Nur gerade 600 Hektare gross ist die Rebfläche des Kantons Neuenburg. Doch in dieser Gegend werden exzellente Weine produziert, namentlich aus Pinot noir. Aber auch weisse Rebsorten wie Chardonnay finden gute Voraussetzungen vor, wie unsere Beispiele zeigen.
Wallis, Bündner Herrschaft: Das sind Schweizer Weinanbaugebiete, die jeder kennt. Unter dem Radar fliegen dagegen die Gewächse aus dem Kanton Neuenburg, der weingeografisch zur Drei-Seen-Region gehört. In einer herrlich gelegenen Gegend hegen und pflegen 53 Winzer und Winzerinnen lediglich 600 Hektare Rebflächen. Sie liegen zwischen Le Landeron und Vaumarcus. Der Pinot noir ist der Platzhirsch. Die weissen Rebsorten, namentlich Chasselas, Pinot gris sowie Chardonnay, machen 40 Prozent der Fläche aus. Neuenburg zählt derzeit meiner Meinung nach zu einer der spannendsten Weinregionen des Landes. Die Tropfen werden unterschätzt.
Die Probe aufs Exempel machte ich an der kürzlich in Zürich durchgeführten Road-Show, an der knapp 20 Betriebe teilgenommen haben. Für einmal standen nicht die teilweise herausragenden Pinots im Fokus, sondern der Chardonnay. Die weisse Traube gedeiht vorzüglich auf den Neuenburger Kalkböden.
Dies beweisen folgende Beispiele:
Zu dieser Gruppe gehört der Bio-Chardonnay Barrique 2023 des Guts Les Vins Porret aus Cortaillod. Das Holz – lediglich 15 Prozent sind neu – ist perfekt im mittelschweren, eleganten, leicht mineralischen Wein integriert. In der Nase dominieren gelbfruchtige, florale, würzige Noten. Es lohnt sich, diesen Chardonnay noch etwas auf die Seite zu legen.
Auch andere Weine wussten zu überzeugen. Aufgefallen ist etwa der Chardonnay Réserve 2022 der Domaine de Montmollin in Auvernier. Der Ausbau erfolgt während eines Jahres in Barriques, wovon ein Viertel neu ist. Der trockene Weisse überzeugt mit einem komplexen Bouquet, ist im Gaumen mittelschwer, elegant, frisch dank einer gut integrierten Säure und endet mit einem relativ langen Finale.
Zu den erwähnenswerten Gewächsen gehört der ebenfalls im kleinen Holzfass ausgebaute Chardonnay Les Chipres en Vents 2022 der Domaine Grillette in Cressier. Zu den fruchtigen Noten gesellen sich dezente Vanille- und Butteraromen. Der intensive Chardonnay wirkt kräftig, zeigt eine gute Säure, eine schöne Struktur und einen entsprechenden Nachhall.
- Les Chipres en Vents 2022, Domaine Grillette, 38 Franken; grillette.ch.
Noch etwas Geduld braucht der Chardonnay Le Rosy 2020 der biologisch arbeitenden Domaine de Chambleau in Colombier. Feststellbar ist eine leicht reduktive Nase, die jedoch mit der Zeit verschwindet – oder mit Karaffieren. Nach der Belüftung zeigt sich ein Duft von exotischen Früchten und mineralischen Anklängen von nassen Steinen. Der noch jugendliche Lagenwein aus der Parzelle Le Rosy besitzt im Gaumen exzellente Anlagen: kraftvoll, gut integriertes Holz, saftig, elegant, relativ lang anhaltend. Er reift während 18 Monaten im Barrique.
- Le Rosy 2020, Domaine de Chambleau, 40 Franken; chambleau.ch.
Bleibt das kurze Fazit: Neuenburg ist in vielen Fällen eine Entdeckung wert.