Es ist das erste Mal seit den fünfziger Jahren, dass einem Militär diese Ehre zuteilwird. General Asim Munir geht damit deutlich gestärkt aus dem Konflikt um Kaschmir hervor. Für das Verhältnis zur zivilen Regierung wirft das Fragen auf.
Pakistan hat in den fast achtzig Jahren seit seiner Gründung schon viele militärische Konflikte mit seinem Nachbarn Indien ausgefochten. Doch noch nie ist ein Offizier anschliessend für seine Verdienste so geehrt worden wie der jetzige Armeechef Asim Munir. Der General werde für seine «strategische Führung» im siegreichen Konflikt mit Indien zum Feldmarschall befördert, teilte die pakistanische Regierung am Dienstag mit. Er habe eine «massgebliche Rolle» dabei gespielt, dem Gegner eine «entscheidende Niederlage» zuzufügen.
Es ist das erste Mal seit mehr als sechzig Jahren, dass in Pakistan einem Offizier der Rang eines Feldmarschalls verliehen wird. Der Titel stammt aus der britischen Militärtradition. Der bisher einzige Fünf-Sterne-General in der Geschichte Pakistans war Ayub Khan. Der Militärdiktator hatte sich 1959, ein Jahr nach seiner Machtergreifung in einem Putsch, selbst zum Feldmarschall ernannt. Auch in Indien gab es bis heute nur zwei Offiziere, die den Rang des Feldmarschalls hatten.
Die pakistanische Regierung von Premierminister Shehbaz Sharif entschied am Dienstag zudem, in Anerkennung der Verdienste des Luftwaffenchefs Zaheer Ahmed Babar Sidhu dessen Amtszeit auf unbestimmte Zeit zu verlängern. Sidhus Amtszeit wäre normalerweise im März 2026 ausgelaufen. Der Schritt zeigt ebenso wie die Beförderung von General Munir, dass sich die Regierung und die Armee Pakistans als Sieger in dem viertägigen Schlagabtausch mit Indien sehen.
Pakistan geht gestärkt aus dem Konflikt hervor
Indien hatte am Morgen des 7. Mai Luftangriffe in Pakistan gestartet, um Vergeltung für einen Terroranschlag auf Touristen im indischen Teil von Kaschmir am 22. April zu üben. Nach indischen Angaben galten die Luftangriffe den Einrichtungen von Terrorgruppen in Pakistan. Der Konflikt hatte rasch eskaliert und hatte zu gegenseitigen Raketenangriffen auf Militärstützpunkte entlang der Grenze geführt. Erst nach Vermittlung der USA wurde am 10. Mai eine neuerliche Waffenruhe zwischen Indien und Pakistan vereinbart.
Beide Staaten präsentieren sich seither als Sieger, doch geht Pakistan gestärkt aus dem Konflikt hervor. Nicht nur ist es seiner Luftwaffe dank neuen modernen Kampfjets aus China gelungen, am 7. Mai mehrere indische Flugzeuge abzuschiessen – darunter vermutlich auch eine französische Rafale. Pakistan hat es auch geschafft, sich in der öffentlichen Wahrnehmung wieder als gleichrangiger Gegenspieler zu Indien im Kaschmir-Konflikt zu etablieren.
Indiens Premierminister Narendra Modi war in den vergangenen Jahren bemüht, sein Land als aufstrebende Weltmacht zu präsentieren, die in einer anderen Liga spielt als Pakistan. Er brüstete sich zudem damit, ein enges Verhältnis zum amerikanischen Präsidenten Donald Trump aufgebaut zu haben. Umso grösser ist nun der Ärger in Indien, dass sich Trump nicht eindeutig hinter Indien gestellt hat, sondern als neutraler Vermittler im Kaschmir-Konflikt aufgetreten ist.
Pakistan präsentiert sich als konstruktiver Akteur
Während Pakistan Trump für seine Hilfe zur Vermittlung der Waffenruhe gedankt hat, beharrt Indien darauf, dass die Feuerpause in bilateralen Gesprächen ohne Beteiligung Dritter vereinbart worden sei. Auch lehnt es eine Vermittlung der USA zur Lösung der Kaschmir-Frage kategorisch ab. Es betrachtet den Konflikt traditionell als bilaterale Angelegenheit. Pakistan dagegen zeigt sich offen für weiterführende Gespräche über die umstrittene Himalaja-Region.
In Indien mehren sich die Stimmen, die mahnen, dass sich die Militäroperation zu einer strategischen Niederlage für Indien auszuwachsen drohe. Nicht nur habe sich der kleine Nachbar militärisch behaupten können, sondern es stehe auch zu befürchten, dass er sich in der internationalen Wahrnehmung als Sponsor von Terroristen wieder zu einem konstruktiven Akteur wandele, der um eine friedliche Beilegung des Kaschmir-Konflikts bemüht sei.
Sowohl Indien wie Pakistan haben nun Delegationen entsandt, um in wichtigen Ländern für ihre Position zu werben. So befindet sich Indiens Aussenminister Subrahmanyam Jaishankar diese Woche auf Tour durch die Niederlande, Dänemark und Deutschland. In Kürze sollen zudem drei indische Delegationen nach Ostasien, Afrika und Nahost aufbrechen. Als Zeichen der nationalen Einheit werden sie von Politikern der Opposition geführt. Auch Pakistan will in London, Washington, Paris und Brüssel seine Sichtweise präsentieren.
Munir ist nun der unangefochtene Führer Pakistans
Es ist freilich ungewiss, ob die Beförderung von General Munir zum Feldmarschall Pakistans Sache im Ausland dienlich ist. Der Armeechef gilt als religiöser Hardliner und wird auch als Mullah-General bezeichnet. Die Rivalität mit Indien stellt er als zivilisatorischen Konflikt zwischen Hindus und Muslimen dar. Der frühere Geheimdienstchef wird verdächtigt, den Terroranschlag in Kaschmir in Auftrag gegeben und damit bewusst die Eskalation provoziert zu haben.
Seine Überlegung könnte dabei gewesen sein, das Volk durch eine militärische Konfrontation mit dem Erzfeind zu einen und die angeschlagene Legitimität des Militärs wiederherzustellen. Sollte dies tatsächlich sein Kalkül gewesen sein, ist es aufgegangen. Zumindest vorübergehend sind die Wirtschaftskrise und der politische Dauerstreit vergessen. Die Armee in Pakistan wird als Verteidiger des Landes gefeiert, und Munir geht persönlich gestärkt aus dem Konflikt hervor.
Was seine Beförderung zum Feldmarschall langfristig bedeutet, ist noch offen. Es wird spekuliert, Munir werde zusätzliche Befugnisse erhalten. Auch wird gemutmasst, der General werde über das Ende seiner Amtszeit 2027 hinaus auf seinem Posten bleiben. Klar ist, dass Munir künftig der wahre Machthaber in Pakistan sein wird. Eine Lösung für Pakistans vielfältige Probleme bietet der Schritt aber nicht: Am Dienstag teilte die Regierung mit, dass die Wirtschaft im laufenden Jahr erneut ihr Wachstumsziel von 3,6 Prozent klar verpassen werde.