Das Fahrzeuggewicht entscheidet über die Parkgebühr, so die Idee. Sie hat einen Haken: Nur Einheimische müssten mehr bezahlen.
Wer in der Stadt Zürich mit einem SUV unterwegs ist, muss nicht übertrieben paranoid veranlagt sein, um sich unter Dauerverdacht zu wähnen. Nicht zuletzt, weil manche ihre Abneigung gegen die schweren Strassenwagen handfest zum Ausdruck bringen.
In der Nacht auf Sonntag war in Hottingen einmal mehr eine Gruppe unterwegs, die die Luft aus SUV-Reifen entweichen liessen. Auf X, dem vormaligen Twitter, vermeldeten die «Tyre Extinguishers», man habe 20 Fahrzeuge «sicher gemacht».
ZURICH, SWITZERLAND: 20 SUVS MADE SAFE IN HOTTINGEN AREA LAST NIGHT
«Wake up, Zurich City Council – SUVs are a miserable waste of resources & space, emit more air pollution than conventional vehicles, & pose greater danger to pedestrians and cyclists in accidents. Ban them.» pic.twitter.com/aWahKjzKMw
— The Tyre Extinguishers (@T_Extinguishers) February 5, 2024
Die Extinguishers richteten einen Appell an den «Zurich City Council»: Dieser solle «aufwachen» und SUV verbieten.
Der Gruppe dürfte ein Entscheid aus Paris gefallen. Dort hat sich am Sonntag an der Urne eine Mehrheit dafür ausgesprochen, dass sich die Parkgebühren für Stadtgeländewagen verdreifachen sollen.
Künftig sollen Halter mit 18 Euro statt 6 Euro pro Stunde zur Kasse gebeten werden, in den äusseren Stadtbezirken sind es 12 statt 4 Euro pro Stunde.
Wird Paris zum Vorbild für Zürich?
Gerade jetzt wird das Parkplatzregime diskutiert
Klar ist: In der rot-grün geprägten Stadtzürcher Politik stossen solche Ideen auf Anklang. Und gerade jetzt überarbeitet das Stadtparlament die Parkierungsverordnung.
Entschieden ist noch nichts. Aber Ideen, die den Leuten das Fahren von Stadtgeländewagen vergällen sollen, werden in der zuständigen Kommission diskutiert.
Markus Knauss, Kommissionsmitglied und grüner Stadtparlamentarier, hat sich gegenüber «20 Minuten» bereits zu Wort gemeldet: Wer ein grösseres, schweres Auto fährt, soll künftig mehr für das Parkieren in der blauen Zone bezahlen.
Knauss sagt auf Anfrage, es gehe darum, einmal abzuklären, ob Fahrzeuge auch in Zürich nach Gewicht klassifiziert und damit auch verschiedene Tarife eingeführt werden könnten. «Damit bezahlen schwere Fahrzeug mehr, leichte weniger.»
In einem wichtigen Punkt unterscheidet sich die Idee von Rot-Grün allerdings stark von der Pariser Regelung. Diese zielt einzig auf auswärtige SUV-Fahrer, die ihr Auto im Zentrum abstellen wollen. In Zürich hingegen wäre es umgekehrt. Hier würden gerade die auswärtigen Lenkerinnen und Lenker von der Erhöhung verschont.
Der Grund dafür ist praktischer Natur. Gebühren kann man nur verlangen, wenn jemand eine Dauerparkkarte in der blauen Zone beantragt. Diese sind aber Anwohnern vorbehalten. Auswärtige brauchen auch weiterhin keine Dauerparkkarte, wenn sie ihr Fahrzeug während einer Stunde gratis in der blauen Zone abstellen.
Natürlich könnte man versucht sein, das Kurzzeitparkieren in der blauen Zone für SUV gebührenpflichtig zu machen. Dafür fehlt der Stadt aber die Kompetenz, es müssten übergeordnete Gesetze angepasst werden.
Aber auch bei den Einheimischen ist fraglich, ob gewichtsabhängige Gebühren einen Effekt hätten.
Heute kostet eine Blaue-Zone-Karte 300 Franken pro Jahr. Dieser Preis soll in der neuen Verordnung steigen – gemäss dem jüngsten Vorschlag des Stadtrats wären es 540 Franken.
Selbst wenn man die Halter schwerer Fahrzeuge «bestrafen» würde, ginge es höchstens um wenige hundert Franken pro Jahr. Dass dies den Autokaufentscheid von Stadtbewohnerinnen und Stadtbewohnern beeinflusst, darf bezweifelt werden. Nur die allergrössten Optimisten dürften sich davon eine Lenkungswirkung erhoffen.
Neben den rund 33 000 Parkplätzen in der blauen Zone gibt es in Zürich rund 15 000 weisse Parkplätze. Dort ist eine Abstufung nach Gewicht schon gar kein Thema. In den Aussenquartieren kommt dies gemäss dem städtischen Sicherheitsdepartement rein rechtlich nicht infrage, weil das Kostendeckungsprinzip gilt.
In den Hochtarifzonen der Innenstadt wäre eine Lenkungsabgabe grundsätzlich möglich. Es sei aber nichts in diese Richtung geplant.
Michael Schmid von der Alternativen Liste ist neben Markus Knauss treibende Kraft hinter der Idee, die Preise je nach Gewicht abzustufen. Er sieht SUV als Problem. Nicht nur wegen des Ressourcenverbrauchs, sondern auch, weil diese für Fussgängerinnen und Fussgänger gefährlicher seien als konventionelle Fahrzeuge. Und in der Stadt sei der Platz besonders knapp.
«Aber die Möglichkeiten der städtischen Politik sind nun einmal beschränkt», sagt Schmid.
Eine Frage der Fairness
Schmid sagt, es gehe in erster Linie um Fairness. «Wer mehr Platz in Anspruch nimmt, sollte mehr bezahlen.» Immerhin handle es sich bei blauen Parkplätzen um öffentlichen Grund.
Diese Logik teilen selbst Bürgerliche. Der FDP-Verkehrspolitiker Andreas Egli sagt: «Es ist nicht einzusehen, weshalb der Halter eines Wohnmobils in der blauen Zone gleich viel bezahlt wie der eines Smarts.» Solche Einigkeit ist ungewöhnlich in der sehr polarisierten Verkehrspolitik in der Stadt Zürich.
Auch Egli würde sich wünschen, dass der Trend in Richtung stadtverträglichere, sprich kleinere Fahrzeuge geht. Die FDP hat ebenfalls Vorstösse dazu eingereicht, die allerdings in erster Linie auf Gebührenerleichterung zielen und nicht auf Bestrafung.
Fraglich ist für Egli, ob das Gewicht der Fahrzeuge die richtige Messgrösse sei. Wenn man am Ende beispielsweise Elektrofahrzeuge stärker belaste, sei dies nicht sinnvoll. Und fraglich sei auch, ob sich der administrative Aufwand angesichts der geringen Lenkungswirkung überhaupt lohne.
Die neue Verordnung kommt ins Stadtparlament, sobald die Kommission ihre Arbeit beendet hat. Dies dürfte noch dieses Jahr geschehen. In einem Jahr könnte sie bereits in Kraft sein.
Der grösste Hebel, um Einfluss auf die Fahrzeugmasse zu nehmen, wären die Zulassungsbedingungen für Motorfahrzeuge. Das aber ist Sache des Bundes.
Vor 15 Jahren hatten die Jungen Grünen SUV mit der «Offroader-Initiative» frontal angegriffen, diese aber 2011 zugunsten eines indirekten Gegenvorschlags mit Verschärfungen zum CO2-Ausstoss zurückgezogen. Die Jungen Grünen haben eine Neuauflage angedeutet. Konkret geplant sei nichts, heisst es bei der Partei auf Anfrage.
Wer mit dem SUV in der Stadt unterwegs ist, hat also vorderhand mehr von aktivistischen «Lüftlern» zu fürchten als von der Politik.
Und auch die Stadtpolizei ist kulant – dann nämlich, wenn es ums Parkieren geht. Weil die Parkplatzbreite nicht mit dem Breitenwachstum der Fahrzeuge mitgehalten hat, gelingt es längst nicht allen Fahrerinnen und Fahrern, ihr Fahrzeug wie vorgeschrieben abzustellen. Dies gilt für SUV in besonderem Masse.
Zwar muss nach dem Gesetz grundsätzlich das ganze Fahrzeug im Feld stehen, ohne die blauen oder weissen Linien zu berühren. Die Polizei hat aber einen Ermessensspielraum. Gemäss Sicherheitsdepartement endet die Toleranz dann, wenn eines der Räder zu mehr als der Hälfte über das Parkfeld hinausragt. Oder wenn die Durchfahrt behindert ist.
Davon abgesehen drückt die Polizei in der Regel ein Auge zu.