Pharmafirmen an Patienten in Militärspitälern getestet haben. Beweise dafür, dass die chinesischen Pharmadienstleister irgendwelche proprietären Informationen ans Militär weitergegeben haben könnten, sind keine bekannt. Westliche Branchenvertreter halten dies für äusserst unwahrscheinlich.
Teurer, weniger innovativ und weniger effizient
Doch obwohl sich die internationalen Pharmakonzerne sonst wenig zieren, ihren Interessen in der amerikanischen Öffentlichkeit und Politik Gehör zu verschaffen, haben sie diesmal darauf verzichtet. Die Haltung, dass der chinesische Kontrahent mit allen Mitteln zurückgebunden werden müsse, damit er Amerikas Vormachtstellung in der Welt nicht gefährde, ist offenbar inzwischen derart verbreitet, dass die Pharmakonzerne lieber schwiegen, als das Risiko einzugehen, als Freunde der Chinesen wahrgenommen zu werden. Stattdessen ist es ihnen gelungen, in der Biosecure Act eine achtjährige Übergangsfrist zu verankern, unter der bis kurz nach Inkrafttreten eingegangene Verträge mit den «adversaries» von den Einschränkungen ausgenommen werden. Das soll den westlichen Pharmakonzernen genug Zeit geben, ihre Lieferketten anzupassen.
Nichts ändert das jedoch daran, dass die Biosecure Act einseitig auf Konflikt setzt und die Konkurrenz einschränkt. Westliche Pharmakonzerne müssen auf teurere und trägere Firmen ausweichen. Nicht nur in den USA wird damit die Innovationsgeschwindigkeit sinken und die Herstellungskosten steigen. Indem die USA Geschäfte mit chinesischen Firmen exterritorial zu einem Risiko machen, erzwingen sie, dass sich der bisher globale Pharmamarkt zusehends in eine chinesisch beherrschte und eine übrige Sphäre aufteilt. Wobei die chinesischen Firmen günstiger produzieren können als die westlichen. Und auch wenn die Verbote den chinesischen Firmen weh tun, sie zwingen sie geradezu dazu, alles daranzusetzen, eigenständig forschen und produzieren zu können.
Teurer, weniger innovativ und weniger effizient: Das sind die typischen Folgen des Protektionismus. Es sind schlechte Rezepte, um sich eine globale Vormachtstellung zu sichern.
Reagan machte es besser
Die um sich greifende China-Hysterie in den USA weckt ungute Erinnerungen an die Kommunistenjagd der McCarthy-Ära. Sie ist den USA nach dem Zweiten Weltkrieg nicht gut bekommen. Ronald Reagans Charme-Offensive gegenüber Michail Gorbatschow aus einer Position der unerbittlichen militärischen und wirtschaftlichen Stärke heraus war ungleich effektiver. Daran sollte sich der Dealmaker Trump orientieren. Und die EU und die Schweiz täten gut daran, protektionistischen amerikanischen Fehlleistungen nicht auch noch nachzueifern.