Seit Australien das Aukus-Sicherheitsabkommen mit Grossbritannien und den USA abgeschlossen hat, nehmen ausländische Geheimdienste das Land verstärkt ins Visier. Zahlreiche Bürger machen es den Spionen erstaunlich leicht.
Chinas forsches Auftreten im Indopazifik hat Australien geopolitisch Bedeutung verliehen. Plötzlich ist das Land am anderen Ende der Welt nicht mehr ab vom Schuss, sondern in einer strategisch wichtigen Position. Dies macht das Verteidigungsabkommen Aukus deutlich, das die USA, Grossbritannien und Australien 2021 miteinander geschlossen haben. Es sieht unter anderem vor, dass Australien Atom-U-Boote von seinen Partnern erhält.
Für die Allianz, die ein Gegengewicht zu China im Indopazifik schaffen will, ist Australiens geografische Position von grösster Bedeutung. Letzteres sorgt inzwischen aber auch dafür, dass das Land verstärkt zum Ziel von Cyberattacken, Sabotage und Spionage geworden ist.
Die Bedrohung sei «tiefgreifender und umfassender», als man vielleicht denken würde, sagte Mike Burgess, der Chef des Inlandgeheimdienstes Asio, in seiner jährlichen Bedrohungsanalyse. Burgess berichtete, wie selbst ein früherer, nicht genannter australischer Politiker rekrutiert worden sei, der «sein Land, seine Partei und seine ehemaligen Kollegen verraten» habe.
Angriff des «A-Teams»
Hinter einem Grossteil der Aktivitäten scheint ein Spionagenetzwerk zu stecken, das Burgess als das «A-Team» bezeichnete, wobei «A» für Australien steht. Laut Burgess ist der australische Geheimdienst im letzten Jahr auf das Netzwerk aufmerksam geworden. Welchem Land die Spione zudienten, sagte Burgess nicht. Man mache den Namen des Netzwerks aber publik, damit das «A-Team» wisse, dass seine Tarnung aufgeflogen sei.
Diese Vorgehensweise mag erstaunen, ist aber für Australien nicht untypisch. Erst im vergangenen Jahr wurde bekannt, wie ein russischer Spionagering eher unspektakulär aus dem Land gedrängt wurde, indem Visa nicht verlängert oder ganz gestrichen wurden. Eine strafrechtliche Verfolgung gab es, wie bei früheren Fällen, nicht.
Australien hat zwar 2018 die Gesetze gegen Spionage und ausländische Einmischung verschärft. Vergangene Woche wurde aber erstmals ein chinesischer Geschäftsmann und früherer Kandidat der Liberalen Partei in Melbourne zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt – mit der Möglichkeit einer Freilassung nach einem Jahr. Er soll versucht haben, einen ehemaligen Minister zu beeinflussen, offenbar im Auftrag Chinas.
Leichtsinniges Verhalten
Obwohl besonders Migranten anfällig dafür sind, dem Druck ihrer Herkunftsländer nachzugeben, kritisierte Burgess auch seine australischen Landsleute scharf. Viele Australierinnen und Australier würden es ausländischen Spionen zu einfach machen, meinte er. Auf Online-Plattformen für berufliches Networking würden 14 000 Australier damit prahlen, eine Sicherheitsprüfung bestanden zu haben oder im Geheimdienst zu arbeiten.
Der Geheimdienstchef legte dar, wie Spione solche Plattformen nach Australiern durchforsteten, die Zugang zu privilegierten Informationen haben, darunter Akademiker, Politiker, Geschäftsleute, Forscher und Beamte auf allen Regierungsebenen.
Um sie zu rekrutieren, arbeiteten die Agenten mit erfundenen Rollen – als Berater, Headhunter oder Akademiker. Für Informationen und Berichte über Handel, Politik, Wirtschaft, Aussenpolitik, Verteidigung und Sicherheit Australiens boten sie den angesprochenen Personen oft Tausende von Dollar an.
Russische und chinesische Akteure
Besonders grosses Interesse besteht an Informationen, die das Aukus-Abkommen betreffen. Der «Cyber Threat Report» der für Cybersicherheit zuständigen Behörde stellte schon im November fest, dass der Aukus-Pakt Australien zu einem Ziel für staatliche Akteure gemacht habe. Laut Burgess hatte es das «A-Team» besonders auf U-Boot-Technologie und die Raketensysteme, mit denen die westlichen Kooperationspartner arbeiten, abgesehen.
Inzwischen sind es aber nicht nur Fälle von Spionage, sondern auch Sabotage und vor allem grossangelegte Cyberattacken, die deutlich zugenommen haben. So stieg die Zahl der schwerwiegenden Angriffe, die Bundesbehörden oder kritische Infrastrukturen lahmlegten. Betroffen waren unter anderem der Telekommunikationsanbieter Optus, der Krankenversicherer Medibank und der Hafenbetreiber DP World Australia, der 40 Prozent des australischen Warenverkehrs abwickelt.
Burgess nannte in seiner aktuellen Analyse zwar keine Namen, doch zeigte der Bericht zum Thema Cyberverbrechen recht eindeutig mit dem Finger in Richtung Russland und China. So nannten die Experten «russischsprachige, osteuropäische» Kriminelle als Übeltäter bei vielen Hackerangriffen. Als Hauptschuldigen nannte der damalige Bericht jedoch China.