Die Kunstflugstaffel gilt als nationales Symbol, jetzt sollen ihre F-5 Tiger ausgemustert werden. Es gibt aber Kandidaten für einen durchaus würdigen Ersatz.
Weltweit gelten Jet-Kunstflugstaffeln als Symbol nationaler Souveränität und Stärke. In der Schweiz gehört die Patrouille Suisse seit Jahrzehnten ebenfalls zu den nationalen Wahrzeichen am Himmel. Doch damit könnte bald Schluss sein. 2027 sollen die Düsenflugzeuge des Typs F-5 Tiger, mit denen die Schweizer Staffel fliegt, stillgelegt werden.
In Frankreich gibt es die Patrouille de France, in Italien die Frecce Tricolori, in Grossbritannien die Red Arrows. In Nordamerika fliegen die US-amerikanischen Blue Angels sowie Thunderbirds und in Kanada die Snowbirds.
Lediglich das Nachbarland Deutschland verfügt über keine Jet-Kunstflugstaffel des Militärs. Das hat seine Gründe in einem Unglück aus der Vergangenheit: Am 19. Juni 1962 stürzten vier neue Lockheed F-104 Starfighter bei einem Formations-Kunstflugtraining nahe dem zwischen Köln und Aachen gelegenen Ort Nörvenich ab. Alle vier Piloten starben. Danach löste die Bundeswehr alle bereits bestehenden Kunstflugstaffeln auf und untersagte die Bildung neuer Formationen für die deutsche Luftwaffe.
Zudem hatte im Sommer 1988 der tragische Zusammenstoss dreier Maschinen der italienischen Jet-Formation Frecce Tricolori am amerikanischen Militärflughafen Ramstein in Deutschland 3 Piloten und 67 Zuschauer das Leben gekostet. Mehr als 1000 Verletzte kamen hinzu. Dieses Unglück führte dazu, dass in Deutschland bis 2009 ein völliges Verbot militärischer Kunstflug-Formationen bei Airshows bestand. Lediglich Jet-Formationsflüge ohne Kunstflugmanöver waren erlaubt.
Das Training für die Formations-Piloten ist umfassend
Um in den illustren Kreis von Piloten und Pilotinnen einer nationalen Jet-Kunstflugstaffel aufgenommen zu werden, kann man sich oft gar nicht selbst bewerben, sondern man wird vorgeschlagen. Ein umfangreiches Briefing vor jedem Einsatz, ein ausführliches Training und das langsame Herantasten an immer anspruchsvollere Manöver begleiten den Alltag dieser Flieger quasi vom Leichten zum Schwierigen.
Der Pilot fliegt üblicherweise eine ganze Saison lang die gleiche Position innerhalb der Formation. Fällt ein Pilot etwa wegen Krankheit aus, gibt es keinen Ersatz: Dann wird eine kleinere Formation geflogen oder, falls sogar der Leader ausfällt, der Auftritt komplett abgesagt.
Trotz bestem Trainingsstand und vielen Sicherheitsvorkehrungen kommt es zu Unfällen. Beim britischen Kunstflugteam Red Arrows der Royal Air Force etwa verunglückten seit 1965 insgesamt siebzehn Jets. Acht Piloten und ein mitfliegender Mechaniker kamen ums Leben. Knapp die Hälfte der verunglückten Piloten konnte sich mit dem Schleudersitz retten. Allein fünf dieser Unfälle waren Zusammenstösse in der Luft.
Bei dem 1946 gegründeten Jet-Kunstflugteam der US Navy, den Blue Angels, verloren im Laufe der Jahrzehnte auch mehrere Piloten bei Unfällen ihr Leben. Mehrere tödliche Abstürze gab es ebenfalls beim seit 1953 fliegenden Jet-Team der US Air Force, den Thunderbirds.
Positive Bilanz bei der Schweizer Kunstflugstaffel
Die aus sechs aktiven Piloten plus einem Kommandeur am Boden sowie der Groundcrew bestehende Patrouille Suisse hat hingegen seit ihrer Gründung 1964 eine sehr gute Sicherheitsbilanz. Abgesehen von einer Kollision vor acht Jahren in den Niederlanden gab es bislang keine schweren Zwischenfälle. Damals hatte der Pilot der Formation am 9. Juni 2016 nahe dem niederländischen Luftwaffenstützpunkt Leeuwarden noch Glück im Unglück: Während einer Trainingssession berührte er seinen Kollegen, stürzte daraufhin mit seinem F-5 E Tiger II ab und konnte sich mit dem Schleudersitz retten. Der Pilot blieb fast unverletzt, die andere Maschine konnte trotz einer Beschädigung sicher landen. Der abgestürzte Tiger stürzte in einen See.
Auch das Touchieren zweier Tiger vergangenes Jahr am 15. Juni über Baar ging vergleichsweise glimpflich aus: Beide Piloten konnten ihre Jets sicher landen. Bei einem F-5 war allerdings die Flugzeugnase abgefallen und auf ein Gebäude gestürzt. Dort wurde ein Mensch durch Glassplitter leicht verletzt.
Parallel zur Patrouille Suisse gibt es bereits seit mehr als 30 Jahren auch das ebenfalls militärische Swiss Air Force PC-7 Team. Diese Kunstflugformation besteht genau wie die Patrouille Suisse aus erfahrenen Schweizer Militärpiloten. Zusammengestellt wurde diese Formation bestehend aus neun Militär-Propellerflugzeugen zwar bereits 1987, offiziell gilt als Gründungsdatum aber das Jahr 1989. Damals führte das PC-7-Team zum Jubiläum «75 Jahre Schweizer Luftwaffe» mehrfach erfolgreich ihre Kunstflugfiguren in Formation vor.
Formationsflug im Propellerflugzeug ist anspruchsvoll
Die zweisitzigen Flugzeuge mit Propellerturbine des Herstellers Pilatus sind womöglich etwas weniger spektakulär anzuschauen als die Tiger-Jets, aber die Präzision ihrer Piloten steht denen der Patrouille Suisse in nichts nach. Unter Aviatikprofis gilt das Steuern eines Flugzeugs mit Propellerturbine in einer Formation ohnehin als genauso anspruchsvoll wie mit einem Jet, weil im PC-7 der Pilot neben dem Setzen der Triebwerksleistung zusätzlich auch das Verstellen des sogenannten Constant-Speed-Propellers ausführen muss. Für den Fall, dass die F-5 Tiger 2027 wirklich stillgelegt werden, wird das PC-7-Team bereits als mögliche Option eines nationalen Militär-Kunstflugteams ins Gespräch gebracht.
Dass ab 2027 eine Formation aus ein- oder doppelsitzigen Schweizer Boeing/McDonnell-Douglas F/A-18 Hornet anstelle des Tiger als künftige «Patrouille Suisse» tritt, ist aus finanziellen Gründen unwahrscheinlich: Denn der leer 11 325 Kilogramm wiegende F/A-18 ist je Betriebsstunde markant teurer als der F-5 Tiger. Ausserdem sind mit insgesamt 34 Jets deutlich weniger Exemplare des F/A-18 angeschafft worden als die insgesamt 98 F-5-E-Einsitzer sowie weitere 12 F-5-F-Tiger-Doppelsitzer. Vielleicht werden also in einigen Jahren die nationalen Flugshows vom Brummen der Propeller untermalt.